"Unzucht mit schönen jungfräulichen Gedanken" : E.T.A. Hoffmann als Zeremonienmeister der versprengten Leidenschaft
- Das Verschwinden des Autors und die Spaltung des Textes in zwei Teile, einen offiziellen Strang, der die "Lebensansichten des Katers Murr" wiedergibt und einen fragmentarischen, der die "Biografie des Kappellmeisters Kreisler" enthält, stellen die erzähltechnischen Vorgaben E.T.A. Hoffmanns zu seinem Spätwerk dar. Kunstgriff und formales Experiment zugleich, sind sie Ausdruck der Prämissen seiner Ästhetik (auch oder gerade wenn Hoffmann nicht als Theoretiker gilt) und eines hochpotenziert subversiven Denkens (das leider allzu oft als biographischer Reflex abgetan wird). Anstelle der üblichen Präsentation und einleitenden Begründung zur Entstehungsgeschichte des Buches gelingt es Hoffmann im "Vorwort des Herausgebers" zu den "Lebensansichten des Katers Murr" durch mehrfache Täuschung und artifizielle Verwirrspiele um Erzähler, Herausgeber und Autor, den Ursprung des Textes mit jedem weiteren Baustein zu seiner Legitimation zum Verschwinden zu bringen.