Formelideal und Problemlösung : über den Gebrauch mathematischer Formeln in der reinen Mathematik und der mathematisierten Ökonomik

  • Das Ziel des Beitrags besteht darin, jene Formelideale in der Mathematik und in der Ökonomik zu identifizieren, um anschließend Überlegungen darüber anzustellen, auf welche Art und Weise diese Ideale den logischen Spielraum der Problemlösung erweitern oder einengen. Ganz entscheidend hierfür ist das Verhältnis von Internalitäten und Externalitäten; also ob bzw. welche Umweltbezüge in der Formelsprache eingeschlossen oder ausgeschlossen werden. Die Analyse erfolgt aus wissenssoziologischer Perspektive, die die mathematische, mit Blick auf die Ökonomik vorsichtiger formuliert: die pseudo-mathematische Formelsprache als eine spezifische Semantik versteht. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Semantik, die sich der durch die gesellschaftliche Differenzierung ausgelösten Komplexitätssteigerung anpasst. Die Evolution der mathematischen und wirtschaftswissenschaftlichen Semantik befolgt zudem, so meine These, paradigmatische Ideale, die in den spezifischen Disziplinen angelegt sind. Dies spiegelt sich in der Art und Weise wider, wie in den jeweiligen Disziplinen auf mathematisch-kalkulatorischer Modellebene einerseits eine Geschlossenheit und Binnenreferenzialität des Formelhorizonts und andererseits eine Projektionsfläche für die Entdeckung von Zusammenhängen und das Auffinden formaler Muster generiert wird. Die Ausgangsannahme im Hinblick auf die Ökonomik ist, dass auch die Operationsweise ökonomischer Modelle, insofern sie auf mathematischer Grundlage gebildet werden, auf einer Binnenreferenzialität beruht. Die Stringenz solcher Modellierungen wird gerade deswegen zum vorherrschenden Gütekriterium, weil sie nicht nur jegliche Externalitäten im Sinne einer Irritation des formalen Modells ausschließt, sondern zugleich Beobachtungseffekte durch Sinnüberschüsse ermöglicht, die durch eine Entdeckung formaler Muster aktualisiert werden. Im ersten Schritt wird hierzu das Formelideal der reinen Mathematik auf der Grundlage wissenssoziologischer Überlegungen und mathematischer Selbstreflexionen herausgearbeitet. Daran anschließend wird das Formelideal pseudo-mathematischer Modelle in der Ökonomik untersucht. Die Basis bilden vor allem William Stanley Jevons' und Alfred Marshalls wegweisende Überlegungen zur Mathematisierung der Ökonomik. Die Beobachtungen werden abschließend auf den Aspekt des Erweiterns oder Einengens des logischen Spielraums zur Problemlösung in der Mathematik und der Ökonomik hin zugespitzt.

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Metadaten
Author:Sebastian Giacovelli
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-429832
URL:http://www.zfl-berlin.org/tl_files/zfl/downloads/publikationen/forum_begriffsgeschichte/ZfL_FIB_5_2016_1_Giacovelli.pdf
ISSN:2195-0598
Parent Title (German):Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte
Publisher:Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL)
Place of publication:Berlin
Document Type:Article
Language:German
Year of Completion:2017
Year of first Publication:2016
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2017/03/20
GND Keyword:Mathematik; Formel; Wirtschaftswissenschaften; Wissenssoziologie; Ideal
Volume:5
Issue:1
Page Number:13
First Page:115
Last Page:124
HeBIS-PPN:42494068X
Dewey Decimal Classification:3 Sozialwissenschaften / 33 Wirtschaft / 330 Wirtschaft
5 Naturwissenschaften und Mathematik / 51 Mathematik / 510 Mathematik
Sammlungen:CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft / Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin
Zeitschriften / Jahresberichte:Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte / Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte. 5. Jahrgang [Heft] 1
:urn:nbn:de:hebis:30:3-444358
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht