Die tektono-metamorphe Entwicklung der sehr niedergradigen paläozoischen Sedimente der Montagne Noire (Südfrankreich)

  • Die Montagne Noire am Südrand des französischen Zentralmassivs gehört in das Vorland der französischen Varisziden. Es handelt sich um einen metamorphen Kemkomplex mit einem Kern ("Axialzone") aus Graniten sowie teilweise migmatisierten Ortho- und Paragesteinen. Die Axialzone wird im Norden ("Nordflügel") und Süden ("Südflügel") von paläozoischen Sedimenten umrahmt. Der Nordflügel wird in die "westlichen Monts de Lacaune" (im Westen) und die "Nördliche Schuppenzone" (im Osten) unterteilt und besteht aus Gesteinen mit kambrischem bis silurischem Alter. Der Südflügel wird von einem Stapel aus mehreren Deckeneinheiten aufgebaut, deren stratigraphisches Alter vom Kambrium bis ins Karbon reicht. Die Deckeneinheiten heißen (von oben nach unten im Stapel): Pardailhan-Decke, Minervois-Decke, Mont Peyroux-Decke, Faugeres-Decke und Parautochthon. Die Montagne Noire repräsentiert den seltenen Fall eines "heißen" metamorphen Kernkomplexes, ist aber auch ein ideales Gebiet für vergleichende methodische Studien der sehr niedriggradigen Metamorphose: unterschiedliche Gesteinstypen (Sand- und Siltsteine, Tonschiefer, verschiedene Karbonate) lassen sich quer zur Metamorphosezonierung vom Bereich der Diagenese bis in die Grünschieferfazies verfolgen. In der vorliegenden Arbeit wurde die tektono-metamorphe Entwicklung der niedriggradigen paläozoischen Sedimente untersucht. Dazu wurde eine flächenhafte Studie der Schichtsilikatentwicklung in den Peliten durchgeführt. Es wurden folgende Methoden angewandt: Kubier Index ("Illitkristallinität"), Arkai-Index ("Chloritkristallinität"), "bo-Index" (zur Bestimmung des geothermischen Gradienten), Polytypie-Untersuchungen, sowie an ausgesuchten Proben Mikrosondenanalytik und Röntgenfluoreszenzanalyse. Femer wurden von K. Wemmer (Göttingen) an einigen Proben K-Ar-Datierungen der Feinfraktionen (<2 mikro m und <0,2 mikro m) durchgeführt, um die Entwicklung auch zeitlich zu erfassen. Die petrologischen und geochronologische Daten wurden zur Deformation in Bezug gesetzt. Dabei wurden sowohl Literaturdaten als auch eigene strukturgeologische Befunde verwendet. Es konnten drei tektono-metamorphe Hauptphasen nachgewiesen werden: Die erste Phase (D1 entspricht dem variszischen Deckenbau. Dabei wurde eine M1-Metamorphose angelegt, die durch den bo-Index als Mitteldruck-Metamorphose charakterisiert werden kann. Das Strukturinventar belegt einen etwa südgerichteten tektonischen Transport während D1. Diese Phase ist in der Nördlichen Schuppenzone sowie im W-Teil der Pardailhan-Decke erhalten. Das Alter dieser Phase konnte in kambro-ordovizischen Gesteinen mit der K-Ar-Methode auf 340 bis 330 Ma datiert werden. Diese Alter zeigen eine gute Übereinstimmung mit Ar/Ar-Datierungen aus den im N angrenzenden grünschieferfaziellen Decken des Albigeois. In den tieferen Decken des Südflügels, die ursprünglich weiter im Süden gelegen haben, kann die D1-Deformation erst nach Ende der Flyschsedimentation an der Grenze Vise/Namur (<320 Ma) stattgefunden haben. Die zweite Phase (D2) entspricht dem Aufstieg des metamorphen Kemkomplexes. Im Kontakt mit dem aufsteigenden, heißen Kern ist der größere Teil der paläozoischen Hüllschichten kinematisch und thermisch geprägt wurden. Dabei sind Strukturen und Mineralbestand von D1 und M1 ganz oder teilweise gelöscht worden. Die Extensions-bedingte penetrative S2-Schieferung ist im größten Teil des Südflügels das dominante Flächensystem: dies gilt für das Parautochthon, die gesamte Faugeres-Decke. den westlichen Teil der Mont Peyroux-Decke, den östlichen Teil der Pardailhan- Decke und wahrscheinlich auch die Minervois-Decke. Der Grad der Mz-Metamorphose, die auch in den westlichen Monts de Lacaune (Nordflügel) die prägende Metamorphose ist, nimmt generell mit zunehmender Entfernung von der Axialzone ab. Der bo-Index belegt Niederdruck-metamorphe Bedingungen. K-Ar-Datierungen aus verschiedenen Decken des Südflügels ergeben für D2/M2 Werte zwischen 310 und 300 Ma. Dieses Altersspektrum entspricht Ar/Ar-Datierungen (etwa 311 bis 303 Ma; synkinematischer Biotit und Muskovit; Maluski et al.1991) aus Scherzonen am S-Rand der Axialzone, die während der Exhumierung angelegt wurden. Die K-Ar-Alter der paläozoischen Decken passen auch sehr gut zu U/Pb-Altem aus Paragneisen (308 Ma, Monazit; Gebauer et al. 1988), Graniten (308 Ma, Monazit) und migmatischen Gneisen (313 Ma; beide Krause et al. 2004) der Axialzone, die eine starke thermische Aktivität zu dieser Zeit belegen. Das dritte metamorphe Ereignis (M3) ist unter Anderem im Stephanbecken von Graissessac, nachgewiesen, das im Zuge der Extensionstektonik (D2) am ENE-Ende der Axialzone entstanden ist. Nach dem bisherigen Kenntnisstand ist diese Metamorphose statisch. Der bo-Index belegt - wie auch bei M2 - eine LP-Metamorphose. Sie wurde vermutlich durch magmatische Instrusionen hervorgerufen. M3 muss jünger sein als das U-Pb-Alter eines Tuffes im tiefen Teil der Stefan-Abfolge (c. 295 Ma). Dazu passen Rb-Sr Mineralisochronen von 292 bis 277 Ma aus zwei benachbarten Granitplutonen. Ähnliche Alter treten auch in Pegmatiten der Axialzone auf. Nicht alle der untersuchten Bereiche können eindeutig einer der drei tektono-metamorphen Hauptphasen zugeordnet werden (St. Gervais-Einheit im NE der Axialzone, östlicher Teil der Mont Peyroux-Decke). Dies liegt vielfach an einer unzureichenden strukturgeologischen Datenlage. Teilweise haben aber auch Alterationsprozesse stattgefunden, welche die K-Ar-Alter verjüngt haben, oder der regionale Metamorphosegrad ist sehr niedrig. Schließlich ist in schwach anchimetamorphen oder nur diagenetisch beeinflussten Gesteinen die bo-Index-Methode nicht anwendbar. Insgesamt bestätigen die regionalen Untersuchungen das Bild eines heißen Gneiskerns, der während seines Extensions-bedingten Aufstieges seine Hüllschichten syntektonisch aufheizt. Zusätzlich zur geodynamischen Fragestellung wurden in dieser Arbeit auch methodische Aspekte verfolgt. Der Schwerpunkt lag hierbei auf der Untersuchung der K-Na-Verteilung in den Illiten bzw. Muskoviten. Es hat sich gezeigt, dass einige Proben Paragonit und/oder K/Na-Illit rührten. Diese Minerale stören die Bestimmung der Illitkristallinität im Röntgendiffraktogramm, da sich ihre Peaks mit denen des Illit überlagern. Es wurden daher verschiedene "Peak-Fittings" durchgeführt, bei denen sich zum einen zeigte, dass der 10 A-Peak besser für das Fitting von Illit und diskretem Paragonit geeignet ist als der 5 A-Peak. Es wurde zudem festgestellt, dass es nur schwer oder gar nicht möglich ist, Illit und eine K/Na-Phase mit einer zufriedenstellenden Qualität zu fitten. da die Peakmaxima zu nahe beieinander liegen. Eine Mikrosondenanalyse (teilweise auch Mikrosonden- Mapping) der betreffenden Proben zeigte, wie unterschiedlich die K-Na-Verteilung in den Illiten im anchimetamorphen Bereich sein kann. Es wurden diskrete Mineralphasen, eine domänenartige Verteilung und auch relativ homogene Mischkristalle beobachtet.
  • The Montagne Noire at the southern margin of the French Massif Central is a metamorphic core complex in the foreland of the French Variscides. The core of the structure (Zone Axiale) consists of granites and migmatic ortho- and paragneisses. The Zone Axiale is bounded to the N (N flank) and to the S (S flank) by Palaeozoic Sediments. The N flank is subdivided into the "Westem Monts de Lacaune" (in the W) and the "Northem Imbricate Zone" (to the E). The N flank consists of Cambrian through to Silurian sedimentary rocks. The S flank originated as a pile of nappes composed of Cambrian through to Early Namurian sedimentary rocks. These nappes are (in order from top to bottom): Pardailhan, Minervois, Mont Peyroux, Faugères and Parautochthon. The Montagne Noire is not only an example of a hot metamorphic core complex, but also very well suited for methodological studies: various rock units can be traced, across the metamorphic zonation. from diagenetic into greenschist grade. The present study deals with the tectono-metamorphic evolution of the very-low-grade mantle of the Zone Axiale. It is based upon an areally extensive survey of phyllosilicate evolution in metapelites. The methods applied comprise the Kübler Index ("illite crystallinity"), the Árkai Index ("chlorite crystallinity"), the bo index as a proxy of the geothermal gradient, analysis of polytypes, and - in part of the samples - microprobe and X-ray fluorescence. K-Ar age determinations of fine fractions (<2 micro m and <0,2 micro m) were carried out by K. Wemmer (Göttingen). Correlation between deformation and metamorphism is based upon literature data as well as upon new observations. It is possible to define three stages of the tectonometamorphic evolution: The first phase (Dl) corresponds to Variscan folding and southward-directed nappe stacking. bo data reveal a medium-pressure regime for the accompanying M1 metamorphism. D1/M1 are preserved on the N flank and in the western part of the Pardailhan nappe. K-Ar-ages document cleavage formation at 340-330 Ma, which corresponds to cooling ages of the greenschist-grade Albigeois nappes adjacent to the N. In the lower nappes of the S flank, D1/M1 post-date the termination of flysch Sedimentation at about the Viséan/Namurian boundary (<520 Ma). The second phase (D2i) corresponds to the exhumation and uplift of the Zone Axiale. Decrease of M2 with increasing distance from the Zone Axiale demonstrates that the hot core has effected syntectonic metamorphism in most of the Palaeozoic mantle. Structures, fabrics and metamorphic Parameters acquired during D1/M1 were largely overprinted by D2/M2. The extensional S2 cleavage is the dominant fabric in most of the S flank (Parautochthon, Faugères, western Mont Peyroux, eastern Pardailhan, and probably also the Minervois). M2 is also the dominant metamorphism in the westem Monts de Lacaune on the N flank. K-Ar dating from various parts of the S flank yields ages of 310 and 300 Ma for D2/M2. This agrees with Ar-Ar ages from the literature, which date extensional shear zones at the southem flank of the Zone Axiale at c. 311 to 303 Ma (Maluski et al. 1991). Thermal activity during this time span is documented by U-Pb ages from the Zone Axiale (308 Ma, monazite, paragneiss. Gebauer et al. 1988; 308 Ma, monazite, granite; 313 Ma, monazite, migmatic gneiss. both Krause et al. 2004). A third metamorphic event (M3) is documented in the Stephanian Graissessac Basin, which was formed at the eastem termination of the Zone Axiale during a late stage of the D2 extension. In these Sediments, M3 is static and was formed - according to bo indices - in a low-pressure environment. These features suggest contact metamorphism caused by a magmatic body. M3 must post-date the U-Pb zircon age of a felsic tuff in the basal part of the Stephanian sequence (c. 295 Ma). This is compatible with Rb-Sr mineral isochrons of 292 to 277 Ma in late micas of nearby granite plutons. Similar ages are also known from the Zone Axiale. In some parts of the study area, it has proved impossible to identify the main tectono-metamorphic event with certainty (St. Gervais Unit NE of the Zone Axiale, eastem Mt. Peyroux unit). This is partly due to a lack of detailed structural studies. In other areas, alteration processes have caused younging of the K-Ar ages. Lastly, the bo parameter is not applicable in the lower anchizone or diagenetic stage. Taken altogether, the regional studies confirm the model of a hot gneissic core, which effects, during its extensional uplift, syntectonic metamorphism in its mantle. In addition to the geodynamic problem, the present study also addresses methodological questions. Stress was laid on the distribution of K and Na in the illites and muscovites. It tumed out that some samples contain paragonite and/or K/Na-illite. These phases impede the determinatioin of illite crystallinity, since their peaks overlap with those of illite. Various attempts ofpeak fitting revealed that the 10 A peak is easier to correct than the 5 A peak. Fitting of co-existing illite and K/Na-illite tumed out to be very difficult or impossible, because the peaks lie too close together. Microprobe studies (partly microprobe mapping) of such samples revealed the the distribution of K and Na in anchimetamorphic illites is highly variable: some samples are homogeneous mixtures, while others reveal domains ofdifferring composition, or else areally separate discrete phases.

Download full text files

Export metadata

Additional Services

Share in Twitter Search Google Scholar
Metadaten
Author:Michael Patrick Doublier
URN:urn:nbn:de:hebis:30-46350
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Wolfgang Franke, Helmut Echtler, Sébastian Potel
Advisor:Wolfgang Franke
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2007/07/11
Year of first Publication:2007
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2007/07/04
Release Date:2007/07/11
Tag:Chloridkristallinität; EMPA; Illitkristallinität; K-Ar Geochronologie; Montagne Noire; b0-Index; sehr niedergradige Metamorphose
EMPA; K-Ar dating; Montagne Noire; b0 parameter; chlorite crystallinity; illite crystallinity; very low-grade metamorphism
Page Number:335
First Page:1
Last Page:323
HeBIS-PPN:188598855
Institutes:Geowissenschaften / Geographie / Geowissenschaften
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 55 Geowissenschaften, Geologie / 550 Geowissenschaften
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht