Synthese und Koordinationsverhalten redoxaktiver chinoider Liganden

  • Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit der Entwicklung, Synthese und Charakterisierung neuartiger redoxaktiver Liganden und deren Metallkomplexen. Basierend auf dem para- und ortho-Hydrochinon / Benzochinon-Redoxsystem wurden 13 neue Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden (28 – 36 und 67 – 70; Schema 47) synthetisiert und vollständig charakterisiert. Ein Schwerpunkt lag auf der Einführung von Substituenten am Bis(pyrazol-1-yl)methan-Donor, um deren Einfluss auf das N,N′-Koordinationsverhalten gegenüber Metallionen zu untersuchen. In Analogie zu den klassichen Skorpionaten sind Substituenten in Position 3 der Pyrazolringe in der Lage, koordinativ ungesättigte Metallzentren kinetisch zu stabilisieren, was für potentielle Anwendungen in der Katalyse essentiell ist. Bei den ortho-chinoiden Liganden (67 – 70; Schema 47) erfüllt die redoxaktive Gruppe eine zweite Funktion, nämlich als Chelatdonor gegenüber Metallzentren, was die Synthese und Untersuchung (hetero-)dinuklearer Komplexe erlaubt. Schema 47: In dieser Arbeit synthetisierte und charakterisierte redoxaktive Bis(pyrazol-1-yl)methan- Liganden. Die kristallographische Charakterisierung von 10 dieser Liganden (28 – 33, 67 – 70) zeigte größtenteils sehr ähnliche strukturelle Parameter. Ein steigender sterischer Anspruch der Substituenten am Bis(pyrazol-1-yl)methan führte zu einer leichten Streckung der Chinon–Bis(pyrazol-1-yl)methan-Bindung und zu kurzen Kontakten zwischen Substituenten am zentralen Methin-Kohlenstoffatom und den ipso- (HQ-C1) bzw. ortho-Kohlenstoffatomen (HQ-C2) am sechsgliedrigen Ring. Diese kurzen Kontakte spielten in der oxidativen Demethylierung von 32 eine Rolle. Während alle anderen para-chinoiden Liganden mit Cerammoniumnitrat (CAN) zu den erwarteten para-Benzochinon-Derivaten reagierten (Schema 48), wurde im Zuge der Oxidation von 32 ein zusätzliches Sauerstoffatom am sechsgliedrigen Ring eingeführt (47; Schema 48). Im Gegenzug wurde die sterisch am stärksten abgeschirmte Methoxygruppe nicht oxidativ demethyliert. Letztendlich konnte gezeigt werden, dass (i) das neu eingeführte Sauerstoffatom von atmosphärischem Sauerstoff stammt und (ii) alle fünf Methylgruppen und beide Methoxygruppen in 32 für die Oxidation essentiell sind. Zusammenfassung 72 Schema 48: Oxidation der para-chinoiden Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden mit CAN. Die Cyclovoltammogramme der ortho-chinoiden Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden (untersucht am Beispiel von 67, 68 und 70) zeigten irreversible Redoxwellen, da im Zuge der Oxidation OH-Protonen abgespalten wurden; die Redoxpotentiale liegen in einem mit chemischen Oxidationsmitteln gut zugänglichen Bereich. 70 wurde von CAN erfolgreich oxidiert, das Produkt 71 zersetzte sich unter den Reaktionsbedingungen allerdings sehr schnell und konnte nicht isoliert, sondern lediglich als Additionsprodukt von 4-tert- Butylpyridin abgefangen werden. Unter optimierten Reaktionsbedingungen und mit DDQ als Oxidationsmittel ließen sich 70 und 68 in ihre oxidierte Form überführen und in Reinform gewinnen. Die für ortho-Benzochinone typische Neigung zur Zersetzung wurde auch bei 71 und 73 beobachtet, wobei letzteres sich wesentlich schneller zersetzte (innerhalb von Stunden) als 71 (innerhalb eines Tages). Abb. 36: N,N′-Cobalt- und Palladium-Komplexe 59, 60, 74 und 75. Die Koordinationschemie repräsentativer Vertreter der 13 redoxaktiven Bis(pyrazol-1- yl)methan-Liganden wurde untersucht. Bereits der sterisch nur mäßig anspruchsvolle parachinoide Ligand 29 ist in der Lage, koordinativ ungesättigte CoII-Ionen kinetisch gegenüber der Bildung von 1:2 Komplexen zu stabilisieren. Im Festkörper liegen ausschließlich Verbindungen mit einer 1:1 Zusammensetzung von Ligand zu CoII vor (59 und 60; Abb. 36). In Lösung scheinen hingegen Gleichgewichte zu existieren, in denen auch die koordinativ abgesättigten oktaedrischen 2:1 Komplexe auftreten. Die ortho-chinoiden Liganden 67 und 68 bildeten selektiv entsprechende N,N′-koordinierte PdCl2-Komplexe, ohne dass das ortho- Hydrochinonat (Catecholat) als konkurrierender O,O′-Donor wirkte (74 und 75). Zusammenfassung 73 Es zeigte sich jedoch auch, dass sterisch sehr anspruchsvolle Substituenten am Bis(pyrazol-1-yl)methan-Fragment in Reaktionen mit Übergangsmetallen zu einer Zersetzung des Ligandengerüsts führen können. So reagierte der para-chinoide tert-Butyl-substituierte Ligand 31 mit [Co(NO3)2] zu [(HpztBu,H)2Co(NO3)2] (63). Eine analoge Zersetzung zu trans- [(HpzR,H)2PdCl2] (76: R = Ph und 77: R = tBu) wurde nach der Reaktion der ortho-chinoiden Liganden 69 bzw. 70 mit [PdCl2]-Quellen beobachtet. Schema 49: Synthese von O,O′-Koordinationskomplexen der ortho-chinoiden Bis(pyrazol-1- yl)methan-Liganden 68, 69 und 70. Die ortho-chinoiden Bis(pyrazol-1-yl)methan-Liganden (67 – 70) besitzen mit ihrem Catecholat-O,O′-Donor eine zweite Koordinationsstelle, was diese Liganden für die Synthese von dinuklearen Komplexen interessant macht. Da gezeigt werden konnte, dass [PdCl2] selektiv an den Bis(pyrazol-1-yl)methan-Donor koordiniert (vgl. 59, 60, 74 und 75; Abb. 36), galt es als nächstes zu evaluieren, ob eine ähnlich selektive Bindung anderer Metallionen an den O,O′-Donor möglich ist. Abb. 37: Molekulare Strukturen ausgewählter O,O′-Koordinationskomplexe ortho-chinoider Bis(pyrazol-1-yl)methan-Komplexe 82 (links), 83 (Mitte) und 85 (rechts). In der Tat konnten in sehr guten Ausbeuten O,O′-gebundene [(p-cym)Ru]-, [(Phpy)2Ir]- und [(Cp*)Ir]-Komplexe ausgewählter redoxaktiver ortho-chinoider Liganden dargestellt werden. Vorteilhaft war die Verwendung der kristallinen, nicht-flüchtigen Base TlOtBu zum Abfangen der im Zuge der Komplexierung freiwerdenden Protonen (Schema 49, Abb. 37). Die Eliminierung von TlCl sorgt für eine irreversible Reaktion zu den entsprechenden Zusammenfassung 74 Komplexen. Besonders interessant ist die Koordinationschemie des Liganden 68 im chiralen, anionischen IrIII-Komplex 83 (Abb. 37 Mitte), der in der Synthese als Thallium-Salz anfiel und im Festkörper TlI-verbrückte Dimere bildete. Eine elektrochemische Charakterisierung wurde mit 85 durchgeführt. Wie erwartet, zeigte der komplexierte Bis(dimethylpyrazol-1-yl)methan-Ligand im Gegensatz zu freiem 68 eine reversible Oxidationswelle. Die Potentialdifferenz zwischen Liganden-Oxidation und Iridium- Reduktion beträgt fast 2 V, was in diesem Zusammenhang bedeutet, dass sich 68 als unschuldiger Ligand verhält und man Iridium zweifelsfrei die Oxidationsstufe +III zuweisen kann. Mit Komplexen von 68 und leichter reduzierbaren Übergangsmetallen sollte es hingegen möglich sein, in den Bereich des nicht-unschuldigen Verhaltens vorzudringen und z.B. Valenz-Tautomerie zu beobachten. Mit effizienten Synthesewegen zu N,N′-Komplexen einerseits (74 und 75; Abb. 36) und O,O′-Komplexen andererseits (u.a. 83 und 85; Abb. 37) wurde als nächstes ein heterodinuklearer Komplex synthetisiert (87; Schema 50). 68 erwies sich als am besten geeigneter Ligand, da er, wie bereits erwähnt, eine gute Löslichkeit bei moderatem sterischen Anspruch besitzt und der N,N′-Donor auch in Gegenwart von Lewis-sauren Metallionen beständig ist. Die Wannenform des Bis(pyrazol-1-yl)methan-PdII-Chelatrings in 87 bringt das Palladium- Ion in räumliche Nähe zum ortho-Hydrochinonat π-System. In früheren Studien dieser Arbeitsgruppe konnte gezeigt werden, dass ein solches Arrangement Elektronenübertragungen zwischen dem Chinon und dem koordinierten Palladium-Zentrum erlaubt. Durch die direkte konjugative Wechselwirkung des zweiten Metallzentrums (IrIII) mit der redoxaktiven Gruppe über die Sauerstoffatome in 87 sollte eine effektive elektronische Ligand ↔ Metall- und Metall ↔ Metall-Kommunikation möglich sein. Die elektrochemische Charakterisierung zeigte allerdings, dass im vorliegenden Fall die Potentiale der drei Komponenten Chinon / PdII / IrIII mit jeweils ca. einem Volt zu weit auseinander liegen. Schema 50: Synthese eines hetero-dinuklearen IrIII/PdII-Komplexes. Im letzten Teilgebiet dieser Arbeit wurde die Eignung der ortho-chinoiden Liganden 67 und 70 für den Aufbau höhermolekularer Koordinationsverbindungen und oligonuklearer Aggregate untersucht. Zusammenfassung 75 Schema 51: Synthese der oktaedrischen Komplexliganden 89 – 96. Dafür wurden Komplexliganden synthetisiert, die aus einem Zentralmetall bestehen, das oktaedrisch von je drei O,O′-koordinierenden Liganden 67 bzw. 70 umgeben ist (Schema 51). Mit den freien Bis(pyrazol-1-yl)methan-Donorgruppen vermag jeder dieser Komplexliganden drei weitere Metallzentren zu koordinieren. Derartige Verbindungen könnten aufgrund ihrer dreidimensionalen Struktur z.B. Anwendung im Aufbau von redoxaktiven metallorganischen Netzwerken oder elektrisch leitfähigen Koordinationspolymeren finden. Als Zentralmetalle dienten FeIII- und AlIII-Ionen; erstere, weil sie selbst redoxaktiv sind, und letztere, weil sie eine im Vergleich zu FeIII ähnliche Koordinationschemie besitzen, aber wegen ihres Diamagnetismus‘ eine NMR-spektroskopische Charakterisierung ermöglichen. Je nach verwendeter Base wurden die dreifach anionischen Komplexliganden als Lithium- bzw. Thallium-Salze isoliert. Die NMR-Spektren von 89, 90, 93 und 94 zeigten jeweils nur einen Signalsatz, obwohl sich, bedingt durch die Asymmetrie des Liganden und die Chiralität des oktaedrischen Metallzentrums, fac- und mer-Isomere bilden können. Es konnte nicht abschließend geklärt werden, ob sich exklusiv das höhersymmetrische fac-Isomer bildet, oder ob ein Mechanismus aktiv ist, der alle Isomere auf der NMR-Zeitskala schnell ineinander überführt, sodass die Gegenwart lediglich einer Spezies vorgetäuscht wird. In elektrochemischen Untersuchungen zeigten die Komplexliganden mehrere irreversible Oxidationswellen. Ob dieses Verhalten auf eine intramolekulare Kommunikation der einzelnen redoxaktiven Gruppen zurückzuführen ist, müssen weitergehende Studien zeigen. Als prinzipieller Beleg für die präparative Anwendbarkeit der Komplexliganden und Grundlage für die Untersuchung der Koordinationschemie der oktaedrischen Komplexliganden, wurden PdII-Komplexe von 89 und 93 synthetisiert.

Download full text files

  • Dissertation.pdf
    deu

    Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.

Export metadata

Additional Services

Share in Twitter Search Google Scholar
Metadaten
Author:Florian BlasbergGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-264831
Publisher:Univ.-Bibliothek
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Matthias WagnerORCiD, Max C. HolthausenORCiD
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2012/11/14
Year of first Publication:2012
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2012/11/02
Release Date:2012/11/14
Page Number:157
First Page:II
Last Page:148
Note:
Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:347988369
Institutes:Biochemie, Chemie und Pharmazie / Biochemie und Chemie
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 54 Chemie / 540 Chemie und zugeordnete Wissenschaften
Sammlungen:Universitätspublikationen
Licence (German):License LogoArchivex. zur Lesesaalplatznutzung § 52b UrhG