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Liest man die Zeichen der Zeit richtig, dann scheint es schlecht um die Zukunft des Musikvideoclips zu stehen: Nicht nur, dass die Musikindustrie begonnen hat, angesichts der ökonomischen Einbrüche der letzten Jahre die Mittel für diese, ursprünglich als reine Werbeträger konzipierten Kurzfilme drastisch zusammenzukürzen, so dass frühere Budgets von bis zu 2,5 Millionen Dollar pro Video zukünftig der Vergangenheit angehören zu scheinen; auch der Umstand, dass auf DVDs, in darauf reagierenden Zeitungsartikeln und mit einer Ausstellung wie der hier besprochenen eine Art Resümee der Evolution des Genres hin zu einer eigenen, z.T. durchaus avantgardistischen Kunstform gezogen wird, spiegelt ein Bewußtsein des Umstandes wider, dass eine entscheidende Phase dieser Entwicklung zu Ende gegangen ist: Hegels Eule der Minerva beginnt ihren Flug also auch hier erst mit hereinbrechender Dämmerung. ...
Beim Stichwort Biene Maja gibt es kaum jemanden, der nicht sofort ein Bild von der ›kleinen frechen Biene‹ vor Augen hätte. Man kennt den Begriff – zumindest gefühlt – seit Generationen. Nicht wenige werden parallel auch gleich den Beginn der Melodie im Ohr haben, die über Jahre im Fernsehen die namensgleiche Zeichentrickserie begleitet hat. Ja, Die Biene Maja hat sich zu einem ausgesprochen bekannten Markenzeichen entwickelt und ist damit weit bekannter als ihr Erfinder, der Schriftsteller Waldemar Bonsels. Ihm widmet Bernhard Viel seine nicht nur an Seitenzahlen umfangreiche, sondern auch zeitgeschichtlich weit umspannende Biografie. ...
Rezension zu Volker Pantenburg u. Nils Plath (Hg.): Anführen - Vorführen - Aufführen. Texte zum Zitieren, Bielefeld (Aisthesis) 2002. 291 Seiten.
Die Beiträge des Sammelbandes 'Anführen - Vorführen - Aufführen. Texte zum Zitieren', herausgegeben von Volker Pantenburg und Nils Plath, gehen diesem feinen Netz kultureller Praktiken nach, die an das Zitieren angeschlossen sind. Im Mittelpunkt der Beiträge steht weniger der Begriff der Intertextualität, es werden stattdessen Arten und Weisen des Zitierens an-, vor- und aufgeführt. Die Beiträge setzen sich dementsprechend mit den Verfahren und Bedingungen des Zitierens auseinander, sie gehen den Technologien, dem Wiederholungs-/Gedächtnis-Charakter des Zitats nach und führen das Zitieren performativ vor. Sie zeigen aber auch, in welchen Momenten das Zitat den Text stört, in den es eingefügt ist.
Rezension zu Volker Zenk: Innere Forschungsreisen. Literarischer Exotismus in Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts, Oldenburg (Igel Verlag Wissenschaft) 2003 (= Literatur- und Medienwissenschaft; Bd. 89). 424 Seiten.
Mit seiner Dissertation legt der Autor eine Synthese der in den letzten Jahren zunehmend in Einzeluntersuchungen zerstreuten Forschung zur exotistischen Literatur der Jahrhundertwende vor.
Wer sich an das gremiensichere Deutsch wissenschaftlicher Antrags- und Aufsatzprosa gewöhnt hat (oder gewöhnen musste), wundert sich. Der emeritierte Professor der Sexualwissenschaft Volkmar Sigusch stellt die Geschichte der Sexualwissenschaft in einer Weise dar, die von den einen sicherlich vorschnell als diskursives Relikt der 68er abgetan, von den anderen als wohltuende Erinnerung an die Möglichkeit kritischer Wissenschaft angenommen werden wird. Ob "mannfrau" darüber verärgert oder erleichtert ist, sei dem/der Einzelnen überlassen. In jedem Fall gehen persönliches Engagement und überragendes Fachwissen, subjektive Einsichtnahme und Materialsättigung, Verständnis für die Akteure der Sexualwissenschaften und kritische Distanzierung, Eloge und Demystifikation in diesem Werk eine anregende Verbindung ein. Siguschs subjektive Objektivität kann als Beispiel und Kennzeichen kritischer Sexualwissenschaft gelten (S. 510). Sie macht aus der Lektüre des umfangreichen Buchs eine aufrüttelnde Erfahrung. Denn sie zwingt dazu, den gegenwärtigen (und nicht allein wissenschaftlichen) Umgang mit der körperlichen Liebe aus den Versprechungen, Verdrängungen und Verfehlungen der mit ihrer Erforschung betrauten Wissenschaft neu verstehen zu lernen. Insofern ist die Geschichte der Sexualwissenschaft ein sozial- und sittengeschichtliches Unternehmen ersten Ranges und von höchster Aktualität. ...