Ein kombinierter infrarotspektroskopischer und DFT-Ansatz zur Charakterisierung von Chinonen im Atmungskettenkomplex III

  • Die vorliegende Arbeit basiert auf einer Kombination von IR-Messungen und Spektrenberechnungen mittels Dichtefunktionaltheorie und konnte tiefere Einblicke in die von vielfältigen Überlagerungen geprägten Spektren des Cytochrom bc1-Komplexes aus Paracoccus denitrificans geben. Absorptionsmessungen zu allen 20 natürlich vorkommenden a-Aminosäuren wurden an wässrigen Lösungen im Spektralbereich von 1800 bis 500 cm-1 durchgeführt und stellten eine wichtige Grundlage zur Identifikation von Signalen der Aminosäuren im Proteinspektrum dar. Durch die Berechnung der molaren Absorptionskoeffizienten aus den Aminosäurespektren konnten Beiträge einzelner Aminosäuren zum Proteinspektrum besser eingeordnet bzw. abgeschätzt werden. Eine detaillierte Untersuchung für die wichtige Aminosäure Histidin, auch mittels zitierten Rechnungen an Modellsubstanzen, diente zur tendenziellen Zuordnung einige dieser Banden in zeitabhängig gemessenen Proteinspektren. Um eine qualitativ hochwertige Aufnahme der elektrochemisch induzierten Redox- Differenzspektren zu gewährleisten, wurde eine Potentiostaten-Ansteuerung konzipiert und programmiert. Die damit automatisiert durchgeführten Messungen ergaben reproduzierbare Differenzspektren für die Ubichinone mit und ohne Isoprenseitenkette (UQ2, UQ0) als auch für das Protein, den Cytochrom bc1-Komplex, bis 880 cm-1. Dies bedeutete eine Erweiterung des Spektralbereichs im Vergleich zu vorigen Arbeiten und damit die Möglichkeit, signifikante Moden der Ubichinole zu detektieren. Zur Untersuchung der komplexen IR-Spektren der Ubichinole wurden ab initio - und Dichtefunktionaltheorie-Rechnungen durchgeführt. Für diese biologisch essentiellen Moleküle waren bislang keine Struktur- oder Normalmodenberechnungen bekannt und wurden in der vorliegenden Studie erstmals erarbeitet. Bei der Analyse der möglichen Geometrien des UQ0H2-Moleküls mittels ab initio - Studien resultierte eine energetisch günstigste Struktur, bei der beide Methoxygruppen aus der Ringebene in verschiedene Raumhälften (vor und hinter dem Ring) wiesen. Dies ergab sich sowohl für Chinole mit als auch ohne Isoprenseitenkette (gezeigt mittels ab initio oder DFT). Diese Anordnung hat zur Folge, dass es als unwahrscheinlich eingestuft werden kann, dass die Ubichinole in übereinander gestapelter Form vorliegen. Die für die Chinole charakteristischen Hydroxygruppen (COH) orientierten sich beim Ubichinol ohne Seitenkette zu den jeweils benachbarten Methoxygruppen hin. Beim UQ2H2 zeigte die C1-OH Gruppe in Richtung der Isoprenseitenkette. Die Strukturen der oxidierten Ubichinone wiesen den aus der Literatur bekannten Mesomerie-Resonanz-Effekt an den Bindungen C4=O, C2=C3 und C-O der Methoxygruppe an C2 auf. Dieser Effekt wurde an diesen Gruppen auch für das Ubichinon mit Isoprenseitenkette gezeigt, zu dem bislang kaum Literaturdaten aus Rechnungen vorlagen. Für biologisch relevante Zwischenstufen im Redox-/Protonierungsprozess der Chinone (Ubichinone ohne Seitenkette) wurden die Strukturen berechnet. Hier erwies sich eine erste Protonierung an der C1O-Gruppe als energetisch günstiger. Zu diesen Zwischenstufen, die teils radikaler oder anionischer Natur sind, wurden die Spektren im Einklang mit bisherigen DFT-Analysen, die meist zu einfacheren Molekülen vorlagen, erstmals berechnet. Da die Spektrenberechnungen von den Strukturen in vacuo ausgingen, waren zusätzliche Modellstudien an Chinonen hilfreich, bei denen ein Wassermolekül benachbart war. Damit konnten die Auswirkungen entsprechender H-Brücken (z.B. zwischen Protein und Chinon- Molekül) anhand der berechneten Spektren der Modelle eingehender beleuchtet werden und ergaben zudem wichtige Hinweise auf mögliche Anordnungen von Wasserstoffbrücken zum (methoxy-substituierten) Chinol. Die Messungen der Ubichinole in wässriger Lösung und gebunden im Protein ergaben charakteristische Banden zwischen 1120 und 1050 cm-1, die mit den Spektrenberechnungen zugeordnet wurden: Diese Banden beinhalteten die für die Bindung der Ubichinole im Protein aussagekräftigen Signale der beiden C-O Gruppen. Damit wurde ein Grundstein gelegt für Interpretationen der Spektren hinsichtlich der Bindungen der Ubichinole an die Proteinumgebung. Für das oxidierte Ubichinon mit Isoprenseitenkette erwiesen sich die Intensitäten der vier str. C=O / C=C Moden im Vergleich zu UQ0 als verändert. Damit lag ein Beitrag einer dieser Moden zu einer Bande im Proteinspektrum nahe. Hier zeigte sich, dass eine Normalmodenanalyse von hoher Qualität, wie die vorliegende mittels Dichtefunktionaltheorie, entscheidende Aussagen über Banden liefern kann, die bei Messungen an Ubichinon-Lösungen nicht unterscheidbar sind, jedoch beim Molekül im Protein sichtbar sein können. Zu den berechneten Spektren der Ubichinole und der oxidierten Formen wurden jeweils Bandenverschiebungen ermittelt, die mit Isotopenmarkierungen einher gingen und die im Einklang mit den gemessenen Verschiebungen im Falle der 13C1- bzw. 13C4-markierten Ubichinone standen. Die Differenzspektren des Cytochrom bc1-Komplexes aus Paracoccus denitrificans zeigten aufgrund des hohen Chinongehalts ausgeprägte Banden der Ubichinole inklusive der erwähnten charakteristischen Moden. Da es in deren Bereich in den Proteinspektren zu Überlagerungen mit Häm- und Aminosäurensignalen kommt, sind weiterführende, experimentelle Studien für ein noch detailliertes Verständnis erforderlich. Die in den Spektren vorhandenen, zahlreichen weiteren Beiträge der verschiedenen Gruppen im Protein wurden anhand von Literaturdaten diskutiert. Dies betraf insbesondere die Schwingungsmoden der Häme und die Amid-Banden, die Signale des Polypeptidrückgrates des Proteins. Für die Spektrendiskussion bzgl. den Aminosäuren im Protein wurden die Ergebnisse aus Kap. 4.1 hinzugezogen. Mit zeitabhängigen IR-Messsungen (alle 30 Sekunden) wurde versucht, Erkenntnisse über weitere Beiträge oder zeitliche Entwicklungen im Proteinspektrum zu gewinnen. Da die Chinone verzögert (zum Anlegen des entsprechenden Potentials) reagierten, waren in Abhängigkeit der Reaktionsrichtung auch Signale anderer Gruppen im Protein messbar. So konnten mehrere Moden der Häme im bc1-Komplex (tendenziell) nachvollzogen werden. Aus diesen Messreihen ergaben sich wichtige Hinweise auf Signale der Histidine am Eisen-Schwefel-Zentrum des Enzyms. Diese Aminosäuren stehen direkt mit den Ubichinolen in der Qo-Bindestelle in Wechselwirkung.

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Metadaten
Author:Martina Wolpert
URN:urn:nbn:de:hebis:30-48046
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Petra HellwigORCiDGND, Maria ValentíORCiDGND
Advisor:Petra Hellwig
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2007/08/27
Year of first Publication:2007
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2007/07/19
Release Date:2007/08/27
Page Number:318
First Page:1
Last Page:300
Note:
Diese Dissertation steht aus urheberrechtlichen Gründen nur im Campusbereich der Universität Frankfurt am Main im Volltext im WWW zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:189963883
Institutes:Physik / Physik
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 53 Physik / 530 Physik
Licence (German):License LogoArchivex. zur Lesesaalplatznutzung § 52b UrhG