TY - THES A1 - Weiß, Deliah T1 - Röntgenbelastung und Röntgenuntersuchungen bei Frühgeborenen und kranken Neugeborenen N2 - Im Bereich der Neonatologie kommen die Patient*innen oft multimorbide zu Welt oder sind für bestimmte Komplikationen gefährdet, die sich aus ihrer Unreife ergeben. Dabei spielen sowohl bei reifen kranken Neugeborenen und erst recht bei Frühgeborenen Erkrankungen der Atemwege eine Hauptrolle. Nach wie vor ist das konventionelle Röntgen in diesem Bereich der Medizin ein wichtiges Instrument. Die diagnostische Strahlenexposition bietet jedoch immer wieder Raum zur Diskussion. Die Patient*innen sind nur wenige Tage alt und besitzen somit über eine hohe Proliferationsrate und ein Maß an undifferenzierten Zellen, sie erhalten in Summe teilweise viele Aufnahmen und haben auf der anderen Seite eine hohe Lebenserwartung, wenn sie die Neugeborenenzeit ohne Komplikationen überleben. Haupteffekte ionisierender Strahlen sind für die Früh- und kranken Neugeborenen Malignome, vor allem die Leukämien. Es soll herausgefunden werden, inwieweit die Strahlenbelastung ein gesundheitliches Risiko für die Früh- und Neugeborenen darstellt. Hintergrund: Gegenstand der wissenschaftlichen und klinischen Diskussion ist immer wieder das eventuell bestehende Risiko der einfallenden ionisierenden Röntgenstrahlung auf das Früh- oder Neugeborene, dennoch ist das Röntgen als diagnostisches Mittel notwendig. Es soll untersucht werden, wie hoch das gesundheitliche Risiko durch diagnostische Röntgenaufnahmen in der Praxis für die Früh- und Neugeborenen ist. Material und Methoden: Alle Patient*innen des Schwerpunktes Neonatologie in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin aus dem Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2018 im Universitätsklinikum Frankfurt wurden retrospektiv untersucht. Es wurden die Anzahl der Röntgenaufnahmen pro Patient*in, die zugrunde liegende Indikation, das Dosisflächenprodukt (DFP), die Effektive Dosis (ED) und das geschätzte Risiko dokumentiert, bzw. errechnet. Die ED ist eine Schätzgröße, welche mittels Konversionskoeffizienten aus den Eingangsgrößen des DFP, der Eintrittsdosis oder dem Air Kerma (Kai) berechnet wird. Im ICRP Bericht Nr. 60 finden sich Faktoren zur Risikoabschätzung von 2,8 bis 13*10-2 Sv-1. Diese Risikoeinschätzung nähert das durch Strahlung induzierte Risiko für Krebs in der ersten Lebensdekade an – vor allem für Leukämien, aber auch andere Krebsarten. Ergebnisse: Von den insgesamt 3843 stationär in der Neonatologie behandelten Patient*innen (2013-2018) erhielten 1307 (34%) mindestens eine Röntgenaufnahme. Pro Jahr wurden in einer Abteilung für Neonatologie ca. 700 Röntgenaufnahmen angefertigt. Die mittlere Anzahl an Röntgenaufnahmen pro Patient*in betrug 3,19 Aufnahmen und korrelierte gegensinnig mit Geburtsgewicht und Gestationsalter. Am häufigsten wurden sehr kleine Frühgeborene untersucht, meistens in den ersten drei Lebenstagen. Im Laufe des Beobachtungszeitraums wurden weniger Röntgenaufnahmen angefertigt. Die häufigsten Gründe für Röntgenaufnahmen waren Kontrollen von Tubus oder ZVK-Lage. Je reifer und schwerer die Neugeborenen waren, desto seltener wurde ein pathologischer Befund erhoben. Bei niedrigem Geburtsgewicht war die Thoraxabdomenaufnahme die bevorzugte Röntgenart, bei reiferen Patient*innen die Thoraxaufnahme. Das kumulative DFP betrug im Mittel 5,95 mGy*cm² und die kumulative ED betrug im Mittel 23,7 µSv pro Aufenthalt. Damit errechnete sich ein Risiko von 3,1*10-6, das bedeutet 3,1 von 1.000.000 Patient*innen entwickeln nach dieser kumulativen Strahlendosis in der ersten Lebensdekade womöglich Krebs. Das kumulative DFP und die ED pro Aufenthalt und somit auch das Risiko, nach einer gewissen Strahlenexposition Krebs zu entwickeln, sinken mit zunehmendem Geburtsgewicht und zeigen einen Höhepunkt bei einem Geburtsgewicht von <500 g. Die maximale kumulative Strahlendosis betrug 342 µSv mit einem daraus resultierenden Risiko von 44*10-6 und ist damit selbst bei diesem Patienten nach Martin et al. als „minimal“ zu werten. Schlussfolgerung: Die Strahlenbelastung der Früh- und Neugeborenen konnte evaluiert werden und der Zusammenhang zwischen Unreife und Strahlenbelastung konnte bestätigt werden. Die Strahlenbelastung fiel im internationalen Vergleich minimal aus und es ist nicht von einem gesundheitlichen Risiko durch diagnostische Bildgebung auszugehen. Dies lässt sich vor allem durch moderne Technik mit kurzer Belichtungszeit und hoher Aufnahmespannungen und durch die relativ niedrige Anzahl an gemachten Röntgenbildern erklären. Da bei weiterer Minimierung der eingesetzten Dosis von einem Qualitätsverlust der Bilder auszugehen ist, ist die Einsparung von Röntgenuntersuchungen und die vermehrte Nutzung von Alternativen anzuraten. Die Indikationen müssen vor allem bei Patient*innen <500 g genauestens überprüft werden. Weiterhin sollte nach Alternativen (Sonographie, Kernspintomographie) gesucht werden. N2 - Background: The possible risk to the newborn and premature babies caused by the incoming ionizing rays from x-rays often is subject of scientific and clinical discussion, nevertheless, it remains a diagnostic tool which is nearly indispensable in many situations. This study examines how severe the health threats of diagnostic exposure to x-rays are to newborn and premature babies. Material and Methods: All hospitalized neonates in the University Clinic Frankfurt were examined in the period from 01.01.2013 to 31.12.2018 retrospectively. The amount of x-ray examinations per patient, the underlying indication, the Dose Are Product (DAP), the Effective Dose (ED) and the estimated risk were documented or calculated. The ED is an estimative value, which is calculated using the measurable values of DAP, entrance skin dose or Air Kerma (Kai) and certain conversion coefficients. The ICRP report Nr. 60 defines the factors ranging from 2.8 to 13*10-2 Sv-1 to calculate the estimated risk for radiation-induced cancer in the first decade of life. Results: Of the total of 3843 patients treated in the neonatal unit, 1307 (34%) received at least one x-ray (2013-2018). Each year about 700 x-ray examinations are performed in the Department of Neonatology. The mean-number of x-ray examinations per patient was 3.19 and correlated in opposite directions with birthweight and gestational age. Very small, prematurely born children were examined the most, predominately in the first three days of their life. As the age increased, the number of x-rays decreased. The most common reasons for xrays were inspection of the tube or CVC position. With increasing maturity and weight of the patients, pathological findings were made less frequently. For patients with a low birthweight, thorax-abdominal images were preferred. For more mature patients however, thorax images were preferred. The mean cumulative DAP was 5.9 mGy*cm2 and the mean cumulative ED was 23,7 µSv per hospital stay. This corresponds to a risk of 3,1*10-6, which means, that statistically 3,1 out of 1.000.000 patients develop cancer in the first decade of life, after being exposed to this cumulative dose. The cumulative DAP and ED per stay, and as such, the risk to develop cancer after an exposure to x-rays were lower the higher the weight with a peak at a birthweight of <500 g. The maximum cumulative dose was 342 µSv with a resulting risk of 44*10-6 and therefore even for this patient the risk is to be estimated as minimal according to Martin et al. Conclusion: The exposure to radiation by diagnostic x-ray has been evaluated for newborn and premature babies. We confirmed the correlation of immaturity with exposure. However, the total exposure was found to be minimal in comparison to international documentation of the same subject, and diagnostic imaging in neonatal care does not seem to pose a health risk as it was expected. This can be explained with the modern technology which uses short exposure time and high voltage along with a relatively low amount of x-ray images needing to be taken. Following the ALARA-principle, there are still aspects that can be improved despite the low risk. Since any further reduction in used dose would likely lead to a loss of image quality, the reduction of x-ray images taken or usage of alternatives is recommended. Images of light-weight patients <500 g and thorax-abdominal images must be checked very carefully with alternatives (sonography, magnetic resonance tomography) being sought here in particular. KW - Neonatologie Y1 - 2021 UR - http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/64595 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:3-645958 CY - Frankfurt am Main ER -