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Die philologische Frage : Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die Theoriegeschichte der Philologie
(2010)
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Uwe Wirth
Kai Bremer
- Wir möchten im folgenden den Versuch unternehmen, das zu skizzieren, was wir die 'philologische Frage' nennen. Darunter verstehen wir die Frage nach dem epistemischen Status philologischer Theorie und der daraus resultierenden Praxis: Auf welche philologischen Traditionen und theoretischen Prämissen nehmen die hier versammelten Texte Bezug, in welchem Kontext stehen sie? Auf welche Ziele wird die philologische Tätigkeit hin ausgerichtet – wie wird das 'Erkenntnisinteresse' der Philologie definiert? Welches Autorschaftskonzept und welches Textverständnis werden zugrunde gelegt? Der Ausgangspunkt all dieser Fragen ist die etymologische Bedeutung des Begriffs „philologia“, gefasst als 'Liebe zum Wort'. Der Philologe ist demgemäß ein Wort-Liebhaber. Doch was heißt hier 'Liebe'? Und was ist überhaupt ein Wort?
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Konjektur und Krux : Methodentheoretische und begriffgeschichtliche Vorüberlegungen
(2010)
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Uwe Wirth
Kai Bremer
- Unsere Ausgangsthese ist, dass sich die unterschiedlichen methodischen Zuspitzungen und Richtungswechsel, die die Philologie seit ihrer disziplinären Ausdifferenzierung im 19. Jahrhundert erlebt hat, als Parametrisierung des Verhältnisses von Konjektur und Krux beschreiben lassen. Anders gewendet: Konjektur und Krux markieren die Grenzen eines epistemischen Bezirks, der von unterschiedlichen philologischen Methodenpolitiken konfiguriert wird. Die sich daraus ergebende "disziplinäre Matrix" an Verfahrensweisen, die den Anspruch erheben, 'Methode' zu sein, hat insofern politischen Charakter als die Entscheidung für bzw. gegen eine bestimmte Verfahrensweise implizit oder explizit ein Interesse verfolgt, das in aller Regel über das Anliegen einer bloßen Textrekonstruktion entschieden hinausreicht: Es geht darum, die Bedingungen festzulegen, unter denen eine philologische Aussage als 'wissenschaftlich qualifiziert' gelten darf.
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Die Geburt des Autors aus dem Geist der Herausgeberfiktion : editoriale Rahmung im Roman um 1800: Wieland, Goethe, Brentano, Jean Paul und E.T.A. Hoffmann
(2008)
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Uwe Wirth
- Was ist ein Herausgeber? Wie verhalten sich Autorschaft und Herausgeberschaft zueinander? Welche Funktion hat der Herausgeber als diskursive Instanz im Rahmen und am Rahmen literarischer Texte? Diesen Fragen geht Wirths Untersuchung sowohl mit Blick auf die literaturwissenschaftlichen Ansätze zum Thema Autorschaft nach, als auch mit Blick auf die Literatur des Zeitraums 'um 1800', in dem sich der moderne Autorschafts-begriff entfaltet. Vor dem Hintergrund dieser Konstellation bleibt zu klären, welche Rolle der fiktive Heraus-geber bei der Genese moderner Autorschaft spielt, ja ob der emphatische Autorbegriff der Genieästhetik womöglich nur eine spezifische Transformation der Funktion Herausgeber ist. Im systematischen ersten Teil geht es darum, die Grundzüge eines allgemein wirksamen editorialen Dispositivs herauszuarbeiten, das sich im Rahmen als Arrangement des Textes und am Rahmen als Paratext, etwa als editorialer Kommentar, manifestiert. Die exemplarischen Analysen des zweiten Teils werden als verschiedene Formen der Interferenz von Autorfunktion und Herausgeberfunktion im Kontext der poetologischen Debatten der Zeit um 1800 analysiert. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Problemen der Schrift und des Schreibens, wie sie im Rahmen der "Schreib-Szenen" und der Editions-Szenen dargestellt werden.
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Logik der Streichung
(2011)
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Uwe Wirth
- Was meinen wir eigentlich, wenn wir sagen: Ein Wort, ein Satz, ein Abschnitt, eine Seite wurde gestrichen. Was ist, mit anderen Worten, das Synonym dessen, was wir als Streichen bezeichnen? Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Man kann das Streichen als ein Löschen, als ein Tilgen begreifen. Oder aber als Spur eines korrigierenden Überarbeitens: eines Umschreibens im Sinne des Ersetzens und Kürzens, aber auch im Sinne eines Überschreibens.
Schreiben hat den Charakter eines intentionalen Aktes – es setzt die willentliche Entscheidung zur Produktion und zur Positionierung einer Buchstabenfolge voraus. Auch das Streichen hat den Charakter eines intentionalen Aktes – nämlich die bereits produzierten Buchstabenfolgen willentlich zu verneinen, sie zu verwerfen. Almuth Gresillon spricht im Kapitel "La rature " ihres Buchs "La mise en ceuvre" von der "existence double", die der graphischen Materialitat der Streichung einen ambivalenten Charakter verleiht.
Diese doppelte Existenz der Streichung - worin besteht sie?
Erstens: Streichungen hinterlassen sichtbare Spuren auf dem Papier.
Zweitens: Schreibspuren werden durch eine Streichung nicht annulliert.
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Ironie und Komik : Heines und Freuds Theorie der Dummheit
(2010)
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Uwe Wirth
- "'Ironie haben wir nicht' – rief Nannerl, die schlanke Kellnerin, die in diesem Augenblick vorbeisprang, – 'aber jedes andre Bier können Sie doch haben.' Daß Nannerl die Ironie für eine Sorte Bier gehalten", fährt Heinrich Heine im dritt en Kapitel seiner Reisebilder Von Münch en nach Genua fort, "war mir sehr leid, und damit sie sich in der Folge wenigstens keine solche Blöße mehr gebe, begann ich folgendermaßen zu dozieren: 'Schönes Nannerl, die Ironie iska Bier, sondern eine Erfindung der Berliner, der klügsten Leute von der Welt, die sich sehr ärgerten, daß sie zu spät auf die Welt gekommen sind, um das Pulver erfinden zu können, und die deshalb eine Erfindung zu machen suchten, die ebenso wichtig und eben denjenigen, die das Pulver nicht erfunden haben, sehr nützlich ist.'" Die Erfindung, die Heine hier anspricht, soll ein Mittel sein, das es erlaubt, Dummheit in Ironie zu verwandeln. In diesem Zusammenhang entfaltet Heine eine fiktive Genealogie der Dummheit, gefolgt von einer Genealogie der Strategien, wie sich Dummheit verhindern lässt – beides mit unverkennbar polemischem Unterton […]. Hatte man zunächst den Eindruck , das "rück wirkende Mittel", von dem Heine sprich t, sei ein Pharmakon, vielleicht auch eine Art Pulver, mit dem man die Dummheit wie eine lästige Migräne-Attacke neutralisieren kann, wird kurz darauf deutlich , dass das 'ganz einfache Mittel', das Heine im Sinn hat, ein sprachliches ist: Anstelle des Pulvers hat man in Berlin einen Sprechakt erfunden, mit dem sich jede Dummheit in Weisheit umgestalten lässt. Genau genommen handelt es sich bei diesem Sprechakt um ein Deklarativ. Deklarative Sprechakte begegnen uns häufig in der Kirche und im Krieg. So, wenn ein Priester sagt, "hiermit erkläre ich Euch zu Mann und Frau", oder wenn ein Präsident einem anderen Land den Krieg erklärt. […] Damit derartige deklarative Sprechakte gelingen, muss man – das gilt für alle bisher genannten Fälle – ein gewisses Maß an institutioneller Rückendeckung respektive ein gewisses Maß an Souveränität haben.
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Die Schreib-Szene als Editions-Szene : Handschrift und Buchdruck in Jean Pauls "Leben Fibels"
(2004)
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Uwe Wirth
- "Das Aussetzen der Eingebung fülle aus mit der sauberen Abschrift des Geleisteten", rät Walter Benjamin in der achten These zur "Technik des Schriftstellers". Die Konsequenzen einer radikalisierten Variante dieser These werden bereits rund 100 Jahre früher in Jean Pauls Roman "Leben Fibels" ausgeführt. Dort setzt die Eingebung nicht nur zeitweise aus, sondern sie setzt gar nicht erst ein. Umso wichtiger wird das Ausfüllen dieser beklagenswerten Leerstelle durch sauberes Abschreiben. Dabei erweist sich "Leben Fibels" zugleich als ein Buch, das die perforrnativen und parergonalen Rahmenbedingungen des Schreibens, Druckens und Edierens ostentativ vorführt. "Leben Fibels" wirft also nicht nur die Frage nach der Schreib-Szene, sondern auch nach der Druck- und Editions-Szene auf.
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Der Dilettantismus-Begriff um 1800 im Spannungsfeld psychologischer und prozeduraler Argumentationen
(2007)
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Uwe Wirth
- Der Dilettant ist, so heißt es in den von Schiller und Goethe 1799 gemeinsam verfaßten Fragmenten Über den Dilettantismus, ein „Liebhaber der Künste, der nicht allein betrachten und genießen sondern auch an ihrer Ausübung Teil nehmen will“. Damit ist ein Kernsatz des ‚klassischen Dilettantismus-Konzepts’ angesprochen – ein Konzept, das auf die Differenzierung zwischen ‚Künstler’, ‚Liebhaber’ und ‚Kenner’ abzielt. Auf die Frage, warum die Auseinandersetzung mit dem Dilettanten ausgerechnet um 1800 virulent wird, kann man mit Hans-Rudolf Vaget antworten, weil die Auseinandersetzung mit den Dilettanten immer dann stattfindet, wenn die Kunst Autonomie für sich reklamiert. Dies ist im Klassizismus um 1800 der Fall, aber auch im Ästhetizismus um 1900, wo der fin-de-siècle-Dilettant indes nicht allein durch seine Einstellung zur Kunst, sondern vor allem durch seine Einstellung zum Leben bzw. zur Kultur bestimmt wird. In diesem Sinne bezeichnet Paul Bourget den Dilettantismus als eine bestimmte Geisteshaltung, eine psychologische „disposition de l’esprit“, deren Resultat die Schwächung des Willens sei.
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Lob der Oberfläche! : Der Tod und die Mode in Elfriede Jelineks "Jackie"
(2010)
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Uwe Wirth
- "Nur die oberflächlichen Eigenschaften dauern", so Oskar Wilde in seinen 'Sätzen und Lehren zum Gebrauch der Jugend': "Des Menschen tieferes Wesen ist bald entlarvt". Ausgehend von der These, dass der Poetik Jelineks ein "Lob der Oberfläche" eingeschrieben ist, möchte ich im folgenden die Rolle der Mode beleuchten, und zwar nicht nur als Oberflächenphänomen, sondern auch als Übergangsphänomen, das an der Schwelle zwischen Oberfläche und Tiefe in Erscheinung tritt.
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Piep. Die Frage nach dem Anrufbeantworter
(2000)
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Uwe Wirth
- „Was bedeutet es, einen Anruf zu beantworten?“ Diese, von Avital Ronell zu Beginn ihres ‚Telephone Book’ aufgeworfene Frage nach dem Telefon muß im folgenden als Frage nach dem Anrufbeantworter radikalisiert werden. Während das „Annehmen eines Anrufs“ eine Situation heraufbeschwört, „deren gestische Syntax ‚ja’ bedeutet, selbst wenn der Affirmation ein Fragezeichen folgen sollte: Ja?“ (Ronell 1989, S. 5), führt das Anschalten des Anrufbeantworters geradewegs in ein Paradox, denn der Anrufbeantworter sagt weder „Ja?“ noch „Nein!“. Das Paradox des Anrufbeantworters gründet in seiner widersprüchlichen Aufgabenstellung: Er soll einerseits der Aufrechterhaltung der Telekommunikation dienen und wird zugleich als ein „Kommunikationshemmnis“ empfunden. Deshalb kann er, so Knirsch, seine „eigentliche Funktion nicht uneingeschränkt erfüllen“ (Knirsch I998, S. 1). Doch was ist die „eigentliche Funktion“ eines Anrufbeantworters? „In dem Maße, in dem du das wurdest, was du bist“, schreibt Ronell mit Blick auf das „transzendentale Dilemma“ des Angerufenwerdens, „nämlich, zum Teil, ein automatischer Anrufbeantworter, wird es notwendig, Fragen zu stellen“. (Ronell 1989, S. 5). Fragen wir. Was bedeutet es, im metaphorischen oder gar im wörtlichen Sinn, „answering machine“ einer transzendentalen Telekommunikationsgemeinschaft zu sein, die nur auf eines zu warten scheint: den wunderbaren Moment der Verbindung?
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Diskursive Dummheit
(2001)
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Uwe Wirth
- "Das, und nur das ist der Inhalt unserer Kultur", schreibt Karl Kraus, "die Rapidität, mit der uns die Dummheit in ihren Wirbel zieht."! In diesem Satz steckt mehr, als der hinlänglich bekannte "typisch Kraussche" Kulturpessimismus -er setzt Dummheit und Kultur in ein Verhältnis, das durch die Geschwindigkeit ausgezeichnet ist, mit der die Dummheit von der Kultur Besitz ergreift. Mit anderen Worten: Nicht die Dummheit als solche ist für Kraus das Besondere unserer Kultur, sondern die sich selbst beschleunigende "Ökonomie der Dummheit". Diese Dynamik hat sich seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts keineswegs verlangsamt, sondern verstärkt. Nie wurde in so kurzer Zeit soviel Dummheit verbreitet wie heute.