Elektrophysiologische Untersuchung der Spannungsabhängigkeit und Kinetik der lichtaktivierten Leitfähigkeit von Channelrhodopsin-2

  • Lichtgesteuerte Channelrhodopsine (ChR) haben im letzten Jahrzehnt neue Wege zur Untersuchung neurophysiologischer Zusammenhänge eröffnet. Die ersten grundlegenden Charakterisierungen von Channelrhodpsin-1 und Channelrhodopsin-2 (ChR-1 und ChR-2) zeigten bereits die hohe Selektivität dieser Ionenkanäle für Protonen gegenüber monovalenten und divalenten Kationen und veranschaulichten die Dominanz der einwärtsgerichteten gegenüber den auswärtsgerichteten Kationenströmen durch die Kanalpore (Einwärtsgleichrichtung) (Nagel et al., 2002; Nagel et al., 2003). Nach Expression von Channelrhodopsin können erregbare Zellen mit einem Ruhepotential von -60 mV durch Licht depolarisiert und Aktionspotentiale (AP’s) ausgelöst werden (Boyden et al., 2005; Li et al., 2005; Nagel et al., 2005b). Aufgrund der Einwärtsgleichrichtung von ChR nehmen die lichtaktivierten Ströme mit zunehmender Depolarisation ab, sodass die vollständige Ausbildung des AP’s nicht gestört wird. Dadurch wird ChR zu einem optimalen optogenetischen Werkzeug. Dennoch ist die Einwärtsgleichrichtung bisher wenig detailliert charakterisiert. Auch die zugrunde liegenden Mechanismen sind nicht genau bekannt. Im Rahmen dieser Arbeit konnte anhand von Patch-Clamp Messungen gezeigt werden, dass zwei Mechanismen die Rektifizierung des Kanalstroms durch ChR-2 hervorrufen: eine Spannungsabhängigkeit der Einzelkanalleitfähigkeit und eine Spannungsabhängigkeit der Offenwahrscheinlichkeit. Die Spannungsabhängigkeit der Einzelkanalleitfähigkeit ist von der Art der geleiteten Ionen abhängig und konnte experimentell über die Unterschiede der stationären IV-Kurve für H+ und Na+ bei symmetrischen Ionenkonzentrationen bewiesen werden. Des Weiteren wurden die Resultate für unterschiedliche Ionenbedingungen anhand eines Ionenbindungsmodells mit einem „3-Barrieren 2-Bindungsstellen“ Profil für die Kanalpore simuliert. Die Spannungsabhängigkeit der Offenwahrscheinlichkeit ist an eine Lichtadaption des ChR-2 Proteins gekoppelt. Diese Lichtadaption konnte mithilfe von repetitiven Messungen, d.h. Strommessungen mit mehrfachen kurzen Lichtblitzen (10 ns), gezeigt werden. Da die Lichtadaption wie auch die Kanalkinetik stark vom pH abhängig sind, ist anzunehmen, dass mechanistisch wichtige De- und Reprotonierungsreaktionen mit diesen Prozessen einhergehen. Ferner konnte über die Untersuchung der elektrophysiologischen Eigenschaften der ChR-2 Mutante E90A eine Region im Protein identifiziert werden, die höchstwahrscheinlich am Protonentransport durch die Kanalpore beteiligt ist. Die Mutante E90A wies eine verringerte Protonenleitfähigkeit und eine natriumabhängige Blockierung der lichtaktivierten Ströme bei niedrigem extrazellulären pH auf. Doppelbelichtungsexperimente mit gelbem oder kurzwelligem blauen Licht ergaben außerdem neue Hinweise auf die Identität einiger Intermediate des Photozyklus. Die vorgestellten Ergebnisse weisen darauf hin, dass die bisher beschriebene „lichtadaptierte“ Form, die als P480 Intermediat bezeichnet wird, eher einem P520 Intermediat entspricht. Außerdem konnte im Rahmen dieser Arbeit eine funktionelle Beteiligung des Intermediats P390, in dem die Schiff Base deprotoniert ist, am Photostrom von ChR-2 im Wildtyp-Protein gezeigt werden. Diese Beteiligung ist bisher nur für ChR-2 Mutanten bekannt (Bamann et al., 2010). Neben der Untersuchung der Kanaleigenschaften von ChR-2 wurde in dieser Arbeit auch der Frage nachgegangen, ob an den Photozyklus von ChR-2 eine vektorielle Protonenverschiebung über der Membran gekoppelt ist. Mithilfe der BLM-Technik und Patch-Clamp Messungen an elektrofusionierten HEK-293 Zellen (Zimmermann et al., 2006) konnte gezeigt werden, dass auch ohne elektrochemische Triebkraft lichtaktivierte Ströme (Pumpströme) zu beobachten sind, die einer vektoriellen Protonenverschiebung von 0,2 - 0,4 Ladungen pro Photozyklus entsprechen. Die Doppelbelichtungsexperimente und der vektorielle Protonentransport geben einen Einblick in den Zusammenhang zwischen Photozyklus und den funktionalen Zuständen des Kanals. Die Ergebnisse zeigen das komplexe Geflecht zwischen Spannungsabhängigkeit, der Kinetik und den offenen Zuständen und wurden in einem Modell zusammengefasst. Weiterhin wurde in dieser Arbeit eine stabile Zelllinie für die Expression von ChR-1 etabliert, die eine genauere Charakterisierung dieses Proteins möglich macht. Es konnte gezeigt werden, dass ChR-1 ebenso wie ChR-2 eine Kationenleitfähigkeit besitzt. Aus zeitaufgelösten Messungen wurde außerdem ermittelt, dass ChR-1 gegenüber ChR-2 eine verkürzte Zykluszeit besitzt. Die verkürzte Zykluszeit von ChR-1, die zu kleineren Gesamtstromamplituden im Vergleich zu ChR-2 führt und die vergleichsweise geringere Expression, v.a. in transienten Expressionssystemen, limitiert dessen neurophysiologische Anwendung. Zusammenfassend stellt die vorliegende Dissertation eine detaillierte biophysikalische Charakterisierung von Channelrhodopsinen dar, die neue Erkenntnisse über die mechanistische Kopplung der Kanalfunktion an den Photozyklus hervorbringt. Zudem kann sie eine Grundlage für die gezielte Suche nach Channelrhodopsin Mutanten bieten, deren Kinetik oder analeigenschaften für die neurophysiologische Anwendung optimiert sind.
  • In the last decade, light-gated Channelrhodopsins (ChR) opened up new vistas for the exploration of neurophysiological circuits. In the first characterisation of Channelrhodopsin-1 and Channelrhodopsin-2 (ChR-1 und ChR-2), the authors already showed the high selectivity for protons over other mono- or divalent cations and the dominant inward currents through the channel pore (inward rectification) (Nagel et al., 2002; Nagel et al., 2003). The expression of Channelrhodopsins enables a depolarization of excitable cells from their resting potential of -60 mV and thus a light-induced triggering of action potentials (Boyden et al., 2005; Li et al., 2005; Nagel et al., 2005b). Due to ChR’s inward-rectification the light-activated currents decrease with increasing depolarization and do not affect the formation of action potentials. Thus, ChR is an ideal optogenetic tool. Nevertheless, ChR’s inward-rectification is poorly characterized and its mechanisms are not known. Here, using the Patch-Clamp technique, it could be shown that two mechanisms are responsible for the rectification of the ChR-2 channel current: both the the voltagedependence of the single-channel conductance and of the open probability. The voltage-dependence of the single channel conductance is dependent on the type of the conducted cation and could be proven by recording the differences of the stationary IV-relation for H+ and Na+ at symmetrical ion concentrations. The results of the IVrelations of different ionic conditions were simulated on the basis of an ion bindingmodel with a “3-barrier 2-site” energy profile of the channel pore. The voltage-dependence of the open probability is coupled to light-adaptation of the ChR-2 molecule. This light-adaptation could be shown by channel current measurements with repetitive short light pulses (10ns). The light-adaption and the channel kinetics are strongly regulated by pH, suggesting that both are associated with mechanistically important de- and reprotonation reactions. Furthermore, the electrophysiological characterisation of the mutant ChR-2 E90A led to the identification of a domain, which could be involved in proton transport through the channel pore. The mutant E90A shows decreased proton conductance and a sodiumdependent blockage of the light-activated currents at low extracellular pH. Double illumination experiments with yellow or short-wave blue light uncovered new details about the identity of some of the photointermediates of ChR-2. The results presented herein suggest, that the “light-adapted” form, formerly known as P480, can be attributed to a P520 intermediate. Moreover, the functional participation of an intermediate P390 with a deprotonated Schiff base in the photocurrent of ChR-2 could be demonstrated. Until now, this participation could only be shown for ChR-2 mutants (Bamann et al., 2010). Besides the characterisation of the channel properties the question, whether a vectorial proton transport is coupled to the photocycle of ChR-2, was raised. Using the BLMtechnique and patch-clamp measurements on electrofused giant HEK-293 cells (Zimmermann et al., 2006), light-activated photocurrents without an electrochemical driving force were observed (pumping currents). The amplitude of those currents corresponded to a vectorial proton transport of 0.2-0.4 charges per photocycle. The double illumination experiments and the vectorial proton transport deliver insight into the correlation of the photocycle with the functional states of the channel. The results demonstrate the complex network of voltage-dependence, kinetics and the open states and were combined in a model. Furthermore, a stable cell line for the expression of ChR-1 was established, which allows a more detailed characterisation. It could be shown, that ChR-1 and ChR-1 are almost identical regarding their cation permeability. From time-resolved measurements, the ChR-1 photocycle time was determined to be shorter than that of ChR-2. The shorter cycle time, leading to smaller current amplitudes with respect to ChR-2, and the low expression level, particularly in transient expression systems, limit the use of ChR-1 in neurophysiological applications. In summary, this thesis presents a detailed biophysical characterisation of Channelrhodopsins and expands the existing knowledge about the coupling of the photocycle to the channel function. This study can be used as a base for the quest of optimized Channelrhodopsin mutants for the neurophysiological application.

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Metadaten
Author:Julia Spitz
URN:urn:nbn:de:hebis:30-92897
Referee:Ernst BambergGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2011/03/04
Year of first Publication:2010
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2010/10/14
Release Date:2011/03/04
Note:
Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:425126803
Institutes:Biochemie, Chemie und Pharmazie / Biochemie und Chemie
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