TY - BOOK A1 - Petzold, Conny T1 - Kommunale Finanzgeschäfte : die Auswirkungen der Finanzialisierung auf die lokale Demokratie T2 - Forum Humangeographie ; 11 N2 - Der Ruf nach einem „Rettungsschirm für Kommunen“, einem „Stärkungspakt Stadtfinanzen“ oder „kommunalen Entschuldungsfonds“ rückt in regelmäßigen Abständen die ernste Lage einer Vielzahl klammer Kommunen ins öffentliche Bewusstsein. Die drohende Überschuldung deutscher Städte und Gemeinden stellt parallel zur Entwicklung der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise eine besorgniserregende Realität dar. Große Löcher in den Kommunalhaushalten sind dabei kein Phänomen der jüngsten Vergangenheit, vielmehr macht sich die angespannte Finanzlage in vielen Kommunen bereits seit Jahren vor Ort bemerkbar. Beispielsweise in den Bereichen von Kultur, Jugendeinrichtungen, Beratungsstellen, Museen, Bibliotheken, Sportplätzen, Freibädern, Freizeitangeboten und Tierparks sind Ausgabenkürzungen an der Tagesordnung, die die Einwohner_innen alltäglich mit der finanziellen Unterausstattung auf Lokalebene konfrontieren. Außerdem dokumentiert ein rasanter Anstieg des Kreditvolumens im vergangenen Jahrzehnt die klamme Lage der Kommunen. Im Krisenjahr 2009 sind die sogenannten Kassenkredite, die kurzfristige Engpässe im Kommunalhaushalt ausgleichen sollen, auf fast 35 Milliarden Euro angestiegen und haben bundesweit mittlerweile ein Volumen von 48 Milliarden Euro überschritten (Deutscher Städtetag 2013). Diese enorme Schuldenlast ist vor allem als Resultat einer strukturellen Unterfinanzierung der Städte zu werten, welche nicht zuletzt die Erbringung der kommunalen Daseinsvorsorge im Infrastrukturbereich gefährdet sowie wie bei der städtischen Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung oder im engeren sozialen Bereich. Um die lokale Verantwortung für die Versorgungssicherheit wiederzugewinnen, gab es in den letzten Jahren vermehrt Projekte, um Versorgungsbetriebe wieder in städtisches Eigentum zurückzuführen (Libbe 2011; Verband kommunaler Unternehmen 2012). Unter dem Stichwort Rekommunalisierung wurde die Gründung eigener Stadtwerke bereits als Abkehr von einer Privatisierungslogik (Candeias et al. 2009) präsentiert. In diesem Licht erscheint Kommunalpolitik mitunter als Alternative zu renditeorientiertem Wirtschaften. Eine solche Darstellung übersieht allerdings, dass kommunales Handeln eng in den wachstumsorientierten Finanzmarktkapitalismus eingebunden ist. Diese Einbindung hat eine materielle Basis und tritt beispielsweise dann zu Tage wenn Kommunen auf Grund der konjunkturellen Flaute in der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise stark unter steigenden Ausgaben für Sozialtransfers sowie unter sinkenden Steuereinnahmen leiden. Zusätzlich besteht aber auch eine diskursive Einbindung, die sich darin äußert, dass die Pflicht zur Fiskaldisziplin in bundesdeutschen Kommunen bereits eine vergleichbare Bedeutung erlangt hat wie in den Haushaltsplänen der Nationalstaaten der Euro-Zone. Schon werden in Anlehnung an die Einführung nationaler Schuldenbremsen kommunale Schuldenbremsen diskutiert (Bertelsmann Stiftung 2013). Das kann kaum verwundern, da in einer Mehrzahl der Kommunen schon kurz nach der Subprimekrise die Verantwortlichen zu einem wettberwerbsorientierten Politikverständnis zurückkehrten und konservative Konzepte der Krisenlösung anwendeten(Belina und Schipper 2009). Zum aktuellen Zeitpunkt gibt es daher wenig Anlass Kommunalpolitik auf einem alternativen Entwicklungsweg zu glauben. T3 - Forum Humangeographie - 11 Y1 - 2014 UR - http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/34119 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:3-341191 UR - http://www.uni-frankfurt.de/49509976/FH-11_Petzold_Finanzialisierung_online.pdf SN - 978-3-935918-20-6 PB - Inst. für Humangeographie CY - Frankfurt, M. ER -