Die Kirche von Lyon im Karolingerreich : Studien zur Bischofsliste des 8. und 9. Jahrhunderts

  • In der Geschichte der Kirche von Lyon, die zu den ältesten Gemeinden der westlichen Christenheit gehört, markieren die Pontifikate von Leidrad und Agobard einen besonderen Höhepunkt. Auf einer Bischofsliste, die über 1800 Jahre eine Vielzahl berühmter Namen verzeichnet, stehen sie für die Restauration des materiellen und geistlichen Lebens zu Zeiten Karls des Großen und Ludwigs des Frommen. Lyon sollte nach ihren Vorstellungen zur norma rectitudinis für ein karolingisches Bistum werden; vor allem Agobard erhob damals mit seiner Theologie der Reichseinheit Anspruch auf geistige Führerschaft im fränkischen Imperium. Von hier aus wurde das Ideal einer Eingliederung aller Gläubigen in das Corpus Christi, in eine Concorporatio propagiert, die ihre Entsprechung auf Erden im karolingischen Reich finden sollte. Doch scheint Agobards theologisch-politisches Werk, vor einigen Jahren von E. Boshof unter diesem Leitaspekt eindrucksvoll dargestellt und durch L. van Acker in einer modernen Edition erschlossen, auch von konkreten Erfahrungen in seiner Heimat und besonders in Lyon geprägt; ja der Gedanke der Reichseinheit erst recht verständlich vor dem Hintergrund der Geschichte des Lyoner Bistums im 7. und 8. Jahrhundert. Vermutlich aus Septimanien stammend und von westgotischer Herkunft, lebte Agobard schon seit 792 in Lyon und hatte mithin in den Jahrzehnten vor seinem Pontifikatsantritt die Diözese. teilweise im Amt des Chorbischofs, sehr gut kennengelernt - ebendieser, von Boshof bereits skizzierte Rahmen soll hier nun näher untersucht und in größere Zusammenhänge gerückt werden: Ein Versuch, durch Rückschau auf das spätmerowingische und frühkarolin ische Zeitalter wie im Ausgriff auf das weitere 9. Jahrhundert im Zeichen der Spätkarolinger und Bosonen das markante Profil eines Zentralbistums in Zänkischer Randprovinz hervortreten zu lassen, jene unverwechselbare Eigenart zu verdeutlichen, welche die Kirche von Lyon zwischen Reich und Krone bis ins Hochmittelalter zu behaupten vermochte und die Regierung eines Leidrad und Agobard wiederum zur Ausnahme steigert, zugleich aber auch in ihrer Bedeutung reduziert. Damit betritt diese Studie, die sich auch als Vorarbeit zur Liste der Bischöfe von Lyon im Rahmen der Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis versteht, gewisses Neuland. Denn in den materialreichen »Recherches sur l'histoire de Lyon du Ve sikcle au IX' siecle« von A. Coville und in den stadt- und kirchengeschichtlichen Darstellungen von A. Steyert, A. Kleinclausz und R. Fidou steht dieser Aspekt ebensowenig im Vordergrund wie in dem - thematisch ja anders akzentuierten - Werk von E. Boshof oder der Bonner Dissertation von H. Gerner über das frühmittelalterliche Lyon. ...

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Metadaten
Author:Heribert Müller
URN:urn:nbn:de:hebis:30-51788
Parent Title (German):Historisches Jahrbuch
Publisher:Alber
Place of publication:München ; Freiburg
Document Type:Article
Language:German
Date of Publication (online):2008/01/15
Year of first Publication:1987
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2008/01/15
Volume:107
Page Number:29
First Page:225
Last Page:253
Source:Historisches Jahrbuch München 107 (1987), S. 225–253
HeBIS-PPN:194888568
Institutes:Philosophie und Geschichtswissenschaften / Geschichtswissenschaften
Dewey Decimal Classification:9 Geschichte und Geografie / 94 Geschichte Europas / 940 Geschichte Europas
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht