Der Film in der Psychiatrie von 1920 bis 1951 am Beispiel von Karl Kleist

  • Das Ziel dieser Arbeit ist eine Darstellung der Etablierung des Films im Bereich der Medizin auf Universitätsebene am Beispiel von Prof. Karl Kleist, Leiter der Psychiatrie in Frankfurt am Main von 1920 bis 1950. Als Primärquellen wurden Akten, Briefe und Filme der Frankfurter Psychiatrie aus der damaligen Zeit gesichtet und ausgewertet. Zusammen mit den Sekundärquellen über Kleist und der Darstellung der politischen Rahmenbedingungen in diesem Zeitraum bildet dies die Grundlage der hier vorliegenden Arbeit. Kleist wurde am 31.Januar 1879 in Mühlhausen im Elsass geboren. Nach dem Medizinstudium in Straßburg, Heidelberg, Berlin und München begann er seine Arbeit 1903 als Assistenzarzt in Halle. Hier lernte er Carl Wernicke kennen, der ihn in seinem weiteren wissenschaftlichen Denken und Vorgehen stark prägte. Es entstand eine neue wissenschaftliche Schule, später bekannt als Wernicke- Kleist- Leonhard- Schule. Nach seiner fünfjährigen Assistenzarztzeit in Halle arbeitete er vorübergehend an Edingers Neurologischem Institut in Frankfurt am Main und im hirnpathologischanatomischen Laboratorium Alzheimers in München innerhalb der Klinik von Emil Kraepelin. Danach wechselte er als Oberarzt an die Nervenklinik in Erlangen, wo er bis 1914 arbeitete. Während des ersten Weltkrieges wurde er in einem Kriegslazarett eingesetzt. Dort sammelte er viele Erfahrungen mit Hirnverletzten. 1916 wurde er Direktor der Psychiatrie in Rostock. 1920 folgte er einem Ruf nach Frankfurt am Main. Kleist wurde Leiter der Städtischen und Universitätsklinik für Gemüts- und Nervenkranke in Frankfurt am Main. Auch nach seiner Emeritierung 1950 war er dort weiter wissenschaftlich tätig. Während der Zeit in Frankfurt am Main förderte er den Film als Lehr- und Forschungsmittel. Zu Beginn wurde er von privaten Stiftungen gefördert, später baute er einen Kontakt zum Medizinisch-Kinematographischen Universitätsinstitut in Berlin auf. Dieses arbeitete eng mit dem Verlag Wissenschaftlicher Filme zusammen. Mit Hilfe dieses Verlages stellte er viele Filme her; als Gegenleistung bekam der Verlag unter anderem die Negative seiner Aufnahmen. Nach dem Konkurs des Verlages kaufte die Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Filme einen Großteil der Konkursmasse und damit auch Kleists Filme auf. Aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse konnte das Unternehmen jedoch nicht florieren. Kleist wollte seine aufgenommenen Filme aber wissenschaftlich nutzbar machen und ein umfassendes Archiv von psychiatrischen und neurologischen Filmen erstellen. Kaufen konnte er das Material aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten nicht. Er schaffte es allerdings, seine Filme bei der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Filme zu vereinen und sie teilweise wissenschaftlich zu nutzen. Bald darauf wurden diese Bestände jedoch von der neu gegründeten Reichsstelle für den Unterrichtsfilm übernommen. Einerseits entsprach diese Zentralisierung Kleists Vorstellungen in Bezug auf eine bessere Übersicht und Nutzung der Filme seines Fachgebietes, andererseits stellte er aber ein fragwürdiges wissenschaftliches Interesse der Reichsstelle für den Unterrichtsfilm fest. Nach dem Krieg erlangte er über viele Umwege den Großteil seiner Filme zurück. Darunter befand sich der in dieser Arbeit exemplarisch analysierte Katatoniefilm. Die Fertigstellung der Filme benötigte damals oft Jahre. Wissenschaftliche Filme mit einer Länge von 15-20 Minuten mit mehreren Sequenzen benötigten bis zur Fertigstellung teilweise über zehn Jahre. Die Gründe hierfür waren vielschichtig. Abgesehen von den technischen Problemen waren Aufnahmen aufwändig und teuer. In die Planung mussten sehr viele Ressourcen investiert werden. Patienten mit seltenen Krankheiten waren für Aufnahmen nicht immer verfügbar und die wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten wie Wirtschaftsdepression und Krieg verminderten die Realisationschancen. Trotz dieser widrigen Umstände schaffte es Kleist eine beachtliche Anzahl an Filmen herzustellen und das Filmwesen zu fördern. Prof. Karl Kleist war ein Gründer des psychiatrischen und neurologischen Films. Er hatte das große Ganze im Blick und strebte stets danach seine Ideale auch im Detail zu verwirklichen.
  • The purpose of this dissertation is a description of the development of the film as a new medium in medicine at university level using the example of Professor Karl Kleist, head of psychiatry in Frankfurt am Main from 1920 to 1950. Primary sources for this project were files, letters and films from the archive of the psychiatry in Frankfurt am Main. Together with the secondary sources about Karl Kleist and the representation of the political conditions in this period this forms the fundament of this dissertation. Karl Kleist was born on the 31st of January, 1879 in Mulhouse in Alsace. After studying medicine in Strasbourg, Heidelberg, Berlin and Munich he started working as a medical assistant in Halle in 1903. Here he got to know Carl Wernicke who impressed him with his way of thinking and acting. A new scientific school originated, later known as Wernicke-Kleist-Leonhard-school. After spending five years in Halle he worked temporarily in “Edingers Neurologisches Institut” in Frankfurt am Main and in the brain pathologicalanatomical laboratory of Alzheimer in Munich within the clinic of Emil Kraepelin. He moved on to become a senior physician to neuropathic hospital in Erlangen, where he worked until 1914. During the First World War he worked in a battlefield hospital where he gained a lot of experience with persons suffering from a brain injury. In 1916 he became the director of the psychiatry in Rostock. In 1920 he followed a call to Frankfurt. Professor Karl Kleist became the leader of the „Städtische und Universitätsklinik für Gemüts und Nervenkranke“ in Frankfurt am Main where he also pursued his academic studies after his retirement in 1950. During the time in Frankfurt am Main he promoted film as a tool for teaching and research means. At the beginning he was assisted by private endowments, later he established a contact with the “Medizinisch-Kinematographisches Universitätsinstitut” in Berlin that worked closely with the “Verlag Wissenschaftlicher Filme“. With the help of this publishing company he produced many films and as a consideration, among the rest, the publishing company got the negatives of his films. After the bankruptcy of the publishing company, the “Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Filme” bought up a large part of the estate and with it also Kleists films. Due to severe economic conditions, the enterprise failed to prosper. However, Kleist wanted to utilise his recorded films academically and provide a comprehensive archive of psychiatric and neurological films. He could not buy the material due to a lack of funds, but he united his films at the German society for scientific films and was able to use part of them. Nevertheless, soon afterwards the films were taken over from the “Reichsstelle für den Unterrichtsfilm”. On the one hand the centralisation of the films corresponded with Kleist’s ideas of a better overview and use of the scientific films, but on the other hand, he was concerned by the questionable scientific interest of the “Reichsstelle für den Unterrichtsfilm”. After the war he struggled to get his films back but finally managed to gather most of them. The “Katatoniefilm” is one of the preserved films. At the beginning of the last century, the completion of the films often needed many years. It could take more than ten years to finish a scientific film with a length of 15-20 minutes including several sequences. There were numerous reasons for this. Apart from technical problems, shots were complicated and expensive, which is why a lot of resources had to be invested in the planning. Patients with rare illnesses were not always available for shots and the economic and political circumstances such as economic depression and war decreased the chances of realisation. Despite these adverse circumstances Kleist produced a substantial number of films and promoted film as new important medium. Karl Kleist was one of the founders of psychiatric and neurological film. He always kept the big picture in mind whilst pursuing his aims in fine detail.

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Metadaten
Author:Stephan Christoph Erwin Dettmer
URN:urn:nbn:de:hebis:30-94195
Referee:Konrad MaurerGND, Helmut Siefert
Advisor:Konrad Maurer
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2011/03/30
Year of first Publication:2010
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2011/01/07
Release Date:2011/03/30
Page Number:126
Note:
Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:425183807
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Sammlungen:Universitätspublikationen
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