Auswirkungen der Intensivtherapie auf die Leberfunktion sowie die Entwicklung einer Pneumonie bei Patienten mit traumatischer Verletzung der Lunge – Retrospektive Nachuntersuchung in den Zeiträumen 2003, 2006 und 2009

  • Polytraumatisierte Patienten erleiden in ca. 40% der Fälle eine Verletzung des Thorax. Die Verletzung des Thorax erhöht die Dauer der Beatmungszeit, das Pneumonie-Risiko, die Intensiv- und Krankenhausverweildauer sowie das Letalitätsrisiko. Seit 2003 wurde im Universitätsklinikum Frankfurt am Main ein standardisiertes Behandlungsverfahren zur intensivmedizinischen Behandlung nach Polytrauma implementiert und weiterentwickelt. Eckpunkte des Konzeptes sind eine kinetische Therapie im Rotorest®Bett, eine initiale Beatmung mit einem PEEP von 15mbar, eine frühzeitige assistierte Spontanatmung und frühzeitige enterale Ernährung. In dieser Arbeit wurden die Auswirkungen der Weiterentwicklung des Behandlungsprotokolls, insbesondere die Auswirkungen der Ernährung und Sedierung auf die Leberfunktion und die Entwicklung einer Pneumonie, untersucht. Das Behandlungsprotokoll sah folgende Behandlungsstandards vor: 2003: Kontrollierte Beatmung und Therapie im Rotorest®Bett in den ersten Tagen, PEEP-Einstellung entsprechend der Oxygenierung, individuelle Entwöhnung von der Beatmung und der Rotorest®-Therapie. Der Kostaufbau überwiegend parenteral, Sedierung mit Propofol und Midazolam. 2006: 72h Beatmung mit einem PEEP von 15mbar, Rotorest®-Bett, zügige assistierte Beatmungsform. Individuelle Entwöhnung von der Beatmung und der Rotorest®-Therapie, der Kostaufbau parenteral und enteral, Sedierung überwiegend mit Midazolam. 2009: Reduktion der Rotorest®-Therapie mit einem PEEP von 15mbar auf 40 bis 48h, PEEP-Reduktionsprotokoll. Der Kostaufbau erfolgte primär enteral, die Sedierung mit vorwiegend Propofol und z. T. Midazolam. Es konnten retrospektiv 108 Patienten (ISS 37+13) eingeschlossen werden. Bei 38,3% der Patienten lagen unvollständige Akten vor, oder die Rotorest® Therapie wurde erst nach 48h begonnen. Durch das Konzept konnten die Beatmungszeit von 17±15 auf 8±8 Tage und die intensivstationäre Verweildauer von 17±9 auf 10±9 Tage signifikant reduziert werden (p<0,001), die Krankenhausverweildauer blieb gleich. Die Pneumonierate fiel nicht signifikant von 25% in 2003 nach einem Anstieg auf 37% in 2006 auf 17% in 2009. Das Pneumonierisiko stieg mit der Höhe der aufgenommenen kcal/kgKG, der Gesamt-kcal/d bis Tag 7 sowie der Summe der kcal bis Tag 5 signifikant (p<0,05). Eine Leberdysfunktion erhöhte das Letalitätsrisiko signifikant (Rs 0,267; p<0,01). Die Rate an Leberdysfunktionen binnen der ersten 14 Tage fiel von 34,7% in 2003 nach einem Anstieg auf 43,4% im Jahr 2006 auf 22,1% in 2009 (p<0,001). Eine Leberdysfunktion korrelierte, bei Auftreten bis Tag 7, sowohl mit einer überwiegend parenteralen Ernährung bis Tag 5 (p=0,021) als auch der Höhe der parenteralen kcal (Rs 0,248; p=0,02) und der Höhe der Gesamt-kcal (Rs 0,201; p=0,038). Der Anteil an Patienten mit parenteraler Ernährung konnte von 92,2% (bis Tag 5) in 2003 und 97,5% in 2006 auf 65% in 2009 signifikant reduziert werden, ebenso wie die Gesamtmenge an verabreichten Kalorien bis Tag 7 (von 1210kcal/d auf 1113kcal/d und 2009 auf 851kcal/d; p<0,001). Keine Korrelation bestand zwischen der Entstehung einer Leberdysfunktion und der Beatmung, der Höhe des PEEP oder der Entwicklung einer Pneumonie. Im Gegensatz dazu erhöhte die verabreichte Menge von Midazolam in den ersten 7 Tagen (mg/kg/d) das Pneumonie-Risiko signifikant (p=0,024). Als unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung einer Pneumonie stellten sich die Transfusion von EKs (OR 3,646 95%CI 1,074-12,383), die Höhe der verabreichten Gesamtkalorien (>5000kcal) binnen der ersten fünf Tage (OR 3,219 95%Cl 1,033-10,034) und die Höhe des Beatmungsspitzendruckes (OR 1,135 95%Cl 1,010-1,275) dar. Die Daten der vorliegenden Arbeit bestätigen den kritisch abzuwägenden Einsatz von Midazolam in der Intensivtherapie. Weiterhin zeigte sich ein signifikanter Einfluss der Ernährung auf die Morbidität der Patienten entsprechend der Literatur. Die vorliegenden Ergebnisse weisen weiter darauf hin, dass bei schwerverletzten Patienten auch die Gesamtkalorienzufuhr gering zu halten ist, um die Rate an Pneumonien zu reduzieren. Die Beatmung mit einem PEEP von 15mbar in den ersten Behandlungstagen unter PiCCO-Monitoring erscheint hierbei keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung einer Leberdysfunktion zu haben. Zusammenfassend kann durch ein vorwiegend enterales Ernährungsschema, mit unter den Empfehlungen der AWMF liegenden Gesamtkalorien, das Auftreten von Leberdysfunktionen und die Rate an Pneumonien signifikant reduziert, durch ein strukturiertes Therapiekonzept mit u.a. reduziertem Einsatz von Midazolam eine signifikante Reduktion der Beatmungszeit sowie der Intensivverweildauer erreicht und eine Reduktion der Pneumonierate unterstützt werden.

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Metadaten
Author:Daniel Matthias FriesGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-444455
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Tobias Michael BingoldORCiDGND, Ingo MarziORCiDGND
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2017/08/12
Year of first Publication:2017
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2017/08/11
Release Date:2017/08/17
Page Number:89
HeBIS-PPN:415817439
Institutes:Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Sammlungen:Universitätspublikationen
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht