Cholinerge und GABAerge Modulationen der Frequenzselektivität und zeitlichen Abstimmung im primären auditorischen Kortex der Wüstenrennmaus (Meriones unguiculatus)

Cholinergic and GABAergic modulations of frequency selectivity and timing in primary auditory cortex of the gerbil (Meriones unguiculatus)

  • In der vorliegenden Studie wurde der modulierende Einfluss von Acetylcholin auf die Frequenzabstimmung der Neurone im primären Hörkortex untersucht. Im primären Hörkortex von betäubten Wüstenrennmäusen (Meriones unguiculatus) wurden Einzel- und Mehrzellableitungen in Elektrodenpenetrationen senkrecht zur Kortexoberfläche durchgeführt und die Antworteigenschaften der Neurone vor und während der iontophoretischen Applikation von Acetylcholin, dem Agonisten Carbachol bzw. dem muskarinischen Antagonisten Atropin gemessen. Bei rund der Hälfte der gemessenen Neurone konnte ein cholinerger Einfluss auf die Frequenz-Antwortbereiche gemessen werden. Dabei können sich die Frequenz-Antwortbereiche unter dem Einfluss von Acetylcholin sowohl vergrößern als auch verkleinern, so dass für die gesamte Neuronenpopulation keine signifikante gerichtete Veränderung auftrat. Bereits bei den niedrigsten verwendeten Dosen von Acetylcholin waren maximale Effekte zu beobachten. Cholinerge Einflüsse in Form von Veränderungen der Frequenz-Abstimmkurven von Neuronen konnten in allen kortikalen Schichten gemessen werden. Im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit werden die neuronalen Antworten auf repetitive Schallereignisse, d.h. einfache zeitliche Muster, beschrieben. Für die Versuche wurden drei unterschiedlich zeitlich strukturierte Reize ausgewählt. Es handelte sich um sinusamplituden-modulierte (SAM) Reize, sowie repetitive Ton- und Rauschpulse. SAM Reize und repetitive Tonpulse ähnelten sich in ihrem Frequenzgehalt. Die repetitiven Ton- und Rauschpulse wiesen ein identisches zeitliches Muster auf, das sich von SAM Reizen unterschied. Es wurden sowohl die Wiederholfrequenzen, als auch an der besten Wiederholfrequenz die Schalldruckpegel systematisch verändert. Zusätzlich erfolgte die iontophoretische Applikation von Bicucullin (BIC), um den möglichen Einfluss schneller GABAerger Inhibition zu ermitteln. Während die neuronale Aktivitätsrate mit höheren Wiederholfrequenzen annähernd konstant blieb, war die Stärke der zeitlichen Synchronisation der neuronalen Aktivität von der jeweiligen Wiederholfrequenz des repetitiven Reizes abhängig. Die zeitliche Synchronisation der neuronalen Aktivität sank in der Mehrheit der Neurone mit steigender Wiederholfrequenz drastisch ab (Tiefpasscharakteristik) und nur in einem Bruchteil der Neurone fanden sich einzelne Wiederholfrequenzen, die eine maximale Synchronisation auslösten (Bandpasscharakteristik). Die kortikalen Neurone zeigten unabhängig vom benutzten Reiztyp ein gutes neuronales Folgeverhalten auf repetitive Schallreize bis zu Wiederholfrequenzen von 15 – 30 Hz, mit besten Wiederholfrequenzen von 5 -10 Hz. Unter dem Einfluss von BIC war eine deutliche Veränderung der neuronalen Aktivitätsrate zu erkennen. Diese hatte jedoch weder einen Effekt auf die Synchronizität, noch auf die Repräsentation der Reiztypen. Eine einfache Inhibition im auditorischen Kortex fällt damit als Erklärung für die gemessenen neuronalen Aktivitätsmuster aus. In der realen Umwelt können komplexe akustische Reize in sehr unterschiedlichen Schallintensitäten auftreten. Die reizsynchronisierte neuronale Aktivität erlaubt, ein zeitliches Muster innerhalb eines komplexen Reizes zu kodieren. Es wurde untersucht, inwieweit diese zeitliche Kodierung von der Schallintensität abhängt und inwieweit schnelle GABAerge Inhibition darauf einwirkt. Es fand sich kein Zusammenhang zwischen der allgemeinen neuronalen Aktivitätsrate oder der neuronalen Synchronizität in Abhängigkeit vom Schalldruckpegel. Allerdings konnte bei verschiedenen Neuronenpopulationen ein unterschiedliches Verhalten in der Synchronisation mit höheren Schalldruckpegeln bei Stimulation der Neurone mit SAM Reizen und repetitiven Tonpulsen festgestellt werden, das im Hinblick auf die sich verändernde Flankensteilheit bei höheren Schalldruckpegeln und den daraus resultierenden veränderten Interstimulusintervallen diskutiert wird. Die Ergebnisse aus den Experimenten mit BIC und variierenden Schalldruckpegeln zeigten im Mittel keinen Einfluss der kortikalen Inhibition auf die Abhängigkeit der neuronalen Aktivitätsrate und der Synchronisation vom Schalldruckpegel. Allerdings fanden sich im Einzelfall Änderungen in der Synchronisation auf SAM Reize unter BIC. Insgesamt scheint der Einfluss der kortikalen Inhibition auf Veränderungen der neuronalen Antwort im Zusammenhang mit variierenden Schalldruckpegeln gering bzw. nicht vorhanden zu sein.
  • In this PhD thesis cholinergic and GABAergic influences on neurons of the primary auditory cortex of the gerbil were investigated. Extracellular recordings in the gerbil primary auditory cortex were performed under anaesthesia and acoustic stimuli were presented under free field conditions. In a first approach the tuning curves of cortical neurons were electrophysiologically monitored during iontophoretic application of pharmacological substances, namely acetylcholine, carbachol and atropin, and compared to the tuning curves before iontophoresis. Tuning curves could change in size, mainly in the frequency range. Smaller as well as increased tuning curves were found in half of the number of measurements, independently of the cortical layer. Additionally the neuronal firing in cortical neurons synchronized to temporal features of acoustic stimuli were investigated. As temporally structured stimuli sinusoidally amplitude-modulated signals, repetitive tone pips and click stimuli were used. In general slow repetitions rates up to 30 Hz were well represented in the temporal firing pattern of primary auditory cortical neurons. No strong differences were found between the different stimulus types when sound intensity was set to a specific value and only the repetition rate changed. However synchronisation of neuronal activity was strongly influenced by varying sound intensity in a range well inside the tuning curve for a fixed best repetition rate. Four distinct classes of neurons could be classfied according to their firing pattern in response to stimuli type and sound intensity. Bicucullin, a GABA antagonist, changed overall neuronal activity tremendously, but had no influence on synchronisation of neuronal activity. So the underlying mechanismen for the observed changes in synchronisation of neuronal activity are not based on a simple inhibitory filter mechanism, but must be more complex.

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Metadaten
Author:Dagmar Isheim
URN:urn:nbn:de:hebis:30-61028
Referee:Manfred KösslORCiD
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2008/12/23
Year of first Publication:2008
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2008/10/24
Release Date:2008/12/23
Tag:Schallintensität; repetitive Tonpulse
Acetylcholin; GABA; auditory cortex; frequency-time analysis; gerbil; intensity; repetitive tone pips
GND Keyword:Hörrinde; Mongolische Rennmaus; Zeit-Frequenz-Analyse; Aminobuttersäure <gamma->; Acetylcholin; Amplitudenmodulation; Elektrophysiologie
HeBIS-PPN:20781161X
Institutes:Biowissenschaften / Biowissenschaften
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 57 Biowissenschaften; Biologie / 570 Biowissenschaften; Biologie
Sammlungen:Sammlung Biologie / Biologische Hochschulschriften (Goethe-Universität)
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht