Untersuchungen zur Substratspezifität von Aggrekanasen

  • Osteoarthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung, die in einem schleichenden Prozeß zur Zerstörung des Knorpels in den gewichttragenden Gelenken insbesondere der Hüfte und des Knies führt. Chronische Behinderungen sind die Folge. Die hohe Prävalenz in der vorwiegend älteren Bevölkerung hat zur Bezeichnung als Volkskrankheit geführt. Die genauen Ursachen der Osteoarthrose sind weitgehend unbekannt, jedoch wird davon ausgegangen, daß eine Verschiebung des Gleichgewichts zwischen anabolen und katabolen Prozessen, die am normalen Knorpelmetabolismus beteiligt sind, zugunsten des Katabolismus stattfindet. Ein Charakteristikum der Krankheit ist die verstärkte Degradation des Proteoglykans Aggrekan, einem der Hauptbestandteile der Knorpelmatrix. Dafür verantwortlich ist besonders im frühen Krankheitsstadium die Enzymaktivität ''Aggrekanase", in späteren Phasen sind auch verschiedene Matrix­Metalloproteasen (MMPs) beteiligt. Die Enzymaktivität Aggrekanase blieb lange Zeit unentdeckt und wurde unter den Mitgliedern der MMP­Familie vermutet. Jedoch weisen MMPs und Aggrekanase eine unterschiedliche Spezifität für Aggrekan auf, da MMPs die interglobuläre Domäne des Aggrekans bevorzugt zwischen N 341 und F 342 spalten (MMP­Schnittstelle), Aggrekanase dagegen nur zwischen E 373 und A 374 (Aggrekanase­ Schnittstelle). Daß es sich bei MMPs und Aggrekanase um distinkte Aktivitäten handelt, zeigt die jüngste Klonierung zweier Aggrekanasen, die der Familie der ADAMTS­Proteasen angehören. Trotz der Identifikation dieser zwei Aggrekanasen, die über eine Metalloprotease­, Disintegrin­ und Thrombospondin­Domäne verfügen, sind viele Enzym­Charakteristika noch ungeklärt, und auch die Frage, welches dieser beiden Enzyme oder welches noch unentdeckte Enzym in der Pathophysiologie der Osteoarthrose die bedeutendste Rolle spielt, ist noch offen. Der Fokus dieser Arbeit lag auf der Untersuchung der noch weitgehend ungeklärten Substratspezifität der Aggrekanase. Besonderes Interesse bestand in der Frage, welche minimalen Anforderungen ein Substrat erfüllen muß, um von Aggrekanase als solches akzeptiert zu werden, da Hinweise existieren, daß kurze Peptide, die die Schnittstelle in nativem Aggrekan repräsentieren, nicht als Aggrekanase­Substrat erkannt und gespalten werden. In dieser Arbeit wird gezeigt, daß tatsächlich Sequenzbereiche des Aggrekans distal zur Aggrekanase­Schnittstelle für eine effiziente Spaltung durch Aggrekanase notwendig sind. Durch Mutations­ und Deletionsstudien mit einem funktionalen rekombinanten Substrat, das die gesamte interglobuläre Domäne des Aggrekans mit der Aggrekanase­Schnittstelle beinhaltet, wird gezeigt, daß die Substratregion der MMP­Schnittstelle, insbesondere deren N­ terminale Hälfte, wichtig ist für eine effiziente Spaltung an der Aggrekanase­Schnittstelle 32 Aminosäuren weiter C­terminal. Dieses Ergebnis weist auf die Möglichkeit hin, Aggrekanase trete über eine zweite, von der eigentlichen Schnittstelle distinkten Interaktionsstelle mit dem Substrat in Wechselwirkung. Diese Substratspezifität ist in verschiedenen zellulären und nicht­ zellulären sowie rekombinanten Aggrekanase­Systemen reproduzierbar und somit für Aggrekanase charakteristisch. Die membrangebundene MMP­14, die unter bestimmten Bedingungen in der Lage ist, eine Proteolyse der Aggrekanase­Schnittstelle zu erzeugen, teilt diese Eigenschaft nicht und ist deshalb als Kandidat für die pathologische Aggrekanase­ Aktivität unwahrscheinlich. Desweiteren wurde die Rolle der Substratglykosylierung für die Degradation durch Aggrekanase untersucht. Die Ergebnisse zeigen, daß die N­ und O­Glykosylierungen des rekombinanten Substrats dessen Spaltung durch Aggrekanase negativ beeinflussen. Einen zusätzlichen Aspekt der Aggrekanase­Charakterisierung stellt die Inhibition der Enzymaktivität durch das Mukopolysaccharid Heparin dar. Heparin bindet vermutlich an Enzymdomänen außerhalb der katalytischen Domäne und hemmt so die für eine effiziente Spaltung nötigen Interaktionen zwischen diesen Domänen und dem Substrat. Die Charakterisierung der Enzymaktivität Aggrekanase, die in dieser Arbeit beschrieben ist, führt zu einem besseren Verständnis der molekularen Mechanismen der Aggrekan­ Degradation und kann zur Entwicklung neuer Ansätze zur Inhibition des Enzyms im Zuge der Osteoarthrosebekämpfung beitragen.

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Metadaten
Author:Christine Hörber
URN:urn:nbn:de:hebis:30-0000001602
Referee:Hugo FasoldGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2003/04/25
Year of first Publication:2000
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2000/12/19
Release Date:2003/04/25
HeBIS-PPN:099544423
Institutes:Biochemie, Chemie und Pharmazie / Pharmazie
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht