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Spätestens seit einem vielbeachteten Artikel von Außenministerin Clinton in Foreign Policy (November 2011) mit dem Titel „America’s Pacific Century“ rauscht und raunt es im sicherheitspolitischen Blätterwald. Ist Europa nun endgültig der Aufmerksamkeit der USA entzogen? Wird die NATO nur noch zu einem strategisch hohlen Relikt transatlantischer Zuneigungsbekundung und spielt die sicherheitspolitische Musik nun neuerdings im Pazifik? Nein, denn, wie dieser Beitrag argumentiert, handelt es sich bei der aktuellen Politik der Obama-Administration weder um ein Nullsummenspiel noch um einen Bruch mit historischen Kontinuitäten....
Am 7. November 2011 veröffentlichte David Rieff unter dem Titel “R2P, R.I.P.” in der New York Times einen vielbeachteten Nachruf auf die sogenannte “Responsibility to Protect” (R2P), die Schutzverantwortung der Staaten der internationalen Gemeinschaft auf der Basis der menschlichen Sicherheit. Diese durch das Schlussdokument der UN Vollversammlung im Jahr 2005 kodifizierte Norm stellte das vorläufige Ende einer langen Entwicklung dar, mit welcher die internationale Gemeinschaft Lehren aus dem Scheitern in Ruanda und in Srebrenica in den 1990er Jahren ziehen wollte. Zwei fundamentale Prinzipien, das der staatlichen Souveränität und das der internationalen Solidarität, sollten durch einen klaren Kriterienkatalog neu ausbalanciert werden...
Eine "Gestaltungsmacht" stolpert hinterher – Die deutsche Bundesregierung und die Krise in Mali
(2013)
Im November diagnostizierte ich auf diesem Blog, dass sich Deutschland nach Mali ‚geschlichen‘ habe. Gegenstand dieser Kritik war eine doppelte Zurückhaltung: obwohl die deutsche Bundesregierung recht schnell signalisierte, dass sie sich an einer Trainingsmission für das malische Militär beteiligen würde, blieb der tatsächliche deutsche Beitrag nach außen hin vage und der öffentliche Diskurs über eine Mali-Strategie nach innen nicht existent. Seitdem hat sich einiges getan. Frankreich intervenierte militärisch, die Bundeswehr schickte logistische Unterstützung, die deutsche Öffentlichkeit diskutierte ein wenig und der Bundestag mandatierte die Entsendung der Bundeswehr, wenn auch nicht von Kampftruppen. Trotz dieser Entwicklungen hat sich an der Zurückhaltung der Bundesregierung erstaunlich wenig verändert. Wenn schon konkret gehandelt wird, warum wurde nicht auch der deutsche Regierungsdiskurs vernehmbarer und das Handeln der Bundesregierung konkret greifbarer? Wird eine klare außen- und sicherheitspolitische Position nur elitär aber nicht öffentlich diskutiert und, wenn ja, warum? Oder, so die Vermutung im Folgenden: die deutsche Bundesregierung kann aufgrund der politischen Handlungsnotwendigkeiten nicht mehr schleichen, stolpert den Entwicklungen aber hinterher, weil es weiterhin an einem konkreten und konturierten Gestaltungswillen deutscher Entwicklungs-, Außen- und Sicherheitspolitik und an der strategischen Tiefe der Hilfsmaßnahmen fehlt...
Die deutsche Bundesregierung engagiert sich stärker im Irak, um der brutalen, vor Völkermord nicht zurückschreckenden Miliz Islamischer Staat (IS) Einhalt zu gebieten. Das ist gut und richtig – auch wenn man die langfristigen Konsequenzen des Instruments der Waffenlieferung kritisch sehen muss. Nach ersten (zaghaften) Änderungen in der deutschen Afrikapolitik sowie einer aktiven Rolle bei Eindämmungsversuchen in der Ukrainekrise ist dies nun das nächste Zeichen, dass es Deutschland ernst meint, mit einer aktiveren Außen- und Sicherheitspolitik. Leider vergisst die Bundesregierung einmal mehr, Politikwechsel im Auswärtigen auch im Inneren transparent zu erklären...
Dies ist der 22. Artikel unseres Blogfokus „Salafismus in Deutschland“. Die Beiträge der Blogserie „Salafismus in Deutschland – Herausforderungen für Politik und Gesellschaft“ beschäftigten sich pointiert mit den gesellschaftlich, politisch, wissenschaftlich und medial wichtigsten Aspekten der salafistischen Glaubenslehre, Ideologie und Bewegung. Sie betonten die vielen Schattierungen dieser sich beständig im Wandel befindlichen Phänomene, wagten den Blick über den deutschen Tellerrand hinaus und formulierten Handlungsempfehlungen für Politik, Medien, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Obwohl es einige blinde Flecken vor allem in der empirischen Forschung zu Salafismus und Dschihadismus gibt (siehe unter anderem den Beitrag von Riem Spielhaus), ist es offensichtlich, dass nicht nur ein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem besteht: es gibt sehr viel grundlegendes Wissen, welches aber nicht in konkrete Handlungen übersetzt wird und oft in „Inseln des Wissens“ verharrt. Dies bezieht sich auf zweierlei: erstens auf die Gestaltung eines nur in seiner Gegenseitigkeit produktiven Wissenstransfers zwischen Wissenschaft und Praxis und zweitens auf eine sinnvolle Priorisierung politischer Steuerungsmaßnahmen....
Auf dem NATO-Gipfel in Lissabon wurde soeben eine neue Sicherheitsstrategie beschlossen. Die Allianz werde nun „more effective, more engaged, and more efficient“ [Quelle http://www.nato.int/cps/en/natolive/news_68216.htm], so NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen. Ohne die Folgen dieser neuen Strategie bereits jetzt evaluieren zu können, so kann man doch festhalten, dass mit dieser Strategie tatsächlich ein sich seit geraumer Zeit abzeichnender Paradigmenwechsel seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden hat: Die NATO 3.0 als Risikomanager...
Dies ist der erste Artikel unseres Blogfokus „Salafismus in Deutschland“.
„Der Salafismus“ oder „die Salafisten“ sind seit wenigen Jahren in aller Munde. Obgleich oftmals nicht klar ist, was oder wer auf diese Weise bezeichnet wird, dient das Label zunehmend als Projektionsfläche für sicherheits- und gesellschaftspolitische Ängste vor „islamistischem Terrorismus“ und der Verbreitung von anti-demokratischem und anti-emanzipatorischen Gedankengut. Begrifflich löst „Salafismus“ im öffentlichen Diskurs den zuvor gebräuchlicheren (aber etwas anders gelagerten) Terminus des „Islamismus“ ab und rückt in die Nähe von Extremismus, Gewalt und Terrorismus. Obgleich die salafistische Ideologie und Bewegung in den genannten Hinsichten als problematisch angesehen werden können, ist diese Begriffsverwendung für die Analyse und den Umgang mit dem Phänomen umstritten: Sie kann sowohl das Verständnis des Phänomens als auch die Handlungsoptionen staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteure verengen....
Wie schnell man fälschlicherweise ein monolithisches Bild eines Kontinents entwirft und wie vielstimmig und ausdifferenziert dagegen die Realität ist, zeigt ein Blick auf gegenwärtige Debatten um die Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur (APSA). Eine Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung widmete sich unter dem Titel „Überfordert und überschätzt? Aussichten der regionalen Sicherheitspolitik in Afrika und ihrer europäischen Unterstützung“ (09./10. Februar 2011 in Berlin) eben jener differenzierteren Blickweise. Sprachen zu Beginn der Konferenz vor allem europäische Teilnehmer noch von der afrikanischen Sicherheitsarchitektur, so wurde sehr schnell neben dem vielverwendeten Akronym APSA, das Wort „Frieden“ hinzugefügt, der Begriff der Sicherheit erweitert und vor allem auf regionale, sub-regionale und nationale Besonderheiten verwiesen. Der Plural, seien es Sicherheitsarchitekturen oder Sicherheitskulturen, wurde häufiger in den Redebeiträgen...
Wer in den letzten Monaten die Zeitungen aufschlug, kam um Hiobsbotschaften über den Zustand des Euros und Europas nicht herum. Von Hilferufen diverser peripherer Mitgliedsstaaten war allerorten die Rede, gar vom Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung. Die Regierungsspitzen, den Marktmechanismen scheinbar hilflos ausgeliefert, beraten sich auf Krisengipfeln, beginnend mit dem ersten Sondergipfel zur Eurokrise am 11. Februar. Rettungsschirme überall, die dann zu klein sind für die Menge an Mitgliedsstaaten, die man spekulativ noch darunter verorten könnte. Hermann von Rompuy sieht die EU gar in einem Überlebenskampf ...