Die Relevanz der Zuschreibung von "Hochbegabung" in der Biografie von besonders begabten Erwachsenen

  • Mit dieser Arbeit konnten erstmalig Erkenntnisse über "hochbegabte" Erwachsene gewonnen werden, die bisher entweder nicht untersucht wurden oder aber hinter dem Schleier der Mystifizierung im Verborgenen blieben. Eine der wichtigsten Erkenntnis dieser Arbeit ist entgegen der Darstellung vieler Publikationen zu diesem Thema, dass die Zuschreibung von "Hochbegabung" nicht grundsätzlich biografisch relevant ist. Vielmehr ist die Relevanzeinstufung von "Hochbegabung" von entsprechenden Dispositionen und Ausprägungen mit ihren spezifischen Wirkungsmechanismen im Lebensablauf abhängig, die je nach Zusammenspiel in eine non-exklusive oder in eine exklusive "Hochbegabtenidentität" münden. Eine Normalitätserfahrung – und das ist die weitere wichtige Erkenntnis dieser Untersuchung – ist für eine non-exklusive "Hochbegabtenidentität" die notwendige Voraussetzung. Erst dadurch relativiert sich die durch die Zuschreibung bedingte Abgrenzung von Anderen. In diesem Zusammenhang erstaunt es nicht, dass ein kooperatives und annehmendes Umfeld gute Voraussetzungen für einen positiven Umgang mit der Begabung und somit auch für die Gelegenheit der Normalitätserfahrung gute Voraussetzungen liefert. Zu der vieldiskutierten Frage, ob eine vermutete "Hochbegabung" formal getestet und schließlich zertifiziert werden soll, kann somit auf Grundlage der Analyse nach der Marnier des Biografieforschers mit einem "je nach Lebenslage" Stellung genommen werden: Fühlt sich die betreffende Person mit der gegebenen Situation wohl und hat keine gravierenden, die weitere Identitätsentwicklung behindernde Schwierigkeiten und erfährt sich die besonders begabte Person als normal, so ist kritisch nach dem Nutzen einer Zuschreibung von "Hochbegabung" zu fragen. Nimmt sich die Person jedoch als ständiger Außenseiter wahr und resultieren daraus aufgrund des geringen Selbstwertes maßgebliche Schwierigkeiten in alltäglichen Situationen, so könnten die mit einer formalen Zuschreibung verbundenen Zutrittsmöglichkeiten zu entsprechenden Fördermaßnahmen durchaus eine Möglichkeit sein, Personen mit ähnlichen Erfahrungen kennenzulernen. Um diese Frage jedoch zufriedenstellend beantworten zu können, sind weitere, auf diese Frage zentrierte Untersuchungen notwendig. Ebenso sind ergänzend weitere Untersuchungen zur Identitätskonstruktion von per Zuschreibung ‚Hochbegabten’ unerlässlich, da die Methode des autobiografisch-narrativen Interviews hierbei an ihre Grenzen stößt (vgl. voriges Kapitel 8.6). Um das Moment der Etablierung einer Denkstruktur der "binären Schematisierung" und ihre Wirksamkeit zu erforschen, bedarf es unter anderem neurowissenschaftlichen Wissens, welches in dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden konnte. Dennoch konnte anhand der Interviewtechnik des autobiografisch-narrativen Interviews erst die persönliche Relevanz der Zuschreibung von ‚Hochbegabung’ in den Biografien herausgearbeitet werden.

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Metadaten
Verfasserangaben:Daniela Peterhoff
URN:urn:nbn:de:hebis:30-77228
Betreuer:Dieter Nittel
Dokumentart:diplomthesis
Sprache:Deutsch
Datum der Veröffentlichung (online):11.05.2010
Jahr der Erstveröffentlichung:2007
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Titel verleihende Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Datum der Freischaltung:11.05.2010
HeBIS-PPN:223690929
Institute:Erziehungswissenschaften / Erziehungswissenschaften
DDC-Klassifikation:3 Sozialwissenschaften / 30 Sozialwissenschaften, Soziologie / 300 Sozialwissenschaften
Sammlungen:Universitätspublikationen
Lizenz (Deutsch):License LogoDeutsches Urheberrecht