Testtheoretische und empirische Studien zur Frage der Dimensionalität des Konstruktes "Dispositioneller Optimismus"

Psychometrical and empirical studies concerning the dimensionality of dispositional optimism

  • Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Hypothese, dass der „Life Orientation Test (-Revised)“ (LOT-R), der als Selbstberichtsfragebogen zur Erfassung von dispositionellem Optimismus konstruiert wurde, nicht nur „Optimismus“ erfasse, sondern auch „Pessimismus“; Pessimismus wird im Rahmen dieser „OP-Hypothese“ nicht als der Gegenpol von Optimismus aufgefasst, sondern als ein partiell unabhängiges Konstrukt. Die OP-Hypothese wird typischerweise mit sog. „konfirmatorischen“ Faktorenanalysen untersucht. Die OP-Hypothese wird zunächst aus theoretischer Perspektive analysiert, insbesondere auch deshalb, weil die Begriffe „Optimismus“ und „Pessimismus“ im Rahmen der OP-Hypothese nicht auf dieselbe Art verwendet werden wie sonst in der Psychologie oder in anderen Wissenschaften üblich. Dabei zeigt sich, dass keine angemessene theoretische Herleitung der OP-Hypothese möglich ist: Was „Pessimismus“ ist, wenn es nicht der Gegenpol von Optimismus ist, bleibt unklar. Ausgehend von dem Befund, dass die theoretische Herleitung der OP-Hypothese unangemessen ist, wird diese Hypothese aus methodologisch-testtheoretischer Perspektive und mittels zweier empirischer Arbeiten kritisch überprüft. Aus methodologischer und mathematisch-statistischer Perspektive wird dargestellt, dass die empirischen Befunde, die für die OP-Hypothese sprechen, nicht eindeutig sind; die OP-Hypothese ist also unterdeterminiert. Die Gültigkeit eines reflexiven Messmodells, das für die Untersuchung der OP-Hypothese mittels konfirmatorischer Faktorenanalysen erforderlich wäre, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Die mathematisch-statistischen Annahmen der „experimentellen Unabhängigkeit“ und der „lokalen Homogenität“, die ein reflexives Messmodell konstituieren, sind für Selbstberichtsfragebogen in vielen Fällen verletzt. Noch gravierender ist das Ergebnis, dass sich aus „konfirmatorischen“ Faktorenmodellen, die für die OP-Hypothese sprechen, keine ausreichenden Informationen über den empirischen Gehalt der Hypothese ergeben. In grundsätzlicher Form und anhand einfacher Beispiele wird gezeigt, dass für eine gegebene Kovarianzmatrix, die die Datenbasis einer „konfirmatorischen“ Faktorenanalyse darstellt, grundsätzlich unendlich viele Alter-nativmodelle konstruiert werden können, von denen zumindest eine Teilmenge auch mit sinnvollen Interpretationen verbunden ist. Angesichts der Existenz solcher Alternativmodelle müssen andere Kriterien zur Überprüfung der OP-Hypothese herangezogen werden als „konfirmatorische“ Faktorenmodelle. Anhand einer empirischen Untersuchung mit dem LOT-R wird gezeigt, dass ein „Methodeneffektmodell“ eine bessere Anpassung an die Daten ermöglicht als das mit der OP-Hypothese verbundene Modell. Das Methodeneffektmodell beinhaltet die Annahme, dass die Antworten auf LOT-R-Items nicht ausschließlich durch die individuelle Ausprägung in „Optimismus“ bedingt werden, sondern zum Teil auch unerwünschte Effekte der Itemformulierungen abbilden. Entsprechend lässt sich eine Korrelation des „Methodenfaktors“ mit sozial erwünschtem Antwortverhalten beobachten. Schließlich wird in einer weiteren empirischen Untersuchung gezeigt, dass mit der Skala „Personaler Optimismus“ ein Instrument zur Erfassung von dispositionellem Optimismus vorliegt, welches nicht unter der faktorenanalytischen Mehrdimensionalität leidet, die den LOT-R kennzeichnet. In der Zusammenschau der methodologischen und empirischen Ergebnisse muss die OP-Hypothese als zu gering begründet zurückgewiesen werden. Über den Rahmen des speziellen Inhaltsgebietes „Optimismus“ hinaus weist die vorliegende Arbeit aber auch auf die Notwendigkeit multipler Betrachtungsebenen bei der Untersuchung persönlichkeitspsychologischer Fragestellungen hin. Nachteilig für die persönlichkeitspsychologische Forschung könnten sich insbesondere die unreflektierte Verwendung von Selbstberichtsfragebogen auf der Seite der Datenerhebung und die unreflektierte Verwendung von „konfirmatorischen“ Faktorenanalysen auf der Seite der Datenauswertung auswirken.
  • The hypothesis is reviewed that the "Life Orientation Test (-Revised)" (LOT-R), a self-report questionnaire designed to assess dispositional optimism, is not only measuring optimism but also "pessimism". Following that hypothesis, pessimism is not the opposite of optimism, and instead is viewed as a partially independent construct. Typically confirmatory factor analyses are used to examine this "OP-independence hypothesis". In the present work, the OP-independence hypothesis is first examined from a theoretical perspective; it is shown that the terms "optimism" and "pessimism" do not seem to denote the same thing as they do when used in contexts outside the limited scope of the OP-independence hypothesis. However, it remains unclear what "pessimism" means even from the perspective of the OP-independence hypothesis. From a psychometric point of view it is shown that the empirical results usually brought forward in favor of the OP-independence hypothesis are at best inconclusive; positive results of a "confirmatory" factor analysis are - contrary to the label of the method - not confirmatory; instead it is easy to construct alternative solutions for a given covariance matrix with the same number of parameters and an identical expected covariance matrix; this is the problem of equivalent models. The method effects model is proposed as an alternative to the OP-independence hypothesis; the bidimensionality of LOT-R data is compensated for by modeling an "optimism" factor with loadings from all LOT-R items and a "method" factor with loadings from only the positively worded items. The method effect might be due to a higher social desirability of positively worded items from the LOT-R. As a final case against the OP-independence hypothesis it is shown that there is no strong indication of bidimensionality for an alternative measure of optimism.

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Metadaten
Author:Wolfgang Achim RauchGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30-51619
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Helfried MoosbruggerGND, Volker HodappGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2007/12/18
Year of first Publication:2007
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2007/12/05
Release Date:2007/12/18
Tag:factor analysis; optimism; personality psychology; psychometrics
GND Keyword:Optimismus; Differentielle Psychologie; Psychometrie; Faktorenanalyse; Persönlichkeitspsychologie; Psychologische Diagnostik; Persönlichkeitstest; Persönlichkeitsbeurteilung; Persönlichkeitsdiagnostik
Page Number:59
First Page:1
Last Page:56
HeBIS-PPN:193933861
Institutes:Psychologie und Sportwissenschaften / Psychologie
Dewey Decimal Classification:1 Philosophie und Psychologie / 15 Psychologie / 150 Psychologie
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht