Veränderungen der Ackerwildkrautflora im Gebiet um Moers/Niederrhein seit 1950 und ihre Ursachen

  • Zwischen 1980 und 1981 wurden u.a. von 106 bereits 1950-1958 untersuchten Äckern pflanzensoziologische Aufnahmen gemacht. Zwar hat sich die Gesamtartenzahl kaum verändert, aber der Anteil von Arten mit geringen Stetigkeiten ist stark gestiegen. Für 51 der 150 Arten konnte eine signifikante Veränderung in der Häufigkeit festgestellt werden, und zwar haben 10 zugenommen, 41 sind zurückgegangen. Unter letzteren sind etwa 8 als gefährdet im Sinne einer Roten Liste anzusehen. Die Artenzahlen je Aufnahme sind in den meisten Fällen erheblich kleiner geworden mit Ausnahme einiger kaum mit Herbiziden behandelter Flächen. Von den Deckungsgraden der Arten sind die mittleren (1 und 2) stärker zurückgegangen als die niedrigen (r und +); Fälle besonders hoher Bedeckung sind zahlreicher geworden, aber nur wenige Arten sind davon betroffen. Der Unkrautbesatz ist erheblich vermindert, besonders unter Getreide. Die ökologischen Trennarten sind sehr stark, die Kennarten auf Ebene der Assoziationen und der Verbände stark zurückgegangen; die Begleiter sind zahlreicher geworden. Von den 106 Aufnahmen konnten aufgrund des Vorkommens von Kennarten nur 48 einer Assoziation - davon 34 derselben wie 1950-1958 - zugeordnet werden, 25 sogar nur einem Verband, 19 nur einer Ordnung 12 nur der Klasse; bei zwei Aufnahmen schließlich fehlen sogar Kennarten gänzlich. Angleichungen im Artenbestand konnten sowohl zwischen Halm- und Hackfruchtäckern als auch besonders innerhalb der Assoziationen festgestellt werden, in welchen eine Untergliederung nach ökologischen Trennarten fast nicht mehr möglich ist. Als Ursache für den Rückgang vieler Arten kommt in erster Linie die chemische Unkrautbekämpfung in Betracht, die auch für die beobachtete Förderung von Wegrandpflanzen verantwortlich sein dürfte. Geophyten sind stärker zurückgedrängt worden als alle anderen Lebensformen, da sie sich als ausdauernde Pflanzen vermutlich dem durch die moderne Feldwirtschaft bedingten Umweltstreß weniger anpassen können als die Therophyten mit ihrer höheren Samenproduktion und den besseren Keimchancen der Samen. Zweitwichtigster Faktor für die Artenverschiebungen dürfte die Anreicherung der Böden mit Stickstoffverbindungen sein. Alle Arten mit signifikanter Zunahme haben hohe N-Zeigerwerte, die Magerzeiger sind zurückgegangen. Zeiger für Trocknis sind ebenso wie die für Staunässe oder Nässe im Unterboden weitgehend von den Äckern verschwunden. Da letztere in der Regel Geophyten sind, wird ein Zusammenhang mit der oben genannten Situation angenommen. Der im Gebiet um durchschnittlich 1,5 m gesunkene Grundwasserspiegel scheint für die Florenveränderung eine untergeordnete Rolle zu spielen. Ausgesprochene Säurezeiger sind - vermutlich wegen ihrer meist niedrigen Stickstoffbedürfnisse - sehr selten geworden, Arten mit mittleren Reaktionszahlen sind weniger als der Durchschnitt zurückgegangen. Lichtpflanzen haben - besonders unter Halmfrüchten - offensichtlich nicht so stark abgenommen wie die Halbschattenpflanzen. Maisäcker zeigen meist extrem niedrige Bedeckungs- und Artenzahlen des Wildkrautbesatzes.
  • Phytosociological records of weed communities are presented which were alredy investigated from 1950 to 1958. The total number of species has not changed, but the share of species with low constancy has increased. For 51 of the 150 total species a significant change of frequency could be observed: 10 increased, 41 decreased. The number of species per record was reduced in most cases. Median ground covers of species (1 and 2) were reduced more than the rest, cases of greater ground cover (3 to 5) could be observed more often than before. The coverage of weed layers decreased. Differential species as well as character species of associations and alliances have become very rare. By means of indicator species, 48 of the 106 total phytosociological records could be attributed to an association, 25 to an alliance, 19 only to an order, 12 only to the class Stellarietea, and 2 records lack any characteristic species. Differences between specific plant communities have been greatly reduced, especially between sub-formations of the same association. Herbizide application seems to be the most important factor in the decrease of species. Geophytes have been reduced more than other life forms, probably because they are more exposed to ecological stress than therophytes with a short lifespan and high production of seeds. Another important reason for the vegetation change seems to be the accumulation of nitrogen in the soil. Indicator plants of the following ecological conditions have decreased: soils poor in mineral nitrogen, dry soils, as well as soils with static water conditions or with very deep groundwater, and acid soils. Plants of semi-shade have decreased also. Weed communities of maize fields generally show a much reduced coverage and are composed of only a few species.

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Metadaten
Author:Herfried Kutzelnigg
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-373198
ISSN:0722-494X
Parent Title (German):Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft
Document Type:Article
Language:German
Year of Completion:2015
Year of first Publication:1984
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2015/04/15
Tag:Ackerunkraut-Gesellschaften; Niederrheinisches Tiefland
Volume:4
Page Number:25
First Page:81
Last Page:102
HeBIS-PPN:36910739X
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 58 Pflanzen (Botanik) / 580 Pflanzen (Botanik)
Sammlungen:Sammlung Biologie / Sondersammelgebiets-Volltexte
Zeitschriften / Jahresberichte:Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft / Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Band 4 (1984)
:urn:nbn:de:hebis:30:3-367387
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht