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Die Einsicht in die Notwendigkeit des Exils entsteht bei den meisten Autoren unter dem existentiell gewordenen Druck, einer Ausweisung zuvorzukommen. Die Furcht vor bevorstehender Inhaftierung, die Angst vor einem Berufsverbot oder vor einer schikanösen Zensurhandhabung veranlaßt jene Autoren, welche die politischen Ereignisse in Deutschland und Österreich-Ungarn kommentieren, ihre Heimatstaaten zu verlassen.
Denn bei vielen Emigranten der schreibenden Zunft handelt es sich vor allem um 'Censur-Flüchtlinge' wie Rudolf Gottschall in seinem gleichnamigen Gedichtband die politischen Exulanten nannte. Diese sind nicht nur darum bemüht, in den Anrainerstaaten eine alternative Verlagslandschaft
zu organisieren, sondern verändern infolge des Blicks von außen auf die Geschehnisse im Heimatland ihre Sichtweisen auf die Politik. Mit dem Exil wandelt sich also nicht nur das berufliche und private Umfeld, sondern auch die politische Einstellung, sei es daß eine Politisierung erstmals stattfindet, daß bestehende Vorstellungen bestätigt oder radikalisiert werden oder daß die Ferne zur Heimat und die Erlebnisse in der Fremde eine Veränderung der politischen Auffassung, also einen Politikwechsel bewirken.
Stand die ältere Parteienhistoriographie vor dem Zweiten Weltkrieg noch weitgehend vor dem Problem der Trennung von politischen Ideen und Parteiengeschichte und der Etablierung eines eigenen Theorie- und Methodenansatzes, und konzentrierte sie sich hauptsächlich auf die einseitige Darstellung der großen politischen, männlichen Denker bzw. auf
die Persönlichkeiten, die Parteien-Geschichte schrieben, so profitierte die neuere Forschung nach 1945 von der allgemein positiveren Einschätzung von Parteien als verfassungsrechtlich geschützten, staatstragenden Elementen in pluralistischen Demokratien und wandte sich im Anschluß an die ab den 1960er Jahren in die bundesrepublikanische Geschichtswissenschaft Einzug haltende Sozialgeschichtsschreibung und deren Methodik auch der bisher vernachlässigten Strukturanalyse des Parteiensystems zu. Nachdem die auf diesem Felde liegenden Desiderata größtenteils ausgeräumt worden waren, erkannte die sich den Ursprüngen und Anfängen der deutschen Parteien widmende Fachhistorie, daß sie mit einer rein strukturgeschichtlichen Untersuchung und der damit häufig korrespondierenden Übertragung moderner Parteibegriffe, -verständnisse und einer aus der Gesellschaftsgeschichte abgeleiteten Klassenkampfterminologie auf eine noch vorindustrielle, traditionale Gesellschaft dem politischen Alltag und der gesellschaftlichen Realität des deutschen Vormärz wie den Wirkungsmöglichkeiten sozio-politischer Gruppierungen in dieser Zeit nicht gerecht wurde und diese auch nicht vollständig erfassen konnte. Denn das gesellschaftspolitische Denken der damaligen Gruppierungen orientierte sich noch an den zwischen 1815 und 1848 im
Deutschen Bund existierenden Herrschaftsordnungen. Angesichts des sich abzeichnenden Zerfalls dieser alten Machtstrukturen suchten die vormärzlichen Politiker und Theoretiker zwar fieberhaft nach neuen Ordnungsgefügen, Politikentwürfen und Handlungsräumen, doch aufgrund der obrigkeitlichen Willkür, staatlichen Verfolgungspraxis und Zensurmaßnahmen konnten sie diese kaum in der politischen Öffentlichkeit, sondern eigentlich nur im halböffentlichen Raum oder in dem
im Untergrund tätigen Assoziationswesen erproben.
Das Moment der Opposition gehört zu den Grundmerkmalen des Exils, beschreibt aber nur einen Aspekt seiner – erzwungenen oder eben freiwilligen – Notwendigkeit, in der sich Schriftsteller und Künstler, Juristen und Handwerker, Juden und Christen zu allen Zeiten gleichermaßen begegneten. Im Übrigen bleibt zu beachten, dass ebenso wenig wie von einer einheitlichen liberalen Gegenbewegung zum Metternich'schen System in ganz Deutschland die Rede von einer nur annähernd geschlossen auftretenden Opposition im Vormärz sein kann; eine solche konnte sich unter den politischen Bedingungen der Nachkriegsära nicht herausbilden. Opposition im Vormärz erstreckte sich bis in die zwischen konservativer Orthodoxie und innerkirchlichem Liberalismus zerrissenen Kirchen hinein, in denen liberale Gegenströmungen wie die "Lichtfreunde" und die "Deutschkatholiken" das Staatskirchentum der Amtskirchen in Frage stellten und so von hier aus die Revolution vorbereiteten. Ebenfalls nur eine der vielen Facetten des Exils erfasst die Koppelung des Begriffs an die Literatur, auch wenn die Erfahrung von Verfolgung und Vertreibung die Geschichte des geschriebenen Wortes seit der Antike begleitet.
In Württemberg unterstützte der Kultusminister Karl von Wangenheim den Reformprozess. Er war auf den jungen, pragmatischen und scharfsinnigen Beamten Friedrich List aufmerksam geworden. Dieser kannte die Verwaltungssysteme von der Kommunalebene bis zu den zentralen Staatsorganen und konnte sowohl im Detail als auch in institutionellen Zusammenhängen denken. Als nach 1819 die Restaurationswelle Europa überrollte, gewannen die altständischen Kräfte die Initiative zurück. Von Wangenheim wurde als württembergischer Gesandter des Bundestags nach Frankfurt versetzt. Lists Eifer wurde nicht mehr gebraucht. Seine kleinbürgerliche Herkunft und sein temperamentvoller Charakter störten die Gediegenheit des wieder funktionierenden traditionellen Machtapparates. Als Abgeordneter hielt er im württembergischen Landtag eine zu kühne Rede, die sein Schicksal besiegelte. Er wurde aus Württemberg ausgewiesen und verbrachte sein Leben im Exil. Als einer der wenigen Vormärzdeutschen mit industriellen, medientechnischen und parteipolitischen Erfahrungen in der Schweiz, in Frankreich, Belgien, England und den Vereinigten Staaten von Amerika ist er im Zeitalter der beschleunigten Globalisierung eine besonders interessante Figur.
Spinocerebellar ataxia type 2 (SCA2) is caused by polyglutamine expansion in Ataxin-2 (ATXN2). This factor binds RNA/proteins to modify metabolism after stress, and to control calcium (Ca2+) homeostasis after stimuli. Cerebellar ataxias and corticospinal motor neuron degeneration are determined by gain/loss in ATXN2 function, so we aimed to identify key molecules in this atrophic process, as potential disease progression markers. Our Atxn2-CAG100-Knock-In mouse faithfully models features observed in patients at pre-onset, early and terminal stages. Here, its cerebellar global RNA profiling revealed downregulation of signaling cascades to precede motor deficits. Validation work at mRNA/protein level defined alterations that were independent of constant physiological ATXN2 functions, but specific for RNA/aggregation toxicity, and progressive across the short lifespan. The earliest changes were detected at three months among Ca2+ channels/transporters (Itpr1, Ryr3, Atp2a2, Atp2a3, Trpc3), IP3 metabolism (Plcg1, Inpp5a, Itpka), and Ca2+-Calmodulin dependent kinases (Camk2a, Camk4). CaMKIV–Sam68 control over alternative splicing of Nrxn1, an adhesion component of glutamatergic synapses between granule and Purkinje neurons, was found to be affected. Systematic screening of pre/post-synapse components, with dendrite morphology assessment, suggested early impairment of CamKIIα abundance together with the weakening of parallel fiber connectivity. These data reveal molecular changes due to ATXN2 pathology, primarily impacting excitability and communication.
Lichen-forming fungi are symbiotic organisms that synthesize unique natural products with potential for new drug leads. Here, we explored the pharmacological activity of six lichen extracts (Evernia prunastri, Pseudevernia furfuracea, Umbilicaria pustulata, Umbilicaria crustulosa, Flavoparmelia caperata, Platismatia glauca) in the context of cancer and inflammation using a comprehensive set of 11 functional and biochemical in vitro screening assays. We assayed intracellular Ca2+ levels and cell migration. For cancer, we measured tumor cell proliferation, cell cycle distribution and apoptosis, as well as the angiogenesis-associated proliferation of endothelial cells (ECs). Targeting inflammation, we assayed leukocyte adhesion onto ECs, EC adhesion molecule expression, as well as nitric oxide production and prostaglandin (PG)E2 synthesis in leukocytes. Remarkably, none of the lichen extracts showed any detrimental influence on the viability of ECs. We showed for the first time that extracts of F. caperata induce Ca2+ signaling. Furthermore, extracts from E. prunastri, P. furfuracea, F. caperata, and P. glauca reduced cell migration. Interestingly, F. caperata extracts strongly decreased tumor cell survival. The proliferation of ECs was significantly reduced by E. prunastri, P. furfuracea, and F. caperata extracts. The extracts did not inhibit the activity of inflammatory processes in ECs. However, the pro-inflammatory activation of leukocytes was inhibited by extracts from E. prunastri, P. furfuracea, F. caperata, and P. glauca. After revealing the potential biological activities of lichen extracts by an array of screening tests, a correlation analysis was performed to evaluate particular roles of abundant lichen secondary metabolites, such as atranorin, physodic acid, and protocetraric acid as well as usnic acid in various combinations. Overall, some of the lichen extracts tested in this study exhibit significant pharmacological activity in the context of inflammation and/or cancer, indicating that the group lichen-forming fungi includes promising members for further testing.
Nitro fatty acids (NFAs) are endogenously generated lipid mediators deriving from reactions of unsaturated electrophilic fatty acids with reactive nitrogen species. Furthermore, Mediterranean diets can be a source of NFA. These highly electrophilic fatty acids can undergo Michael addition reaction with cysteine residues, leading to post-translational modifications (PTM) of selected regulatory proteins. Such modifications are capable of changing target protein function during cell signaling or in biosynthetic pathways. NFA target proteins include the peroxisome proliferator-activated receptor γ (PPAR-γ), the pro-inflammatory and tumorigenic nuclear factor-κB (NF-κB) signaling pathway, the pro-inflammatory 5-lipoxygenases (5-LO) biosynthesis pathway as well as soluble epoxide hydrolase (sEH), which is essentially involved in the regulation of vascular tone. In several animal models of inflammation and cancer, the therapeutic efficacy of well-tolerated NFA has been demonstrated. This has already led to clinical phase II studies investigating possible therapeutic effects of NFA in subjects with pulmonary arterial hypertension. Albeit Michael acceptors feature a broad spectrum of bioactivity, they have for a rather long time been avoided as drug candidates owing to their presumed unselective reactivity and toxicity. However, targeted covalent modification of regulatory proteins by Michael acceptors became recognized as a promising approach to drug discovery with the recent FDA approvals of the cancer therapeutics, afatanib (2013), ibrutinib (2013), and osimertinib (2015). Furthermore, the Michael acceptor, neratinib, a dual inhibitor of the human epidermal growth factor receptor 2 and epidermal growth factor receptor, was recently approved by the FDA (2017) and by the EMA (2018) for the treatment of breast cancer. Finally, a number of further Michael acceptor drug candidates are currently under clinical investigation for pharmacotherapy of inflammation and cancer. In this review, we focus on the pharmacology of NFA and other Michael acceptor drugs, summarizing their potential as an emerging class of future antiphlogistics and adjuvant in tumor therapeutics.
Post-exercise hypotension (PEH) is the phenomenon of lowered blood pressure after a single bout of exercise. Only a fraction of people develops PEH but its occurrence correlates well with long-term effects of sports on blood pressure. Therefore, PEH has been suggested as a suitable predictor for the effectivity of exercise as therapy in hypertension. Local vascular bioactive lipids might play a potential role in this context. We performed a cross-over clinical pilot study with 18 healthy volunteers to investigate the occurrence of PEH after a single short-term endurance exercise. Furthermore, we investigated the plasma lipid profile with focus on arachidonic acid (AA)-derived metabolites as potential biomarkers of PEH. A single bout of ergometer cycling induced a significant PEH in healthy volunteers with the expected high inter-individual variability. Targeted lipid spectrum analysis revealed significant upregulation of several lipids in the direct post-exercise phase. Among these changes, only 15- hydroxyeicosatetranoic acid (HETE) correlated significantly with the extent of PEH but in an AA-independent manner, suggesting that 15-HETE might act as specific PEH-marker. Our data indicate that specific lipid modulation might facilitate the identification of patients who will benefit from exercise activity in hypertension therapy. However, larger trials including hypertonic patients are necessary to verify the clinical value of this hypothesis.
Im folgenden werden einige Überlegungen angestellt, die anhand einer motivischen Konstante in der Literatur über Kindheit und Jugend in der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigen sollen, wie der Diskurs des 18. Jahrhunderts gleichermaßen aufgegriffen und umgedeutet wird. Bezugspunkt dieses Wiederaufgreifens ist ein Ereignis im historischen Rahmen des Vormärz, der das antipädagogische Ideal einer gesellschaftsfernen Ursprünglichkeit von Kindheit und Jugend noch einmal empirische Wirklichkeit werden zu lassen versprach: das Auftauchen von Kaspar Hauser in Nürnberg im Jahre 1828. [...] Das Genre der Findlingsliteratur wird hier anhand zweier Romane und einer Erzählung aus dem Umkreis des Vormärz vorgestellt: 1834 publiziert der hegelianische Theologe Philipp Konrad Marheineke "Das Leben im Leichentuch", 1853 veröffentlicht Adalbert Stifter "Turmalin" und 1870 erscheint unter dem Titel die "Die Söhne Pestalozzi's" ein dreibändiger Roman von Karl Gutzkow. Alle drei Texte greifen die aktuelle Debatte über den Nürnberger Fund auf, und doch schreiben alle drei zugleich ein aus dem 18. Jahrhundert stammendes literarisches Genre fort, innerhalb dessen die Lebensgeschichten von Wolfs- und Findelkindern zum Prüfstein für die Idealisierung der natürlichen Ursprünglichkeit von Kindheit und Jugend wird. Aufgrund dieser motivischen Konstante innerhalb eines gewandelten gesellschaftlichen und pädagogischen Umfelds läßt sich anhand von Marheinecke, Stifter und Gutzkow die Frage nach der Kontinuität des Konzepts einer idealisierten Jugend im Umfeld des Vormärz exemplarisch beantworten.