Untersuchungen zur Herzfrequenzvariabilität bei herzkranken Kindern und Jugendlichen

  • Das Herz des Menschen wurde in der Geschichte lange Zeit als zentrales Organ des Körpers angesehen. Noch heute nimmt es vom emotionalen Aspekt gesehen, eine bedeutende Stellung ein. Herzerkrankungen im Kindesalter werden daher von Patienten und Angehörigen als ernsthafte Bedrohung erlebt. Acht von tausend Kindern werden mit einem Herzfehler geboren, fast 3700 Herzoperationen wurden im Jahr 2004 in der Bundesrepublik Deutschland an Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren durchgeführt. Aufgrund verbesserter Diagnose- und Operationsmöglichkeiten erleben heute über 90% der Kinder mit Herzfehler das Erwachsenenalter. Dieser Verbesserung der Lebensqualität und –dauer folgte eine zunehmende wissenschaftliche Betrachtung der Probleme nach Korrektur eines Herzfehlers. Neben den direkten Folgen der Erkrankung und der Operation, wurden auch die langfristigen Folgen eines operativen Eingriffes für die autonome Regulationsfähigkeit des Herzens untersucht. Ein bedeutendes Hilfsmittel hierfür stellt die Analyse, der durch das vegetative Nervensystem beeinflussten Herzfrequenzvariabilität (HRV) dar. Ein operativer Eingriff am Herzen zerstört autonome Nervenfasern und schränkt die Einflüsse des parasympathischen und sympathischen Anteiles des vegetativen Nervensystems auf das Herz ein. Die Messungen der HRV werden heute auch im Sport zur Trainingssteuerung eingesetzt. Mit ihr lassen sich Belastungseffekte, sowie regenerative Aspekte messen. In zwei Studien wurden Veränderungen der Anpassungsfähigkeit nach operierten Herzfehlern einerseits und Reaktionen des Herzens auf sportliche Belastung und Regeneration andererseits, im Rahmen dieser Dissertation analysiert. Im ersten Teil der Arbeit wurden, im Sinne einer Querschnittstudie, die Veränderungen der HRV bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 8 Monaten und 18 Jahren nach operativer Korrektur einer Transposition der großen Arterien (TGA, n = 11), eines Vorhofseptumdefektes (ASD, 13), eines Ventrikelseptumdefektes (VSD, 17), einer Fallot'schen Tetralogie (TOF, 13), eines kompletten Atrioventrikularkanales (CAVC, 5) und nach abgeschlossener Fontan-Zirkulation (totale cavopulmonale Connection, TCPC, 11) untersucht. Die Ergebnisse wurden mit denen einer geschlechts- und altersangepassten Kontrollgruppe (16) verglichen. Die Kurzzeit-HRVRegistrierungen erfolgten im Schlaf mittels Lifecard CF compact Flashcard Holter (Fa. Reynolds). Ein Schwerpunkt bei dieser Untersuchung stellte die Differenzierung zwischen Veränderungen der parasympathischen und der sympathischen Aktivität, mit Hilfe der Spektralanalyse, bei unterschiedlichen Herzfehlern dar. Hierzu wurden die Zeitbereichsparameter „mittlerer Abstand zweier R-Zacken“ (mRR), Standardabweichung (SD) und die „Quadratwurzel des quadrierten Mittelwertes der Summe aller Differenzen zwischen aufeinander folgenden RR-Intervallen“ (rMSSD), sowie die Frequenzbereichsparameter low-frequency (LF) als teilweises Pendant zur sympathischen Aktivität, high-frequency (HF) als Korrelat des parasympathischen Anteiles und total power (TP), ermittelt. Aus letzteren wurden die Quotienten der sympathovagalen Balance (LF/HF) und die normierten Frequenzbereiche (HF/TP und LF/TP) errechnet. Es konnte gezeigt werden, dass die SD (als Parameter der globalen Herzfrequenzvariabilität) bei großer interindividueller Streubreite in allen Patientengruppen gegenüber der Kontrollgruppe reduziert war. Die stärkste Reduktion im Median fand sich dabei in den Gruppen TGA und TCPC, für letztere war auch die größte Streubreite charakteristisch. In allen Patientengruppen, bis auf TGA, fand sich in der LF/HF eine Verschiebung zur sympathischen Aktivität. In einer zweiten Studie wurde bei 20 Patienten der jährlich stattfindenden Skifreizeiten für herzkranke Kinder und Jugendliche (Pädiatrische Kardiologie des Universitätsklinikums Frankfurt und Kinderherzstiftung in Herzstiftung e.V.) ein Orthostasetest zur Evaluierung der Reaktion auf Kreislaufbelastung, im Sinne einer Längsschnittstudie, zu Beginn und am Ende der einwöchigen Freizeit durchgeführt. Im Zusammenhang mit dem Ergebnis einer in der vorhergehenden Nacht, ohne störende Umwelteinflüsse, aufgezeichneten Messung, kann die adaptive Leistung des Herzens auf Kreislaufstress und die Veränderungen aufgrund sportlich-regenerativer Einflüsse während der Skiwoche bestimmt werden. Die Messungen erfolgten analog der in Studie I durchgeführten Methodik. Bei ca. 70% der Kinder zeigte sich eine Verstärkung der nächtlichen TP und eine Zunahme der HF im entsprechenden Teil des Orthostasetests. Bei 10% war es zu einer Abnahme dieser Parameter gekommen, 20% der Kinder zeigten uneinheitliche Resultate der zwei Messungen. Eine knappe Mehrheit der Kinder zeigte einen Anstieg der LF unter Orthostase. Die Ergebnisse der ersten Studie haben gezeigt, dass die Kurzzeitmessung der Herzfrequenzvariabilität in der Lage ist, Veränderungen der autonomen Regulation bei Kindern und Jugendlichen nach Herzoperation darzustellen. Dabei konnte gezeigt werden, dass Eingriffe mit Eröffnung des Vorhof- oder Kammermyokards hauptsächliche eine Reduktion der parasympathischen Aktivität, Switch-Operationen nach TGA mit Durchtrennung der großen Gefäße und Vorhoferöffnung hingegen eine gleichmäßige Reduktion beider Anteile des vegetativen Nervensystems hervorrufen. Die vorwiegende Reduktion parasympathischer Anteile der Herzfrequenzvariabilität bei verschiedenen Herzfehlern, wird in mehreren Studien beschrieben. Häufig beziehen sich diese jedoch nur auf wenige Herzfehler und ein direkter Vergleich der verschiedenen Ergebnisse dieser Studien ist durch unterschiedliche methodische Ansätze nur eingeschränkt möglich. Der Effekt einer gleichmäßigen Reduktion der Herzfrequenzvariabilität bei Patienten mit TGA wurde bisher nicht erwähnt. In der zweiten Studie konnte gezeigt werden, dass sich Veränderungen der Herzfrequenzvariabilität herzkranker Kinder und Jugendlicher während einer einwöchigen Skifreizeit darstellen lassen. Die Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen verbesserten ihre Fähigkeit zur Bewältigung von Kreislaufstress, indem sie nach dem Übergang vom Stehen zu liegender Position eine höhere vagale Aktivität aufbauen konnten. Dieses Ergebnis wurde durch eine deutlich verstärkte nächtliche Gesamtvariabilität bestätigt. Veränderungen, die in Übereinstimmung mit der Literatur eine Verbesserung des kardialen Risikos erwarten lassen. Es ist anzunehmen, dass die Ursache für diese Verbesserung in einem multifaktoriellen Geschehen aus körperlicher Aktivität, klimatischen Einflüssen, sowie einem veränderten sozialen Umfeld zu sehen ist. Drei der Kinder zeigten reduzierte Werte am Ende der Woche, welche auf eine verstärkte Stressbelastung schließen lassen. Die Wertigkeit des kontrovers diskutierten Parameters LF bleibt auch in dieser Studie unklar, obgleich ein Trend zu einer schnelleren Adaptation des Kreislaufs beim Übergang vom Liegen zum Stehen ermittelt werden konnte. Insgesamt bestätigen die Ergebnisse der Studie II die Richtigkeit der Durchführung auch provokanter Sportarten mit herzkranken Kindern unter adäquater kardiologischsportmedizinischer Betreuung.
  • The heart has been seen a central organ of the body for a long time in history. From an affective viewpoint, it still is of major importance. Congenital heart disease is therefore experienced as a dangerous threat. Eight out of one-thousand children are born with heart defects. Almost 3700 children and adolescents until the age of 17 years have undergone heart-surgery in Germany in the year 2004. Due to better diagnostic and surgery techniques 90% of the children with congenital heart defect reach adulthood, 35 years ago this rate was less than 50%. Following this improvement of life span and quality, postoperative problems reached the focus of clinical research. Among direct consequences of the heart disease e. g. pulmonary hypertension or postoperative sequels (like neurological deficits), the long-term changes of autonomic regulation of the heart are of special interest. One means for observing the vegetative nervous system is the analysis of the heart rate variability (HRV). The nerval structures of the autonomic nervous system are partly destroyed by heart surgery due to a congenital heart disease; this reduces the influence of parasympathetic and sympathetic control of the heart. In the field of sportsmedicine, HRV is increasingly used for controlling the impact of exercise as well as regenerative aspects. In this dissertation, longer-term considerations concerning HRV after heart surgery and the response of the autonomic regulation to exercise and recovery will be analysed. In a first cross-sectional study we examined the changes of HRV in children and adolescents at the age of 8 month to 18 years who had undergone heart surgery due to transposition of the great arteries (TGA, n = 11), atrial septal defect (ASD, 13), ventricular septal defect (VSD, 17), tetralogie of Fallot (TOF, 13), complete atrioventricular channel (CAVC, 5) and after completion of the Fontan-circulation (total cavopulmonal connection, TCPC, 11). The results where compared to 16 age- and sexmatched unimpaired subjects. Short-time HRV registration was done while sleeping, by means of the Lifecard CF compact Flashcard Holter (Reynolds). Evaluating the spectral analysis of HRV, this study focused on the alterations of parasympathetic and sympathetic activity, following various heart surgeries. For this reason, the time-domain parameters mean RR-interval (mRR), standard deviation (SD), and root mean square of differences of successive RR intervals (RMSSD) as well as the frequency-domain parameters low frequency (LF) showing parts of sympathetic activity, high frequency (HF) representing vagale tonus and total power (TP) where computed. The latter leads to sympatho-vagale balance (LF/HF) and normalized units (HF/TP and LF/TP). It was shown, that the SD (reflecting the overall heart rate variability) was reduced along with a wide interindividual range in all groups of patients compared to the controls. The strongest reduction was found in the groups of TGA and TCPC, the latter showing the widest range of interindividual differences, too. All groups of patients, except for TGA showed a shift towards sympathetic activity in LF/HF. In a second study, 20 participants of the annual skiing excursion for children with congenital heart disease (organized by the Department of paediatric cardiology and the “Kinderherzstiftung in Herzstiftung e.V.”) underwent supine-lying-supine-tests in the morning to evaluate their reaction to orthostatic stress. These tests were done in the sense of a longitudinal study at the beginning and the end of one week of moderate alpine-skiing. In combination to a short-time-HRV-registration in the night before the test, the possibilities of the heart to cope with strenuous circulation-demands and the ability to recover had been evaluated. 70% of the children showed enhanced TP in the overnight registration as well as higher values of HF in the morning-test, but 10% had lower results in both tests at the end of the week. 20% of the children showed ambiguous findings. A narrow majority had smaller values of LF when standing up at the registration at the end of the week. The results of the first study proofed short-term-HRV-registration to be a valuable means for reporting changes in autonomic regulation in children and adolescents after heart surgery. It has been shown, that heart surgery with opening the myocardium of the atriums or ventricles is followed by reduction of mainly parasympathetic activity. Operation of TGA (Switch-OP) in contrast, with opening atriums and dissecting great arteries, impairs both parts of the vegetative nervous system equally. The predominance of vagale reduction after heart surgery has been presented in a limited number of studies, mostly including only a few heart diseases and using different methods, which do not allow comparison between studies. The effect of a uniform reduction after Switch-OP in TGA has (as to the knowledge of the author) not yet been published. The second study showed, that during one week of alpine skiing, 70% of children improved their possibility to cope with orthostatic stress by amplifying parasympathetic tone when changing to a supine position and increased their HRV during an overnight registration, indicating a stronger autonomic influence to the heart. According to the literature, both findings can point towards lower cardiac risks. A multifactorial reason has to be assumed for the improved regulation of the autonomic nervous system, consisting of physical activity, climatic and altitude influences as well as a social setting different from home which lead to regeneration. Three children showed reduced values, indicating higher distress at the end of the week. The role of LF however, is a matter of debate and remains unclear, even if a slight trend towards better coping with orthostatic stress is seen in the present study.

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Metadaten
Author:Andreas RosenhagenGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30-33354
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Roland HofstetterGND, Winfried BanzerGND
Advisor:Roland Hofstetter
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2007/09/20
Year of first Publication:2005
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2006/06/20
Release Date:2007/09/20
Page Number:99
First Page:1
Last Page:99
HeBIS-PPN:190488085
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht