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Die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) hat eine beispiellose Reihe von Skandalen deutscher Sicherheitsbehörden öffentlich gemacht. In der vergangenen Woche hat ein Artikel in der Welt am Sonntag von den Journalisten Stefan Aust, Dirk Laabs und Per Hinrichs ein neues Kapitel in die Geschichte des NSU-Komplex eingefügt. ...
"Ci-ce-ro! Ci-ce-ro!"
(2007)
"Journalistisch" ist ein Prädikat, das, wenn es von seriösen deutschen Wissenschaftlern verliehen wird, einen abfälligen, geringschätzigen, wenn nicht sogar hochnäsigen Klang hat. "Flotte Schreibe", die jede noch so gediegene Tageszeitung von ihren Autoren erwarten darf oder erwarten sollte, ist, wenn sie einem Habilitanden im Gutachten attestiert wird, ein fast schon tödliches Verdikt. Je flotter, desto näher rückt der Schreiberling dem Urteil, das Theodor Mommsen schon über Cicero verhängte: "eine Journalistennatur im schlechtesten Sinn des Wortes …" Um nicht in den Abgrund solcher Verdammung zu fallen, bewegen sich Historiker in Zeiten, die trotz allem "Sichtbarkeit" verlangen, zuweilen auf einem Schleichpfad: Sie schreiben Biographien und Sammelbände mit Biographien. Da darf man ein bisschen flott und populär und journalistisch sein. Weil ja große Männer im Grunde genau so menschlich sind, wie es die Julia in Lore-Romanen ist. ...
In der Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechts hat man den Glauben verloren, in scheinbar ewigen Begriffen zeitlose objektive Wahrheiten gespeichert zu finden. Die Bedeutung von Begriffen wie von Worten überhaupt ergibt sich aus wandelbaren Regeln ihrer Verwendung in konkreten Kontexten, die ihrerseits sprachlich erfasst und verstanden sein wollen. Die hiermit betonte Kontextbindung unterstreicht die kantische Erkenntnis, dass wir durch "sehr abstrakte" Begriffe "an vielen Dingen wenig" und durch "sehr konkrete" Begriffe "an wenigen Dingen viel" erkennen. Dabei hängt für Kant nicht nur das "Maximum der Erkenntnis" an der richtigen Austarierung der Abstraktionshöhe, sondern besteht hierin zugleich die "Kunst der Popularität". Die Wahl des Abstraktionsgrades und der Vergleichsebenen stellt Anforderungen auch an die Geschichtsschreibung, namentlich an die Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus, der nicht einfach "Der Faschismus in seiner Epoche" gewesen ist. In Besonderheit zeigt der Holocaust, dass sich transnationale Vergleichsbildungen geradezu verbieten können. Sofern sich die Wissenschaftsgeschichte mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzt, ist sie gut beraten, mit Michael Stolleis bei den zeitgenössischen Wortverwendungen ihren Ausgangspunkt zu nehmen. Da die zentralen Wörter, traditionell die "Grundbegriffe" der Wissenschaft des öffentlichen Rechts, immer wieder die Aufmerksamkeit auch anderer Disziplinen gefunden haben, insbesondere der politischen Theorie, Philosophie, Geschichtswissenschaft und später zudem der Sozialwissenschaften, geben bereits die zu gewärtigenden gegenseitigen Beeinflussungen zu entsprechenden Seitenblicken in der Geschichte des öffentlichen Rechts Anlass. ...
"Geborene Opfer" : Bausteine für eine Geschichte der Viktimologie – das Beispiel Hans von Hentig
(2009)
Die Entdeckung der Opferperspektive gilt in Strafrecht und Kriminologie gemeinhin als eine Errungenschaft der allerjüngsten Vergangenheit. So sei erst vor kurzem das Opfer als "Rechtsgutsträger" erkannt worden und damit aus dem "rechtlichen Nichts" erwacht. Das strafrechtsdogmatische Interesse am Opfer wird begleitet durch einen parallel laufenden kriminologischen Diskurs. Unter der Bezeichnung Viktimologie beschäftigt sich ein ganzer Zweig der kriminologischen Forschung mit dem Verbrechensopfer. Die Viktimologie selbst bestimmt dabei den Zeitpunkt ihrer Geburt auf die Jahrhundertmitte des 20. Jahrhunderts: Erst mit dem kriminologischen Methodenwechsel nach dem Zweiten Weltkrieg, als sich die Kriminologie von ihrer klassischen Fixierung auf statische Anlage- und Umweltelemente gelöst und sich der Dynamik der Verbrechensentstehung gewidmet habe, seien auch Aussagen über die Interaktion zwischen Täter und Opfer, die sog. "Täter-Opfer-Beziehung", möglich geworden. In der Literatur herrscht dabei die Ansicht vor, dass der aus Deutschland in die USA emigrierte Kriminologe Hans von Hentig erstmals in einem Beitrag für die "Kölnische Zeitung" vom 4.9.1934, später dann durch seinen Aufsatz "Remarks on the Interaction of Perpetrator and Victim" aus dem Jahr 1940, vor allem aber mit dem vierten Abschnitt seines 1948 erschienenen Buches "The Criminal and his Victim" die Viktimologie aus der Taufe gehoben habe. Teilweise wird dieses Verdienst auch anderen Autoren zugeschrieben, vor allem Benjamin Mendelsohn, einem rumänisch-israelischen Anwalt, der bereits 1937 erste Arbeiten über das Verhältnis des Vergewaltigers zu seinem Opfer publizierte. ...
Eine in Verfassungslehre und Europarechtswissenschaft weit verbreitete Annahme lautet: "Europa muss, um eine Zukunft haben zu können, sich zu einer Geschichtsgemeinschaft entwickeln." Was man dabei übersieht: So wenig sich nationale Geschichtsgemeinschaften identifizieren lassen, so wenig wird sich eine europäische Geschichtsgemeinschaft konstituieren.
Das Thema Datenschutz wird in Zeiten von Internet und künstlicher Intelligenz immer komplexer. Die Entwicklungen scheinen in manchen Bereichen kaum noch beherrschbar zu sein. Nur ein Zusammenspiel von Rechtswissenschaft und Informatik kann den Einzelnen und bestimmte gesellschaftliche Gruppen vor Diskriminierung schützen.
Kann man durch feinmaschigere Regelungen eine mögliche Instrumentalisierung des Rundfunks für machtpolitische Zwecke in den Griff bekommen?Nur begrenzt. Politischer Erfolg hängt in starkem Maß von dem Bild ab, welches das Fernsehen von der Politik und den Politikern vermittelt. Deswegen wird die Politik immer in Versuchung sein, Einfluss auf das Fernsehen zu nehmen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als vom Staat geschaffene Einrichtung ist dafür anfälliger als der private. Dieser ist anderen Instrumentalisierungsgefahren ausgesetzt. Das Recht kann die Gefahr nicht beseitigen. Es kann sie aber eindämmen.