Teilchendynamik in EZR-Plasmen : Untersuchungen von grundlegenden Prozessen in Elektron-Zyklotron-Resonanz-Ionenquellen

  • Elektron-­Zyklotron-­Resonanz-­Ionenquellen dienen der Erzeugung von hochgeladenen Schwerionen. Die Erzeugung und Extraktion der Schwerionen beruht auf dem komplexen Zusammenspiel von physikalischen Prozessen aus der Atom­, Oberflächen­ und Plasmaphysik sowie der Elektrodynamik. In dieser Arbeit werden grundlegende physikalische Prozesse in EZR-­Ionenquellen experimentell untersucht, welche auf Grund der Komplexität bislang nicht vollständig verstanden sind. Als Schwerpunkt werden insbesondere die häufig angewendeten Methoden zur Steigerung der Ausbeute an hochgeladenen Ionen erforscht. Hierzu zählen die negativ vorgespannte Scheibe (eine Elektrode in axialer Nähe des Plasmas, biased Disk), die Beschichtung der Plasmakammerwände mit Isolatoren (Wall coating) und die Gasbeimischung von leichteren Gasen zum eigentlichen Arbeitsgas. Die Untersuchungen wurden an der Frankfurter EZR-­(VE)RFQ-­Beschleunigeranlage durchgeführt und mit aktuellen Theorien sowie Messungen an anderen EZR-­Ionenquellen verglichen. Zur Diagnose wird erstmals die negativ vorgespannte Scheibe im gepulsten Betrieb eingesetzt, um die dynamische Auswirkung dieser Scheibe auf den Ionisationsprozeß und die Ionenextraktion zu studieren. Als erstaunlichstes Ergebnis wird die bisher vermutete und in der Literatur dargestellte physikalische Wirkungsweise der biased Disk, nämlich die Erhöhung der Plasmadichte und eine Verbesserung des Ionisationsprozesses, widerlegt. Dieses Ergebnis wird durch Messungen der Quellenemittanz, des dynamischen Ionisationsverlaufes durch Injektion von kurzen Neutralteilchenpulsen mittels Laserablation, der Spektroskopie der Röntgenbremsstrahlung und der optischen Spektroskopie des sichtbaren Lichtes bestätigt. Als neue Hypothese für die physikalische Auswirkung der negativ vorgespannten Scheibe auf die Ausbeute an hochgeladenen Schwerionen wird eine axiale Elektronenverteilung angenommen. Diese entsteht aus axial oszillierenden Elektronen, welche in einem Potentialtopf zwischen der negativ vorgespannten Scheibe und dem Extraktionsbereich der Ionenquelle eingeschlossen sind. Radial werden diese Elektronen durch die Magnetfeldlinien der beiden Magnetspulen geführt. Diese Elektronenverteilung beeinflußt die Ionendiffusion aus dem EZR-­Plasma und die Ionenstrahlformierung im Extraktionsbereich der Ionenquelle positiv. In dieser Arbeit wird zudem gezeigt, daß die gezielte Steuerung der Ionenextraktion durch die vorgespannte Scheibe (biased Disk) mit sehr geringem Aufwand möglich ist. Insbesondere durch Pulsung der Disk-­Spannung ist die Extraktion von gepulsten Ionenstrahlen aus einer EZR-­Ionenquelle mit bislang nicht erreichten Wiederholungsfrequenzen möglich (bis einige 10 kHz). Die Ionenpulse weisen zudem höhere Intensitäten im Vergleich zur kontinuierlichen Extraktion auf. Eine weitere angewendete Diagnosemethode ist die Injektion von kurzen Pulsen an Neutralteilchen in das EZR-­Plasma mit dem Ziel, die Ionenerzeugung und die Ionenextraktion zeitaufgelöst zu studieren. Die Neutralteilchenpulse werden mit Hilfe der Laserablation erzeugt und im EZR-­Plasma sukzessive ionisiert. Das zeitliche Verhalten der extrahierten Ionen gibt Ausschluß über die Dynamik des Ionisationsprozesses, den Ioneneinschluß und die Extraktion der Ionen. Hierbei werden die Auswirkungen der Mikrowellenleistung, des Quellengasdruckes, der Gaszusammensetzung und der negativ vorgespannten Scheibe auf die Erzeugung von hochgeladenen Ionen in einer EZR-­Ionenquelle untersucht. Auch diese Messungen werden durch die Untersuchung der Röntgenbremsstrahlung und der optischen Spektroskopie des sichtbaren Lichtes vervollständigt. Außerdem wird der Einfluß der injizierten Neutralteilchenpulse auf das bestehende Plasma in der Ionenquelle gemessen. Neben der Plasmadiagnose durch die Injektion von Neutralteilchenpulsen mittels Laserablation wurde auch die Erzeugung von gepulsten Strahlen hochgeladener Ionen verschiedenster Festkörperelemente untersucht. Es wird gezeigt, daß durch einen einfachen Versuchsaufbau hochgeladene Ionen von nahezu allen Festkörpern erzeugt werden können. Durch den Einsatz von speziellen Aluminium-­Hohlzylindern mit metalldielektrischer Beschichtung (Al­Al 2 O 3 ) in der Plasmakammer der EZR-­Ionenquelle (Wall coating) und der dadurch gezielten Beeinflussung der Plasma-­Wand-­Wechselwirkung kann die Ausbeute an hochgeladenen Schwerionen (z. B. Ar 16 ) um bis zu einem Faktor 50 gesteigert werden. Die in dieser Arbeit angewandten Diagnosemethoden und das dadurch erzielte bessere Verständnis der physikalischen Prozesse und der Dynamik im EZR-­Plasma ermöglichen die Erhöhung der Ausbeute an hochgeladenen Ionen, die effektive Erzeugung von hochgeladenen Festkörperionen und die Extraktion von gepulsten Ionenstrahlen mit bisher nicht erreichten Wiederholungsfrequenzen.

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Metadaten
Author:Steffen Runkel
URN:urn:nbn:de:hebis:30-0000001371
Referee:Alwin SchemppGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2003/04/14
Year of first Publication:2000
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2001/03/13
Release Date:2003/04/14
GND Keyword:Hochfrequenzplasma; Zyklotronresonanz
HeBIS-PPN:098155989
Institutes:Physik / Physik
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 53 Physik / 530 Physik
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht