TY - THES A1 - Böhm, Martina T1 - Ein neuartiges Verfahren für den Nachweis der VonWillebrand-Faktor-spaltenden Proteaseaktivität von ADAMTS-13 und dessen klinische Anwendung bei Patienten mit thrombotisch thrombozytopenischer Purpura (TTP) und bei Patienten mit anderen Erkrankungen T1 - A new technique for measuring the von Willebrand factor cleaving activity of ADAMTS-13 and its clinical application in patients with thrombotic thrombocytopenic purpura (TTP) and in patients with other disorders N2 - Die thrombotisch thrombozytopenische Purpura (TTP) ist ein schweres, heterogenes Syndrom, bei welchem es zu einer lebensbedrohlichen, disseminierten Mikrothrombosierung in den arteriellen Kapillaren kommt. Bei Patienten mit TTP wurde 1997 erstmalig ein Mangel an der Von Willebrand Faktor (VWF)-spaltenden Protease entdeckt. Diese Protease wurde 2001 als ein neues Mitglied der "a disintegrin and metalloprotease with thrombospondin motifs"-Familie identifiziert und als ADAMTS-13 bezeichnet. Der ADAMTS-13-Mangel soll eine Anreicherung großer VWF-Multimere verursachen, welche für die pathologische Thrombenbildung bei Patienten mit TTP verantwortlich gemacht wird. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde zunächst ein neuartiges Verfahren zur Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität entwickelt. Mittels des neuen Verfahrens wurde die Bedeutung von ADAMTS-13 in der Pathophysiologie der erworbenen TTP und in der Genese anderer Erkrankungen untersucht. Bei der hier entwickelten Methode wird eine beliebige Testprobe mit einem ADAMTS-13-freien VWF-Substrat versetzt und nach entsprechender Inkubation die ADAMTS-13-Aktivität ermittelt, indem der Abfall der VWF-vermittelten Aggregation von Thrombozyten gemessen wird. Das neuartige Verfahren zeigt eine gute Reproduzierbarkeit und wurde durch extensiven Vergleich mit der herkömmlichen Immunoblotting-Methode validiert. Zudem wurde die Richtigkeit der Methode durch erfolgreiche Teilnahme an einer internationalen Multicenterstudie bestätigt. Die neue Methode ist im Gegensatz zu den herkömmlichen Verfahren im klinisch-diagnostischen Routinelabor anwendbar, da das Verfahren auf der Verwendung eines routineerprobten, automatisierten Testes zur Bestimmung der VWF:Ristocetin-Kofaktor-Aktivität beruht. Der Test ist bei hohem Probendurchsatz schnell und einfach durchführbar und benötigt keine spezielle Laborausrüstung oder besondere Expertise. In den untersuchten Patientenkollektiven war der schwere ADAMTS-13-Mangel mit einer Spezifität von 100% und einer Sensitivität von 89% mit einer akuten TTP korreliert. Bei 85% der Plasmaproben mit hochgradig erniedrigter ADAMTS-13-Aktivität konnte in vitro eine inhibitorische Aktivität gegen ADAMTS-13 detektiert werden. Die Plasmapherese-Therapie (PP-Therapie) führte in 75% der untersuchten TTP-Episoden zu einer letztendlichen Eliminierung des Inhibitors mit einer korrespondierenden Erhöhung der ADAMTS-13-Aktivität. Der Anstieg der ADAMTS-13-Aktivität war in diesen Fällen eng mit dem Anstieg der Thrombozyten assoziert. In 15% der untersuchten Episoden führte die PP-Therapie zu einer Erniedrigung des Inhibitortiters ohne messbare Rekonstitution der ADAMTS-13-Aktivität. Bei 10% der untersuchten Episoden kam es unter PP-Therapie zu einem permanenten Anstieg des Inhibitortiters. Trotz fehlender Rekonstitution der ADAMTS-13-Aktivität in den letztgenannten Fällen induzierte die PP-Therapie eine klinische Remission. Zwei Patienten zeigten nach Splenektomie bzw. Rituximab-Gabe ohne nachweisbare Rekonstitution der ADAMTS-13-Aktivität ebenfalls eine konsistente, klinische Remission. Die Ergebnisse zeigen, dass die in vitro gemessene ADAMTS-13-Aktivität die pathophysiologisch wirksamen Prozesse der akuten TTP nicht immer eindeutig erklären. Dies weist auf bislang unentdeckte pathogene Mechanismen hin. Zudem könnten die derzeit gängigen Methoden zur Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität (einschließlich des hier entwickelten Verfahrens) die tatsächliche in vivo VWF-Proteolyse durch ADAMTS-13 nicht ausreichend widerspiegeln. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass ein ADAMTS-13-Mangel als ein Risikofaktor, und nicht als der alleinige Auslöser, für die akute TTP betrachtet werden sollte. Die Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität bei den unterschiedlichsten hämatologischen Erkrankungen offenbarte eine moderat erniedrigte ADAMTS-13-Aktivität in einer Vielzahl von schweren, zumeist intensivpflichtigen Erkrankungen. Bei einigen Patienten konnte nachgewiesen werden, dass sich die ADAMTS-13-Aktivität in Remission normalisiert. Daraus lässt sich möglicherweise vermuten, dass sich die ADAMTS-13-Aktivität generell bei einer Akut-Phasen-Reaktion erniedrigt. Die Untersuchungen der ADAMTS-13-Aktivität bei Patienten mit malignen Erkrankungen zeigte bei 21% der getesteten Patienten einen milden ADAMTS-13 Mangel. Bei den untersuchten Patienten mit Hirn- und Prostatatumoren konnte, im Gegensatz zu vorhergehenden Studien mit anderen Tumortypen, keine Korrelation zwischen erniedrigter ADAMTS-13-Aktivität und dem Grad der Malignität bzw. der Dissemination des Tumors gefunden werden. Die Bestimmung der ADAMTS-13-Aktivität bei einem umfangreichen Patientenkollektiv mit thromboembolischen Erkrankungen zeigte, dass der ADAMTS-13 Mangel kein häufig vorkommender Risikofaktor für das Auftreten von arteriellen oder venösen Thrombosen darstellt. In der vorliegenden Studie wurde jedoch der weltweit erste Fall eines milden, congenitalen ADAMTS-13 Mangels bei einer Patientin mit familiären, rezidivierenden, ischämischen Schlaganfällen gefunden. Zusammenfassend wurde in der vorliegenden Arbeit ein neuartiges Verfahren zur Bestimmung der VWF-spaltenden Proteaseaktivität von ADAMTS-13 entwickelt, welchem durch seine klinische Anwendbarkeit in Zukunft eine weitreichende Bedeutung zufallen könnte. Die klinischen Studien dieser Arbeit belegen zum einen den Zusammenhang zwischen ADAMTS-13 und TTP und weisen zum anderen auf andere bislang nicht identifizierte Mechanismen hin, welche das klinische Bild der TTP determinieren. Des weiteren konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, dass ADAMTS-13 neben einer Beteiligung an der Akut-Phasen-Reaktion, eine möglicherweise sehr bedeutsame Rolle bei malignen und thromboembolischen Erkrankungen spielt. Dies sollte in zukünftigen Studien, insbesondere im Hinblick auf neuartige therapeutische Möglichkeiten durch die Gabe von ADAMTS-13, näher untersucht werden. N2 - Thrombotic thrombocytopenic purpura (TTP) is a severe microvascular occlusive microangiopathy, in which systemic platelet aggregation causes organ ischemia, profound thrombocytopenia and fragmentation of erythrocytes. Patients with TTP often show a deficiency in a specific von Willebrand factor (VWF)-cleaving protease. This enzyme was recently identified as a new member of the ADAMTS (a disintegrin and metalloproteinase with thrombospondin type I motif) family of metalloproteinases and designated ADAMTS-13. The deficiency in ADAMTS-13 activity presumably leads to the accumulation of ultralarge VWF-multimers, which induce the formation of platelet thrombi in microvessels. In this dissertation, a new method for measuring ADAMTS-13 activity is reported. The method was used to investigate the significance of ADAMTS-13 in the pathophysiology of TTP and of other disorders. In the newly developed method, a given test sample is first diluted with a low ionic strength buffer containing barium. A protease-free VWF substrate is then added and digested over night in the presence of urea. Subsequently, the residual substrate is assessed by a commercially available ristocetin-induced platelet aggregation test and used to quantify the ADAMTS-13 activity in the test sample. The accuracy of the new technique was verified by extensive comparison with the conventional immunoblotting method. Moreover, participation in an international multicenter study demonstrated an outstandingly good performance for the new method. The new technique is reproducible, as shown by low intra and interassay coefficients of variation. In contrast to conventional methods, the newly developed technique does not require special laboratory equipment and expertise and can thus be used in any clinical setting. Among the patients investigated during the current study, a severe ADAMTS-13 deficiency had a specificity of 100% and a sensitivity of 89% for the diagnosis of acute TTP. An inhibitor against ADAMTS-13 activity could be detected in 85% of the samples with severe ADAMTS-13 deficiency. Plasma exchange (PE)-therapy ultimately induced an elimination of the inhibitor and a corresponding increase in ADAMTS-13 activity, which was tightly associated with an increase in platelet count, in 75% of the episodes which were investigated. In 15% of the investigated episodes, PE-therapy led to a decrease in inhibitor titre without a measurable recovery in the level of ADAMTS-13 activity. PE-therapy induced an unexpected and permanent increase in the inhibitor titre in 10% of the episodes. Despite the absence of a recovery in the ADAMTS-13 activity in these patients, PE-therapy was followed by consistent clinical remission. Splenectomy and therapy with Rituximab also induced clinical remission in two patients, and in both cases there was also no detectable recovery in ADAMTS-13 activity. These results demonstrate that ADAMTS-13 activity as measured in vitro do not always explain the pathologically effective mechanisms active in TTP. This hints at the presence of hitherto unidentified factors. In addition, current methodology for measuring ADAMTS-13 activity (including the method reported here) might not reflect ADAMTS-13 activity in vivo. The data from long-term follow up reported here demonstrate that ADAMTS-13 deficiency should be considered as one risk factor and not as the sole cause of acute TTP. The measurement of ADAMTS-13 activity in various haematological disorders revealed a mild ADAMTS-13 deficiency in the majority of patients in need of intensive care. For some of these patients a normalisation in ADAMTS-13 activity after achieving remission could be demonstrated. This suggests that a slight decrease in ADAMTS-13 activity might be an acute-phase-reaction. The analysis of ADAMTS-13 activity in patients with brain and prostate tumours showed that 21% of the patients had mild ADAMTS-13 deficiency, but ADAMTS-13 activity was not linked to the stage of malignancy or to metastasis. Our data are hence quite different to those found in previous studies, which report a distinct inverse correlation between ADAMTS-13 activity and the progression of the tumour in diverse cancer-types. The determination of ADAMTS-13 activity in patients with venous thrombosis and in patients with ischemic stroke showed that ADAMTS-13 deficiency is not a common risk factor for the occurrence of venous or arterial thrombosis. However, partial and congenital ADAMTS-13 deficiency was found in one patient suffering from recurrent ischemic strokes. This patient is until now the first case identified in which congenital ADAMTS-13 deficiency might cause or contribute to a disease other than TTP. In summary, a new method for measuring the VWF-cleaving activity of ADAMTS-13 has been developed. This technique can be used in the clinical laboratory and could therefore be of major importance for the diagnosis and the treatment of patients with TTP and other disorders. The clinical studies presented here confirm the association between ADAMTS-13 and TTP but also hint at hitherto unidentified mechanisms, which influence the clinical picture of TTP. The results indicate moreover that ADAMTS-13 might play a significant role in acute-phase-reactions and in other diseases such as malignancies and arterial thrombosis. This should be investigated in future studies, especially considering new avenues of therapeutic possibilities by using recombinant ADAMTS-13. KW - Moschcowitz-Syndrom KW - Von Willebrand Faktor KW - ADAMTS-13 KW - Thrombotic thrombocytopenic purpura KW - Von Willebrand factor KW - ADAMTS-13 Y1 - 2004 UR - http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/4932 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30-0000005125 EP - 155 ER -