TY - THES A1 - Luca, Sorin T1 - Solid-state NMR studies of globular and membrane proteins N2 - Spektroskopie erlaubt die Eigenschaften und Struktur der Materie durch Einsatz elektromagnetischer Strahlung auf molekularer Ebene zu untersuchen. Die Kernspinresonanz (NMR) ist ein spezielles Gebiet der Spektroskopie, die die magnetischen Eigenschaften der Atomkerne auswertet. Ein kurzer Überblick über die historischen Weiterentwicklungen im Bereich der NMR ergibt sich aus einer Betrachtung der Nobelpreise, die bisher im Zusammenhang der NMR vergeben wurden: 1952 empfingen Felix Bloch und Edward Purcell den Nobelpreis in Physik "für ihre Entwicklung neuer Methoden zur magnetische Kernmessung und damit verbundener Entdeckungen". Später wurden die Grundlage der modernen NMR, die Fourier-Transformation, von Richard R. Ernst vorgestellt. R.R. Ernst erhielt den Nobelpreis für Chemie im Jahre 1991 "für seine Beiträge zur methodischen Entwicklung der Hoch-auflösungs-NMR-Spekroskopie". Diese NMR Methoden konnten bei vielen biologischen Fragestellungen wichtige strukturelle Antworten liefern. Daher wurde Kurt Wüthrich im letzten Jahr der Nobelpreis für Chemie "für seine Entwicklung der NMR-Spektroskopie zur Bestimmung der dreidimensionalen Struktur biologischer Makromoleküle in Flüssigkeit" zuerkannt. Bisher wurden drei-dimensionale Strukturuntersuchungen im wesentlichen durch die Röntgenstrahlkristallographie und Flüssigkeits-NMR durchgeführt. Beide Methoden erfordern in der Regel Proben mit gutem Löslichkeitsverhalten. In löslicher Umgebung kann die schnelle Molekülbewegung zu hoher spektraler Auflösung der NMR Frequenzen führen. Demgegenüber tritt die räumliche Abhängigkeit der magnetischen Interaktionen in einem starken äußeren Magnetfeld in der Festphase explizit auf und beeinflusst das NMR-Spektrum in direkter Weise. Diese Schwierigkeiten behinderten zunächst die Entwicklung von NMR Methoden, die ähnlich zur Situation in Lösungen, vollständige strukturelle Analysen erlauben. Heute können in vielen Fällen hochauflösende spektrale Bedingungen in der Festkörper-NMR durch den Einsatz der magic angle spinning (MAS) oder der makroskopischen Probenorientierung erreicht werden. Diese Bedingungen haben zum Beispiel zur Aufklärung der 3D Struktur von Gramicidin A in seiner natürlichen Membranumgebung oder eines mikrokristallinen Proteins geführt. Diese Beispiele zeigen, dass die Festkörper-NMR prinzipiell die Möglichkeit bietet, Moleküle in unterschiedlichen räumlichen oder chemischen Umgebungen zu studieren. Die Festkörper- NMR eignet sich daher besonders um wichtige biologische Fragen in Membran-ständigen, polymerisierten oder falsch gefalteten Proteinen zu beantworten. Neben der strukturellen Analyse dieser System bietet die Festkörper-NMR darüber hinaus die einzigartige Möglichkeit, dynamische und damit funktionelle Aspekte in den o.g. Biomolekülen zu untersuchen. In dieser Arbeit sollten biomolekulare Anwendungen der MAS Festkörper-NMR-Spektroskopie untersucht werden. Die in der jüngsten Zeit zugänglich gewordenen ultrahohen Magnetfelder und modernste NMR-Hardware führte zu einer erheblichen Steigerung von Empfindlichkeit und Auflösung in der Festkörper-NMR-Spektroskopie. In Folge dessen wurde es möglich, mehrfach oder gleichförmig isotopenmarkierte Proben zu untersuchen. Diese Vorgehensweise erhöht die Effizienz von NMR-Spektroskopie enorm, da im Prinzip eine Vielzahl von Informationen über die untersuchte Probe in einem einzigen Experiment zugänglich wird. Andererseits erfordert diese Herangehensweise ein spezielles Design der verwendeten Experimente. In Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit werden Methoden vorgestellt, mit denen die Auflösung in Spektren gleichförmig isotopenmarkierter Proteine erhöht werden kann. Sie basieren darauf, dass in Polypeptiden die chemische Verschiebung abhängig von der lokalen Peptidrückgrat- und Seitenkettenkonformation ist. Die chemische Verschiebung, welche die Position der Resonanzen im Spektrum bestimmt, wird durch die elektronische Umgebung der Kerne bestimmt. Aus experimentellen Daten sind einige dieser Einflüsse bekannt und lassen sich dazu ausnutzen, die Resonanzfrequenzen zu manipulieren und so die Auflösung zu steigern. In Abschnitt 2.1 werden Mehrfach-Quanten Korrelationsexperimente vorgestellt. Diese Experimente sind in der Lage, sowohl Diagonalpeaks als auch Hintergrundsignale von 13C in natürlicher Häufigkeit zu unterdrücken und somit die Analyse des Spektrums zu vereinfachen. In enger Verbindung hierzu wird in Abschnitt 2.2 ein Experiment vorgestellt, mit dem die Summe und die Differenz der chemischen Verschiebungen gekoppelter Kerne bestimmt werden kann. Diese besitzen im Falle von 13Ca und 13Cß eine starke Abhängigkeit von der Konformation des Peptidrückgrats, so dass eine Bestimmung der Sekundärstruktur des Proteins erfolgen kann. Weiterhin lässt sich die spektrale Auflösung erhöhen, indem Unterschiede in magnetischen Wechselwirkungen, Relaxationsmechanismen oder dynamische Eigenschaften der Kerne ausgenutzt werden. Insbesondere können verschieden starke dipolare Kopplungen, Anisotropien der chemischen Verschiebung und die außergewöhnlich schnelle Rotation der CH3 Gruppe verwendet werden. In Abschnitt 2.2 wird dargestellt, wie sich die oben genannten Unterschiede im Rahmen von Dephasierungsexperimenten verwenden lassen. Als nächstes ist es wichtig, eine Vorgehensweise zur Strukturbestimmung vollständig isotopenmarkierter Proteine zu entwickeln (Kapitel 3). Bei Proteinen muss zunächst die Sekundärstruktur untersucht werden. In NMR-Spektren gelöster Proteine sind die isotropen chemischen Verschiebungen verschiedener Kerne, darunter auch 13Ca und 13Cß von der Konformation des Peptidrückgrates abhängig. In Abschnitt 3.1 untersuchen wir anhand dreier repräsentativer Peptide und Proteine, in wie weit dieses Konzept auch auf Festkörper-NMRSpektroskopie angewendet werden kann. Diese Vorgehensweise ist anderen Methoden, die nur zur Bestimmung von Torsionswinkeln in selektiv markierten Verbindungen geeignet sind, vorzuziehen. Die Tertiärstruktur kann im Festkörper durch Messen der dipolaren Kopplungen zwischen vielen Spinpaaren bestimmt werden. Die Kern-Kern-Abstände, die aus den Dipolkopplungen erhalten werden, können zur Berechnung der natürlichen Faltung des Proteins herangezogen werden. Wegen der höheren spektralen Auflösung werden im Festkörper grundsätzlich die Heterokerne 13C und 15N detektiert. Unter diesen Umständen können nur starke Wechselwirkungen quantitativ ermittelt werden, und im Falle von Kohlenstoff und Stickstoff sind dies nur die trivialen Abstände zwischen direkt gebundenen Atomen. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, ist die Bestimmung von Abständen zwischen Protonen, wie es in Lösung üblich ist, indem die Information über Proton-Proton-Abstände zur Evolution und Detektion auf benachbarte 13C und/oder 15N Spins übertragen wird. In Abschnitt 3.2 wird das dafür entwickelte C/NHHC Experiment erläutert. Eine weitere Methode ist es, bestimmte 13C- 13C Dipolkopplungen selektiv in vollständig markierten Proben zu bestimmen. So können mit Hilfe frequenzselektiver Pulssequenzen mehrere Grenzwerte für Atomabstände ermittelt werden, wie in Abschnitt 3.3 beschrieben. Obwohl diese Einschränkungen nicht zur vollständigen Strukturbestimmung ausreichen, können sie zur Verfeinerung der Struktur herangezogen werden. In Kapitel 4 werden Anwendungen auf biologisch relevante Systeme gezeigt. Anhand der üblichen Experimente wurden die 13C und 15N NMR-Signale des "Catabolite repression histidine-containing phosphocarrier" (Crh) Proteins in mikrokristalliner Phase vollständig zugeordnet (Abschnitt 4.1). Anschließend konnte die Sekundärstruktur untersucht und mit der Struktur aus Flüssigkeits-NMR und Röntgenstrukturanalyse verglichen werden. Der Übergang zwischen monomerer (in Lösung) und dimerer Form (im Kristall) kann so genauer untersucht werden. Festkörper-NMR-Spektroskopie ist eine geeignete Methode zur Strukturbestimmung von Peptiden, die mit hoher Affinität an membrangebundene Proteine binden. Das größte Hindernis bei der Anwendung dieser Methode auf einen GPCR-Peptidliganden ist die geringe Empfindlichkeit. In Abschnitt 4.2 untersuchen wir die Konformation des rezeptorgebundenen N-Terminus von Neurotensin sowohl in Detergenzlösung als auch in der Membran. Die Festkörper-NMR Ergebnisse weisen auf eine gestreckte Rückgratkonformation des gebundenen Neurotensin -Peptides hin. Selbst wenn die Struktur eines Proteins oder Proteinkomplexes bekannt ist, sind weitere Verfeinerungen oft erforderlich um fehlende oder schlecht definierte Strukturelemente zu untersuchen. Zum Beispiel konnte die Struktur des Enzymkomplexes bc1 und sogar dessen Interaktion mit einigen Substraten durch Röntgen-Kristallographie aufgeklärt werden. Diese Experimente konnten jedoch nicht das Bindungsmotif zweier Ubiquinol Moleküle in dem Oxidation Reaktionszentrum Qo beleuchten. Wie in Abschnitt 4.3 beschrieben, konnten wir durch selektive 13C Isotopenmarkierung intermolekulare Abstände, die die räumliche Lage dieser Moleküle charakterisieren, mit Festkörper-NMR Methoden bestimmen. Weitere Fortschritte im Bereich der Probenvorbereitung (zum Beispiel durch modulare Isotopenmarkierung, in vitro Proteinexpression und der intein Technologie) und Verbesserungen in der NMR Methodik könnten zukünftig neue Anwendungen der Festkörper-NMR wie die Untersuchung großer Protein-Protein Komplexe oder die komplette 3D Beschreibung größerer Membrane Proteine ermöglichen. Festkörper-NMR Studien an mehrfach Isotopen-markierten Biomolekülen werden außerdem von verbesserten Verfahren zur 3D Strukturberechnung, z.B. bei einer begrenzten Anzahl von strukturellen Parametern, profitieren. Anders als im Fall der Röntgenstrahlkristallographie, stellt die Proteinbewegung keine prinzipielle Schwierigkeit für Festkörper-NMR Anwendungen dar. Ergänzend zur Flüssigkeits-NMR, könnte sie sich vielmehr zu einer sehr leistungsfähigen Methode entwickeln um Protein Struktur, Dynamik oder Funktion unter biologisch relevanten Bedingungen zu studieren. Die Kombination dieser Techniken könnte zum Verständnis biologischer Funktion und damit der Chemie des Lebens mit bisher beispielloser Genauigkeit führen. N2 - In the recent years, high-resolution conditions have been established in solid-state NMR by the combination of magic angle spinning, state-of-the-art r.f. pulse schemes and the introduction of ultra-high magnetic fields. Similar to what is now routine in solution-state NMR, this has opened the way for structure determination by HR-SSNMR methods. Complete structural or dynamical characterization of the biomolecule of interest is most easily achieved if multiple or even uniformly [13C, 15N]-labeled versions are studied. In a first step, experiments that allow the complete assignment of the 13C and 15N resonances have been recently designed. To date, nearly complete chemical shift assignments were reported for two well-ordered proteins, the ±-spectrin SH3 domain and the Crh protein. The SSNMR analysis of the later protein has been presented in Section 4.1. For SSNMR applications, not the molecular size or solubility, but the spectral resolution can be of crucial importance. Experimental parameters and sample inherent conditions such molecular disorder may reduce the overall spectral dispersion. In these circumstances, techniques that allow for spectral simplification without the need of elaborated biochemical procedures (of isotopelabeling) are of special importance. In Section 2, several spectral editing methods have been proposed. These methods not only select resonances due to changesin the physical and chemical environment of the nucleus but they can also directly probe molecular properties such as dynamics and conformational heterogeneity. Once the chemical shifts are available for the biomolecule of interest, methods that permit to obtain structural restraints can be applied. In the case of multiply isotope labeled proteins, such techniques can in principle result in multiple structural parameters. In Section 3.1, we have shown that, similar to solution-state NMR, secondary chemical shifts can be readily employed to study the local backbone conformation. Inaddition, distance constraints between protons may be encoded in high-resolution on rare spins like 13C and 15N and measured. Finally, carbon-carbon constraints may be probed by employing frequency selective r.f. pulse schemes. These dihedral and distance constraints may subsequently lead to the determination of protein secondary to tertiary structure from a single protein sample. In Section 4.2,we have shown that high-affinity ligand binding to membrane proteins can be investigated with solid-state NMR. Here, the neuropeptide neurotensin which binds to the Gprotein coupled receptor NTS1 in sub-nanomolar affinity was investigated.Except for the case of rhodopsin, there is currently no information on the high-resolution structure of any other GPCR or a corresponding high-affinity ligand.Our SSNMR results identify, for the first time, a distinct binding mode of neurotensin that could be of considerable relevance for further pharmacological studies. As exemplified in section 4.3, HR-SSNMR based structural studies can also assist in refining existing (X-ray or solution-state NMR) membrane-protein structures. The presented results provide, for the first time, direct experimental evidence for a double occupancy of the Q0 binding site in the ubiquinone-bc1 complex and may provide the basis for the complete 3D structural determination of the ubiquinone binding pocket. Advancements regarding sample preparation (for example, including modular labeling, in vitro expression and intein technology) and improvements in NMR hardware instrumentation could open up new areas of solid-state NMR research such as the investigation of large protein-protein complexes or the complete 3D characterization of larger membrane proteins. Solid-state NMR studies of multiply-labeled biomolecules will furthermore profit from improved procedures for calculating 3D structures, in particular in the presence of ambiguousor a limited number of structural constraints. Unlike X-ray crystallography, protein motion does not hinder solid-state NMR methods. In fact, complementary to solution-state NMR, it may provide a very efficient means to study protein folding, flexibility and function under biologically relevant conditions. Hand in hand with solution-state techniques and crystallographic methods, solid-state NMR could provide insight into protein function and the chemistry of life with unprecedented accuracy and flexibility. Y1 - 2003 UR - http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/5276 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30-0000003310 ER -