Untersuchung der skelettalen Wirkung einer dental verankerten medianen Distraktionsosteogenese im Unterkiefer

  • Die Distraktionsosteogenese bietet im Bereich der Zahnmedizin die Möglichkeit, Kieferanteile zu verlängern und zu verlagern. Basierend auf den grundlegenden Arbeiten von Gavrilo Ilizarov seit 1954 ist in den siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts diese Methode von mehreren Autoren weiterentwickelt und von Karp 1989 erstmals am menschlichen Unterkiefer angewendet worden. Guerrero entwickelte dann die Möglichkeit, den Unterkiefer median zu distrahieren. Auf kieferorthopädischem Gebiet unterscheiden sich Distraktionsapparaturen zur medianen Unterkieferdistraktion in der aktuellen Anwendung durch ihre Verankerungen. Diese ist ossär fixiert und dental fixiert möglich. Beide Verankerungsarten haben Vor- und Nachteile. Zu den Vorteilen der ossär verankerten Apparatur zählen die direkte Einwirkung auf den Knochen und somit das Wirken der Kraft in der Nähe des Distraktionsspaltes. Nachteilig ist allerdings, dass der ossär verankerte Distraktor erst nach der chirurgischen Durchtrennung der Mandibula inseriert werden kann, dass es zu gingivalen Entzündungen an den Verankerungsschrauben oder zu parodontalen Schäden an Zähnen kommt, um die eine Verankerungsligatur geschlungen ist. Hauptsächlich treten jedoch schmerzhafte Dekubitalgeschwüre auf. Im Gegensatz zur ossär verankerten Apparatur ist bei der dental verankerten von Nachteil, dass ihre Kraft direkt nur auf Verankerungszähne wirkt und diese nach bukkal kippt. In der Regel handelt es sich bei den Verankerungszähnen um die ersten Prämolaren und Molaren des Unterkiefers. Dieser Nachteil kann durch eine leichte Überkorrektur kompensiert werden. Die vom Distraktor dental wirkende Kraft bewirkt eine Distraktion des Kallus im Osteotomiespalt und gleichzeitig eine bukkale Kippung der Verankerungszähne. Die vorliegende Studie untersuchte, wie hoch dieser dentale Anteil bei einer medianen Unterkieferdistraktion mittels einer dental fixierten Distraktionsapparatur war, am Beispiel von sechzehn Patienten. Messungen wurden im Mund vorgenommen, und zwar an der Distraktionsschraube sowie an speziell inserierten Messimplantaten, die als feste Referenzpunkte fungierten. Die gewonnenen Messwerte wurden in Messprotokollen festgehalten. Die Modelle der Patienten von Beginn der Distraktion und am Ende der Distraktion wurden vermessen. Alle Messungen wurden mit einer digitalen Schieblehre durchgeführt. Die Auswertung der Messergebnisse ergab im Durchschnitt einen dentalen Anteil der wirkenden Kraft von 29% und einen skelettalen Anteil von 71%. Die Vermessung der Modelle zeigte, dass bei einer durchschnittlichen Erweiterung der Distraktionsapparatur von 7,15 mm eine transversale Erweiterung des Zahnbogens im Bereich der ersten Prämolaren um 6,46 mm und im Bereich der ersten Molaren um durchschnittlich 4,74 mm erzielt worden war. Die vorliegende Untersuchung konnte zeigen, dass der dental verankerte Distraktor im Unterkiefer trotz dental wirkender Effekte gute Distraktionsergebnisse erzielte. Die Vorteile des dental verankerten Distraktors gegenüber der ossär verankerten Apparatur liegen in seiner geringeren Invasivität, da kein zweiter chirurgischer Eingriff nötig ist, und bieten dem Chirurgen bei der Trennung der Unterkiefersegmente eine gute Übersicht aufgrund der prächirurgischen Inserierbarkeit. Ebenso entfallen Entzündungen am Knochen und den umgebenden Weichgeweben. Im Vergleich zu früheren Schraubenapparaturen schränkt die zierlich gestaltete Variety®-Schraube den Zungenraum weniger ein und hat einen angenehmen Tragekomfort. Als biologischer Vorteil der Schraube erschien die relativ zu einer Hyrax-Schraube erhöhte Resilienz. Durch ihren Aufbau mit nur einem Führungsstab parallel zur Spindel (im Gegensatz zu zwei Führungsstäben bei der Hyrax-Schraube) waren leichte Bewegungen beider Unterkiefersegmente möglich, was die Knochenbildung günstig beeinflusste. Die mediane Unterkieferdistraktion ist als Behandlungsmöglichkeit bei transversalem Raummangel im Unterkiefer als Alternative zur klassischen Extraktionstherapie zu sehen und dieser zum Teil überlegen. Bei einem Raummangel ausschließlich im Unterkiefer muss zum Beispiel im Vergleich zur Extraktionstherapie keine Ausgleichextraktion im Oberkiefer vorgenommen werden. Es ist möglich, Knochen neu zu gewinnen, was Vorteile in Funktion und Ästhetik birgt. Die Auswahl der Therapieform ist aber immer individuell vom Behandler für den jeweiligen Patientenfall zu treffen.
  • The distraction-osteogenesis in the dentist domain offers the possibility of lengthening and dislocating parts of the mandible. Based on the works of Gavrili Ilizarov since 1954 this method was developed by several authors in the 1970´s and 80´s and was used first in the human mandible by Karp in 1989. Guerrero developed the possibility of a median distraction in the human mandible. Orthodontic distraction appliances for median distraction differ in their type of fixation in today´s use. An osseo-fixed and dental-fixed distractor type is possible. Of course both types have advantages and disadvantages. The advantage of an osseofixed appliance is a direct effect on the bone and therefore a high efficiency because of its position near the distraction cleft. Actually the osseo-fixed appliance can only be inserted after surgical separation. It also causes inflammations around the fixation screws and parodontal damages at the teeth with ligatures. Mainly painful decubital ulcers result from using osseo-fixed appliances. In contrast to the osseo-fixed appliance a dental-fixed appliance has the disadvantage that the distraction force has only a direct effect on the anchor teeth and tips them to the buccal side. This can be compensated by overcorrection. Normally the anchor teeth are the first premolars and the first molars in the lower jaw. The force of a dental-fixed appliance causes a distraction of the callus in the osteotomic cleft and at the same time a buccal tipping of the anchor teeth. This study researched the proportion of this dental side effect by using a dental-fixed appliance in sixteen patient cases. Measurements took place intraoral on the distraction screw and on specially inserted measure implants. These implants were fixed points of reference. The results had been taken down. The plaster models of the patient before and after the distraction were measured out. All measurements had been carried out with a digital calliper. The evaluation of the measurements turned out a dental proportion of the effective force of 29% and a skelletal proportion of 71%. The measurements of the plaster models showed an average of widening of 7,89 mm between the first premolars and 4,62 mm between the first molars. This study showed good distraction results by using a dental-fixed appliance although it had dental side effects. The advantages of the dental-fixed appliance are its lower invasion, because no second surgical procedure is needed and a good overview is guaranteed for the surgeon while seperating the mandible segments. A presurgical insertion of the dental-fixed appliance makes this possible. Even no inflammations are possible at the bone and surrounding soft tissues. In comparison with former dental-fixed appliances the very delicate Variety®-screw has less limitations of the tongue-space. The lighter resiliency in comparision to a Hyrax-screw appeared as a biological advantage. The design with only one guiding rod parallel to the spindle (in opposite to a Hyrax-screw with two guiding rods) made gentle movements between the two mandible segments possible and furthered osteogenesis. The median mandible distraction is an option of treatment in case of space-deficiency as alternative to an extraction therapy and partly better. In case of space-deficiency only in the mandible no compensative extraction in the maxilla is needed. It is possible to gain real new bone which is an advantage in function and esthetics. The form of therapy is certainly individual for each patient and should be the choice of the orthodontist.

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Metadaten
Author:Marcus Willeke
URN:urn:nbn:de:hebis:30-53348
Referee:Peter SchopfGND, Robert Alexander SaderORCiDGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2008/03/04
Year of first Publication:2007
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2008/01/11
Release Date:2008/03/04
Note:
Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:31475394X
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
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