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Neben Goethes – hier freilich nur sehr grob umrissener – nüchterner Bewertung der historischen Rolle Deutschlands und Europas nimmt sich der "Europa" überschriebene, im Herbst 1799 entstandene Aufsatz Friedrich von Hardenbergs, genannt Novalis, geradezu als das andere Ende eines Spektrums von Standpunkten aus, die das Thema »Europa in Weimar« um 1800 ausmessen. Der Text hat bei den zeitge-nössischen Lesern in Novalis’ romantischem Jenaer Freundeskreis, besonders aber bei Schelling, für Irritation gesorgt. Goethe, der von August Wilhelm Schlegel um eine Stellungnahme gebeten worden war, sprach sich gegen die Absicht der Herausgeber aus, die "Europa"-Rede aus romantischer »Philironie« heraus zusammen mit Schellings polemischer Entgegnung "Epikurisch Glaubensbekenntniß Heinz Widerporstens" im "Athenäum" abzudrucken; eine Begründung seiner Entscheidung ist freilich nicht überliefert. Auch die spätere Rezeption der "Europa" blieb nicht selten von Verständ-nislosigkeit und Befremden geprägt.
Eine kleine Sensation war bis vor kurzem im Gästebuch des Goethehauses verborgen geblieben: Auf der Konzertreise, die Franz Liszt nach seinem Gastspiel in der sächsischen Kunstmetropole am 31. März 1840 von Leipzig weiter nach Paris führte, machte er am 1. April in Weimar Station und besuchte das Haus des Dichters. Sein eigenhändiger Namenszug und der seines Reisebegleiters Hermann Cohen, datiert von Friedrich Theodor Kräuter, dem Kustos des Goethehauses, verschiebt den Zeitpunkt des in der Forschung bisher angenommenen ersten Aufenthaltes Franz Liszts in Weimar um mehr als eineinhalb Jahre zurück in das Jahr 1840.
Wer als erster den Plan fasste, die Dichtertage ab 1941 zu internationalisieren, ist nicht mehr festzustellen, desgleichen nicht, wer auf die Idee eines ›Anti-P.E.N.- Clubs‹ verfallen war. Angeblich handelte es sich um einen spontanen Gedanken, den der Flame Filip De Pillecyn (Pillecijn) und der Franzose Jacques Chardonne zeitgleich äußerten, doch der spanische Tagungsteilnehmer Ernesto Giménez Caballero, der sich stolz den ersten Faschisten Spaniens nannte, behauptete, bereits 1933 in Rom die Gründung eines antibolschewistischen Dichterverbandes mit dem programmatischen Namen M.A.N.U.S (Militantium Auctorum Nationalium Universale Sodalitium) angeregt zu haben. Dieser Name habe die gegen Juden, Freimaurer und Linke jeglicher Couleur erhobene Hand, mit der Faschisten grüßten, symbolisieren sollen. Die Zeit sei damals allerdings noch nicht reif gewesen, doch jetzt habe Minister Goebbels endlich diesen wegweisenden Plan realisiert.
Kolumbus entdeckt Amerika? : Zur Deutung der Gestalt des italienischen Seefahrers bei Schiller
(2008)
Weder der mythologische noch der religiöse oder der pädagogische Aspekt, keine der eingangs beschriebenen Sichtweisen auf die Gestalt des Kolumbus interessierte Schiller, schon gar nicht Alexander von Humboldts Blick auf den mit Hilfe der empirischen Naturwissenschaften erfolgreichen Entdecker "glüksel’grer Welten", die der junge Schiller in Amerika vermutete. Schiller unterzieht die Figur vielmehr auf eine für ihn charakteristische Weise einer radikal "idealistischen" Interpretation. Kolumbus wird jeglicher Historizität entkleidet; er dient lediglich als Vehikel eines poetischen Verfahrens, das Benno von Wiese als "ästhetische Synthesis" bezeichnet hat. Gemeint ist damit die für Schillers Einbildungskraft typische doppelte Bewegung der "'Aufhebung' des Ideellen im Konkreten und des Konkreten im Ideellen", und zwar dadurch, dass "begriffliche Abstraktionen und Ideen […] dem Bildhaften angenähert werden" und umgekehrt und damit jeweils ein "spezifischer Empfindungswert" gewonnen wird. Im Folgenden ist die Frage zu klären: Welcher Idee, welchem Begriff dient Kolumbus zur Anschauung?
An interior delta in the lower course of the Ntem River near the sub-prefecture Ma’an was identified after interpretation of satellite images, topographical maps of SW Cameroon and geological as well as hydrological references and a reconnaissance fieldtrip to the study area. Here neotectonic processes have initiated the establishment of a ‘sediment trap’ (step fault), which in combination with environmental changes strongly generated the fluvial morphology. It transitionally led to temporary lacustrine and palustrine conditions in parts of this river section. Inside the interior delta an anastomosing multi-branched river system has developed, which contains ‘stillwater locations', periodically inundated sections, islands and rapids. Following geomorphological, physiogeographical and sedimentological research approaches, the alluvial plain has been prospected and studied extensively. 91 hand-corings, including three NE–SW transects, were carried out on river benches, levees, cut-off and periodical branches, islands as well as terraces throughout the entire alluvial plain and have unveiled multi-layered, sandy to clayey alluvia reaching up to 440 cm depth. At many locations, fossil organic horizons and palaeosurfaces were discovered, containing valuable palaeoenvironmental proxy data. At these sites, through additional detailed stratigraphical analysis (close-meshed hand-coring and exposure digging) a comprehensive insight into the stratification (lamination) of the alluvia could be gained, clarifying processes and conditions that prevailed in the catchment area during the period of their deposition. 32 Radiocarbon data of macro-rests (leafs, wood), charcoal and organic sediment sampled from these horizons provided ages between 48.230 ± 6.411 and 217 ± 46 years BP (not calibrated). This constitutes the importance of the alluvia as an additional, innovative palaeoarchive for proxy data contributing to the reconstruction of palaeoenvironment and palaeoclimate in western Equatorial Africa. The further examination of the alluvia will not only provide additional information on the dynamics of vegetation, climate and hydrology (esp. fluvial morphology) in SW Cameroon since the ‘First Millennium BC Crisis’ (around 3.000 years BP), the main focus of the DFG-research project, but also on conditions prevailing since the Late Pleistocene, during the Last Glacial Maximum (~18.000 years BP), the Younger Dryas impact (~11.000 years BP) and the ‘Humid African Period’ (~9.000–6.000 years BP). Delta13C-values (–31,4 to –26,4‰) evidence that at the particular drilling sites rain forest has prevailed during the corresponding time period (rain forest refuge theory). The sampled macrorests all indicate rain forest dominated ecosystems, which were able to persist in fluvial habitats, even during arid periods.
In diesem Aufsatz konzentriere ich mich auf einen wichtigen und überaus kühnen, praktisch-politischen Vorschlag des Projekts der kosmopolitischen Demokratie (Archibugi/Held 1995; Archibugi et al. 1998; Beck 2004; Held 1998): auf die Parlamentarisierung der Weltpolitik (Übersicht bei Bienen et al. 1998). Das kosmopolitische Projekt unterstellt, dass die Vergemeinschaftung der Menschheit einen Grad erreicht hat, der es erlaubt oder gar erfordert, die Herstellung von Recht – einschließlich von Weltbürgerrecht (Brunkhorst et al. 1999) und die Kontrolle seiner richtigen exekutiven Anwendung in die Hände einer globalen Legislative zu geben.
Queertheorie bestimmt sich über Vorläufigkeit, die sich nicht als fixiertes System versteht, sondern als eines, das lediglich ein Instrumentarium zur Verfügung stellt, um die Logik der Spezifität von Machtbeziehungen und Machtkämpfen, etwa in literarischen Texten, zu analysieren. Insofern jeder kritischen Theorie die Verpflichtung aufgegeben ist, kritisch gegen sich selbst gewendet, auch die Möglichkeit zu denken, dass sie nicht immer da sein wird, gilt es, sich nicht im eigenen Moment einzurichten. So möchte ich im Sinne einer vorläufigen und zugleich einer strategischen Kanonisierung vorschlagen: Die germanistische Literaturwissenschaft sowohl mit postkolonialen Theorien als auch mit Gender- und Queertheorien momenthaft und gleichsam verschränkt zu perspektivieren, um dadurch neue Realisationen von Texten zum Entstehen zu bringen.
Lässt sich, wie Heidemarie Uhl fragt, »die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie [...] nicht als ein quasi-kolonialer Herrschaftskomplex begreifen, in dem die hegemoniale Kultur sich beständig durch Grenzziehungen zu ihrem kulturell-zivilisatorischen ›Anderen‹ legitimiert [...]«? Und welche Resonanz haben die vielfältigen Herrschaftsformen im habsburgischen Zentraleuropa in literarischen Texten gefunden? Eben einem solchen literarischen Text, der dieser Monarchie, diesem ›quasi-kolonialen Herrschaftskomplex‹ entsprang und in dem das kulturell-zivilisatorisch ›Andere‹, das ›Orientalische‹, eine bedeutende Rolle spielt, widmet sich meine Lektüre. Die für mich zentrale theoretische Fragestellung ist, ob neben dem expliziten kolonialen Gehalt des Textes auch seine impliziten kolonialen oder postkolonialen Strukturen lesbar und exponierbar werden oder immer schon exponiert sind. Die Möglichkeit einer postkolonialen Lesart würde bedeuten, dass es sich um einen Text handelt, in dem vielfältige, prozesshafte Identitätskonzepte lesbar sind, in dem binäre Oppositionsstrukturen unterlaufen werden und in dem sich Räume der Hybridität eröffnen, wie sie u.a. mit Homi Bhabhas Konzept des ›Dritten Raumes‹ beschreibbar sind.
Die Grenzen der Welt
(2008)
Ein junger Dozent der Philosophie reist im Mai 1941 ins besetzte Paris. Eingeladen hat ihn die kulturpolitische Abteilung der deutschen Botschaft, das Deutsche Institut. Im Jahr darauf erscheint der Pariser Vortrag bei Vittorio Klostermann unter dem Titel Volk und Geschichte im Denken Herders. Man liest dort, Herder betreffend: »So sieht er (und nimmt darin eine Einsicht vorweg, die uns aus Nietzsches zweiter unzeitgemäßer Betrachtung über den »Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben« geläufig ist): jedes Leben hat einen geschlossenen Horizont, um in dieser »Mäßigung des menschlichen Blickes (die »Fühllosigkeit, Kälte und Blindheit« gegen das Ungleichartige und Fremde der Vergangenheit zur Folge hat) mir auf dem Mittelpunkte Genüge zu geben, der mich trägt.« In einem auf seine Vorurteilslosigkeit stolzen Jahrhundert erkennt Herder die Kraft des Vorurteils, glücklich zu machen, indem es »Völker in ihrem Mittelpunkte zusammendrängt«.