"Was ist die genaue Bedeutung Ihres Ausdrucks 'Optique de précision'?" : Prolegomena zu Marcel Duchamps Präzisionsoptik
- Duchamp hat sein Verständnis des Begriffs 'Optique de précision' nirgends präzisiert. Lediglich hat er 1953 im Interview mit dem New Yorker Galeristenehepaar Harriet und Sidney Janis bemerkt: "Es war eine Kompensation für meine arme, zur Untätigkeit verdammte Netzhaut", und damit humorvoll auf seine Ablehnung der von ihm als "retinal" gescholtenen "Peinture pure" angespielt. In einem Interview mit dem amerikanischen Ausstellungskurator William C. Seitz ergänzte er zehn Jahre später: "Maler zu sein um des Malens willen war nie das Endziel meines Lebens, verstehen Sie. Deshalb versuchte ich, anderen Formen der Betätigung nachzugehen - rein optische Dinge […] - was nichts mit Malerei zu tun hat." Ob diese "rein optischen Dinge" allerdings tatsächlich so wenig mit "Malerei" zu tun hatten, wie von Duchamp rückblickend behauptet, diese Frage soll Gegenstand des vorliegenden Beitrags sein. Meine Grundthese lautet dabei: Mit dem, was er 'Optique de précision' nannte, reihte Duchamp sich keineswegs in die Traditionslinie physiologischer, ophthalmologischer oder gestaltpsychologischer Diskurse seiner Zeit ein; vielmehr setzte er sich - im (impliziten) Wissen um die Erkenntnisse der physiologischen Optik seit Helmholtz - unter dem ironischen Rubrum 'Präzisionsoptik' mit den theoretischen Grundlagen eines der maßgeblichen Gestaltungsmittel der Malereigeschichte auseinander, der sogenannten Zentralperspektive. Diese These zu plausibilisieren, gliedert sich der vorliegende Beitrag in drei Teile: Im ersten Teil wird es um Duchamps Auffassung von 'Wahrnehmung' und sein sich daraus ergebendes Bildverständnis gehen. Im zweiten Teil wird Duchamps Auseinandersetzung mit der Linearperspektive in seinem letzten Gemälde 'Tu m'' aus dem Jahr 1918 nachzuzeichnen sein, um schlussendlich im letzten Teil eine Deutungsperspektive zumindest für die erste der beiden präzisionsoptischen Apparaturen Duchamps, 'Rotative plaques verre (Optique de précision)' aus dem Jahr 1920, vorzuschlagen.
Author: | Lars Blunck |
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URN: | urn:nbn:de:hebis:30:3-425767 |
ISBN: | 978-3-7705-4917-7 |
Parent Title (German): | Ultravision : zum Wissenschaftsverständnis der Avantgarde / herausgegeben von Sabine Flach und Margarete Vöhringer |
Publisher: | Wilhelm Fink |
Place of publication: | München |
Editor: | Sabine Flach, Margarete Vöhringer |
Document Type: | Part of a Book |
Language: | German |
Date of Publication (online): | 2017/01/10 |
Year of first Publication: | 2010 |
Publishing Institution: | Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg |
Release Date: | 2017/01/10 |
Tag: | Optique de précision <Begriff> |
GND Keyword: | Duchamp, Marcel; Präzisionsinstrument; Künste; Optisches Instrument |
Page Number: | 22 |
First Page: | 17 |
Last Page: | 33 |
Note: | Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der Habilitationsschrift des Verfassers 'Duchamps Präzisionsoptik', München 2008. |
HeBIS-PPN: | 399279741 |
Dewey Decimal Classification: | 7 Künste und Unterhaltung / 70 Künste / 700 Künste; Bildende und angewandte Kunst |
Sammlungen: | CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft |
CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft / Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin | |
Licence (German): | Deutsches Urheberrecht |