Synthese, Kristallisation und Kristallstrukturbestimmung von organischen Molekülen

  • Die einzelnen Forschungsprojek te sollen den breit aufgestellten Anwendungsbereich der Röntgenpulverdiffraktometrie im Bereich der Klärung von wissenschaftlichen Problemstellungen mit weiteren Beispielen komplementieren. Weiter soll die Nutzung der Synergie aus der kombinierten Anwendung von diversen strukturaufklärenden Methoden an polykristallinen Festkörpern aufgezeigt werden. Verwendet werden dazu Testsubstanzen aus verschiedenen, breit gefächerten Stoffklassen. Zum Einen wird die erfolgreiche Kristallstrukturbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten an einem diradikalischen Azobenzol-Derivates 1 (4-4'-Diazendiylbis[(1,4-phenyl)-bis-(carbonyloxy)]bis(2,2,6,6-tetramethylpiperidinyloxidanyl) gezeigt. Die Substanzklasse der diradikalischen Verbindungen ist für die Bestimmung von Radikal-Radikal-Abständen per EPR-Methoden (electron paramagnetic resonance) sehr wichtig. Zur Validierung der ermittelten Abstände aus den EPR-Messungen musste der Radikal-Radikal-Abstand vorab bekannt sein. Der intramolekulare Radikal-Radikal-Abstand von 23,658(6) Å. welcher im gewünschten Radikal-Radikal-Abstandsbereich für EPR-Messungen liegt, somit konnte 1 als Testsubstanz für Abstandsbestimmungen mittels EPR validiert werden. Die vorliegende Kristallstruktur wurde in der Raumgruppe P21/c (Z = 2, Z’ = 0,5) mit a = 19,3355(5) Å, b = 5,9277(2) Å, c = 14,5264(4) Å, β = 109,22(1)° und einem Volumen V = 1572,12(8) ų ermittelt. Der Molekülmittelpunkt von 1 liegt auf einem kristallographischen Inversionszentrum und das aromatische Fragment von Estergruppe zu Estergruppe bildet annähernd eine Ebene. Anhand der Kristallstrukturbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten soll die Lokalisierung eines Wasserstoffatoms in direkter Nachbarschaft zu Molekülfragmenten mit einer hohen Anzahl an Chlorsubstituenten untersucht werden. Am Beispiel der Bestimmung des tautomeren Zustands des achtfach chlorierten Color Index Pigment Yellow 138 (P.Y. 138) kann die Synergie aus quantenchemischen Rechnungen, Festkörper-NMR-Messungen und der Kristallstrukturbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten gezeigt werden. Hierbei wurden unter anderen unterschiedliche Kristallstrukturverfeinerungsstrategien zur Ermittlung des tautomeren Zustands entwickelt und angewendet. P.Y. 138 liegt in der monoklinen Raumgruppe P21/c (Z = 4, Z’ = 1) mit a = 19,3750(5) Å, b = 7,8516(1) Å, c = 16,9704(4) Å, β = 105,649(2)° und V = 2485,9(1) ų als NH-Tautomer vor. Es bilden sich Molekülschichten parallel zur (100)-Ebene aus. Innerhalb der Schichten wirken Van-der-Waals-Kräfte; zwischen den Schichten dominieren Typ I Cl⋯Cl-Wechselwirkungen. An dem pharmazeutisch aktiven Wirkstoffes Flupirtinmaleat wird die immer noch hohe Relevanz der Röntgenpulverdiffraktometrie bei einer Polymorphiesuche gezeigt. Flupirtinmaleat ist aufgrund seiner analgetischen Wirkung, ohne typische weitere Eigenschaften von Schmerzmittel wie beispielsweise opiode oder herzrhythmusbeeinflussende aufzuweisen, eine höchst interessante Substanz. Neue Polymorphe können bessere Eigenschaften als die Ausgangsphase aufweisen oder auch den wirtschaftlichen Nutzen erhöhen, da diese patentierbar oder kostengünstiger und ressourcenschonender in der Herstellung sein können. Für das Flupirtinmaleat-Projekt wurden Aufnahme und Auswertung von Röntgenpulverdiffraktogrammen als standardisierte analytische Methoden zur Bestimmung von neuen kristallinen Phasen bei einer sehr großen Probenanzahl von über 500 Einzelversuchen, welche bei Polymorphiesuchen aufkommt, genutzt. Von der pharmazeutisch aktiven Substanz Flupirtinmaleat ist es gelungen, die neuen Festkörperphasen C, F, G und H zu entdecken. Ebenfalls konnte durch Vermahlungsexperimente Flupirtinbromid erzeugt werden. Des Weiteren wurden die Einkristallstrukturen von Flupirtinmaleat Form A und Flupirtin Phase B bestimmt. Das letzte Projektkapitel zeigt den Beginn einer methodischen Entwicklung zur Konfigurationsbestimmung von chiralen Molekülen aus Röntgenpulverbeugungsdaten. Ziel der Methode ist es, ein schnelles Verfahren zur Ermittlung der absoluten Konfiguration und Strukturaufklärung von neu entwickelten Substanzen beispielsweise für pharmazeutische Wirkstoffe zu haben. Bei der Einkristallstrukturanalyse kann aus dem Reflexbild anhand von Intensitätsunterschieden spezieller Reflexpaare die Konfiguration einer Verbindung direkt bestimmt werden. Da dies bei Röntgenpulverdiffraktogrammen nicht der Fall ist, kann diese Methode nicht angewendet werden. Zur Umsetzung des Leitgedankens sollen daher chirale Salze aus der Zielsubstanz mit unbekannter Konfiguration und einem Salzbildner bekannter Chiralität erzeugt werden. Der Drehsinn des bekannten Salzbildners soll sozusagen als Ankerpunkt für die Bestimmung der absoluten Konfiguration dienen. Da ein Anwendungsschwerpunkt die pharmazeutische Forschung sein könnte, wurden als Grundlage der Methodenentwicklung chirale Testsysteme bestehend aus pharmazeutischen Wirkstoffen und Salzbildnern jeweils mit bekannter Konfiguration. Acht neue Entitäten von verschiedenen Wirkstoff-Salzbildner-Paaren konnten erzeugt und mittels Röntgenpulverbeugungsdaten bestätigt werden. Dies zeigt, dass durch Kristallisation wahrscheinlich durch Salzbildung, neue Entitäten mit einem Ankerpunkten zur späteren Konfigurationsbestimmung erzeugbar sind. Ebenfalls konnten aus Einkristallbeugungsdaten die Kristallstruktur von R-Flurbiprofen und Kristallstrukturen der Salze aus R-Flurbiprofen mit R-Phenylpropylamin und R-Aminoglutethimid mit R-Camphersulfonsäure bestimmt werden. Diese Kristallstrukturen, ganz speziell die der Salze, können im weiteren Verlauf zum Vergleich und/oder zur Validierung mit den Kristallstrukturen aus Röntgenpulverbeugungsdaten dienen. Hervorzuheben sind die Kristallisationsprodukte aus S-Flurbiprofen bzw. R-Flurbiprofen mit R-Phenylpropylamin, da diese voneinander unterscheidbare Röntgenpulverdiffraktogramme aufweisen die enantiomeren Ausgangsstoffe S- und R-Flurbiprofen jedoch nicht. Dies legt nahe, dass es grundsätzlich möglich sein sollte eine Konfigurationsbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten durchzuführen.

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Metadaten
Author:Silke Dorothea Gumbert
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-443618
Referee:Martin Ulrich SchmidtGND, Björn WinklerORCiDGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2017/07/06
Year of first Publication:2017
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2017/05/18
Release Date:2017/07/06
Page Number:177
Last Page:171
Note:
Dese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung, die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
HeBIS-PPN:426735617
Institutes:Biochemie, Chemie und Pharmazie / Biochemie und Chemie
Dewey Decimal Classification:5 Naturwissenschaften und Mathematik / 54 Chemie / 540 Chemie und zugeordnete Wissenschaften
Sammlungen:Universitätspublikationen
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