CompaRe | Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Refine
Year of publication
- 2005 (105) (remove)
Document Type
- Article (70)
- Review (21)
- Part of a Book (7)
- Conference Proceeding (3)
- Part of Periodical (2)
- Other (1)
- Working Paper (1)
Language
- German (96)
- English (5)
- Portuguese (3)
- Polish (1)
Has Fulltext
- yes (105)
Keywords
- Rezension (21)
- Literatur (11)
- Vergleichende Literaturwissenschaft (9)
- Deutsch (8)
- Literaturwissenschaft (6)
- Rezeption (5)
- Kongress (4)
- Ästhetik (4)
- Goethe, Johann Wolfgang von (3)
- Johann Wolfgang von Goethe (3)
Institute
- Extern (9)
In Elias Canettis jüngst posthum herausgegebenen Erinnerungen an die Londoner Jahre, Party im Blitz, gibt es den schönen Ausdruck der "Nichtberührungsfeste ", der die Besonderheit "englischer Parties" charakterisieren soll. Canetti hat seine autobiographischen Bücher gleichsam als Gegenentwurf dazu geschrieben: als Feste der Berührung, der menschlichen Kontakte. In der 'Geretteten Zunge' zumal geben die Figuren einander im buchstäblichen Sinne die Klinke in die Hand, wenn man die vielen wechselnden Länder, Pensionen, Institutionen bedenkt, in die sich der Knabe immer wieder aufs Neue einleben muß. "Die Kunst besteht darin", so Canetti über die gesellschaftlichen Spielregeln seiner Wahlheimat, "einander so nahe zu sein und doch nichts Wichtiges von sich zu verraten. […] Wer etwas Besonderes ist, hat es sorgfältig zu verbergen."
Diese Umstände mögen erklären, warum die englische Literatur nur wenige Autobiographien von weltliterarischem Rang hervorgebracht hat. Die explosionsartige Zunahme britischer Autobiographien seit der Mitte des 20. Jahrhunderts geht denn auch mit dem Niedergang des Gentlemanideals einher. Canettis Schreiben über sich selbst ist eine Reaktion auf seine Exilsituation in England, wo er immerhin seit 1938 ansässig war. Wissentlich begeht er den ultimativen Fauxpas, nämlich hemmungslos über die eigene Person zu sprechen. Er kompensiert damit all die abgebrochenen Gespräche, er entbirgt sich in einer Weise, die seinem britischen Umgangskreis ein Grauen gewesen sein wird.
Nach dem Ende Jugoslawiens bleibt Indien der 'Testfall' dafür, daß ethnische, religiöse und sprachliche Vielfalt mit dem Konzept eines einheitlichen Staates kompatibel ist. Dies rechtfertigt Überlegungen zum Problem der Homogenität und Heterogenität im postkolonialen Umfeld und den Rückgriff auf die indische Kulturdiskussion aus der Zeit der antikolonialen Bewegung. Postkoloniales Denken wird dabei begriffen als widersprüchliches Ensemble von Haltungen zum Prozeßcharakter von Kulturen. Ihr Reflexionsfeld umfaßt plurikulturelle, multilinguale, multireligiöse und multiethnische Zusammenhänge.
Iqbal and Goethe : a note
(2005)
The recourse to Goethe plays an important role in the work of Mohammad Iqbal (1873-1938), one of the few important writers from the Indian subcontinent who knew German literature. Iqbal situates his own writing in the context of western colonial expansion and the corresponding world-historical loss of power of Islam in the East. The recourse to Goethe becomes an import reference point in his work. It enables him to stylise himself as a Messenger of the East in reply to Goethe as a representative of the West. By establishing a comparative cultural constellation with his German predecessor Iqbal affirms a cultural position consisting of a mode of historical complaint and cultural revival.
Traumdiskurse der Romantik
(2005)
Bericht zur Internationalen Tagung an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg, vom 25. bis 27. März 2004
Die Traumtheorien des romantischen Diskursfeldes um 1800 entfalteten erstmals die Vorstellung, dass der Traum selbst narrativen Techniken folgt. Die poetischen Traumerzählungen im Zeitalter der Romantik entwickelten nun neue Darstellungsverfahren, um den Traum ästhetisch abbilden zu können. Dabei wurde ein literarisches Wissen vom Menschen freigelegt, das über die Erkenntnisse der aufklärerischen Anthropologie und der Erfahrungsseelenkunde hinauswies. Das von der Fritz Thyssen Stiftung geförderte Symposion 'Traumdiskurse der Romantik' fand im Rahmen des von Peter-André Alt geleiteten DFG-Forschungsprojekts 'Literatur und Traum in der Kulturgeschichte Alteuropas bis zum Beginn der Moderne (1600-1820)' statt. Im Mittelpunkt der von Peter-André Alt und Christiane Leiteritz organisierten Tagung standen die Fragen nach dem Zusammenhang von Traum und Sprache, der Entdeckung des Unbewussten sowie der Beziehung zwischen Individualität und Universalität in den romantischen Traumtexten.
Kafka und die Weltliteratur
(2005)
Tagungsbericht zum internationalen Symposion an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken, vom 20. bis 23. September 2004
Die Veranstalter des Saarbrücker Symposions 'Kafka und die Weltliteratur', Manfred Engel (Saarbrücken) und Dieter Lamping (Mainz), wußten, daß sie mit ihrer Tagung die vielfältigen Differenzen innerhalb der Kafka-Forschung nicht würden ausräumen können. Wohl aber hofften sie, die schmale Konsensbasis der Kafka-Forschung durch einen neuen Zugangsweg zu vergrößern: Statt den Autor, wie schon so oft, als (bewunderten) Einzelgänger innerhalb der klassischen literarischen Moderne zu betrachten und alle Anstrengungen auf eine Deutung der Einzeltexte zu konzentrieren, ging es in Saarbrücken erstmals darum, Kafkas Dichtungen in komparatistischer Hinsicht zu kontextualisieren.
Die Metropole als kultureller und ästhetischer Erfahrungsraum : komparatistische Perspektiven
(2005)
Bericht zur Tagung der Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft am Germanistischen Seminar der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, vom 12. bis 14. Juni 2003, gefördert durch die Fritz-Thyssen-Stiftung.
Anläßlich des 60. Geburtstages von Prof Dr. Dolf Oehler veranstaltete die Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft am Germanistischen Seminar der Universität Bonn im Juni 2003 ein dreitägiges Colloquium zum Thema 'Die Metropole als kultureller und ästhetischer Erfahrungsraum: Komparatistische Perspektiven'. Forscherinnen und Forscher aus Deutschland und Frankreich trugen Ergebnisse ihrer Arbeiten in verschiedenen Disziplinen zusammen und diskutierten den Gegenstand sowohl in seinen historischen als auch in seinen komplexen aktuellen Bezügen.
Philosophiegeschichte, das ist evident, ist mit den klassischen Säulen Theorie und Begriffsgeschichte eine bewährte Disziplin. Ergänzt durch relativ neue Zweige wie Diskurs-, Institutionen-, Medien- oder Metapherngeschichte besteht ein breites Spektrum philosophiegeschichtlicher Methodiken, das sich beständig bereichert. Aber eine Nichtgeschichte der Philosophie? Was sollte sie leisten? Sollte sie post festum attestieren, begründen und besiegeln, was nicht geschehen konnte? Sollte sie a posteriori diagnostizieren, unter welchen Bedingungen bestimmte Entwicklungen hätten eintreten können? Oder sollte sie im Nachhinein diktieren, was hätte eintreten müssen, aufgrund bedauerlicher ephemerer Umstände aber nicht eintrat? In den Geschichtswissenschaften ist das methodische Bewußtsein für die Alternativen historischer Situationen gewachsen, für die Möglichkeitsform von Geschichte, die aus eingetretenen und nichteingetretenen Ereignissen besteht. Es scheint legitim, auch Philosophie- bzw. Ästhetikgeschichte auf diese Möglichkeitsformen hin zu befragen, ihre Nichtereignisse und ihre Konjunktive des Negativen zu thematisieren, um daraus wenn nicht Antworten so doch weiterführende Fragen zu ziehen.
Im Mittelalter war der Begriff der Nation zwar schon klar umrissen, aber die Nation in unserem Sinne gab es nicht. Das Wort ›Nation‹ ist entlehnt aus dem Lateinischen nâtio (-ônis), einer Ableitung von nâscî (nâtus sum), geboren werden, das mit dem lateinischen genus‚ Geschlecht, Art, Gattung verwandt ist. Das Wort bezeichnet seiner Etymologie nach eine Gemeinschaft von Menschen derselben Herkunft, die durch gemeinsame Abstammung verbunden sind; dann anschließend eine Gemeinschaft von Menschen gleicher Kultur, Sprache. Demgemäß bezeichnete lat. natio schon in der Antike und noch lange im Mittelalter die Abstammung oder den Herkunftsort einer Person und zwar in Bezug auf politisch nicht organisierte Bevölkerungen. Anfangs bezeichnete also die Nation die Herkunft einer Gruppe von ausgewanderten Menschen, die sich mit der Bevölkerung vermengte, in die sie sich eingliederte. So wurde das Wort besonders gebraucht, um die Herkunft der Studenten einer Universität zu bezeichnen: es ist die Rede von ›Universitätsnationen‹, wobei »mit diesem Wort […] ursprünglich eher Himmelsrichtungen als Nationen im späteren Sinne gemeint«
waren. Es entstand in Paris die Einteilung in vier Nationen: Gallikaner oder Gallier, zu denen auch Italiener, Spanier, Griechen und Morgenländer zählten, Picarden, Normannen und Engländer, die auch die Deutschen und weitere Nord- und Mitteleuropäer beinhalteten. […] Es gab an der 1348 gegründeten Universität Prag ebenfalls vier gleichberechtigte ›Nationen‹, in die sich die einzelnen Studenten organisierten. Die polnische Nation umfasste die Studenten aus Preußen, Schlesien oder aus einer polnischen Stadt mit deutscher Bevölkerung, d. h. aus dem gesamten östlichen Raum; zur böhmischen Nation gehörten die Böhmen, die Tschechen, die Ungarn und die Südslaven, zur bayerischen Nation die Schwaben, die Bayern, die Franken, die Hessen, die Rheinländer und die Westfalen, zur sächsischen Nation die Norddeutschen, die Dänen, die Schweden und die Finnen. So hatte der mittelalterliche Nationbegriff nichts zu tun mit dem modernen, seit der Französischen Revolution in den Vordergrund getretenen, und noch weniger mit dem Nationalismus.
Das Medium, um das es in meinem Beitrag gehen soll, das Plakat, unterscheidet sich von jenen Medien, die in den anderen Beitragen dieses Bandes verhandelt werden, in einem. wesentlichen Punkt. Ob es sich nämlich um das Buch, die Zeitung, das Internet, die Oper, den Film, das Fernsehen oder das Radio handelt, so betreten wir die Raume, in denen diese Medien wie Rhetorik entfalten, mehr oder weniger willentlich. Das Buch haben wir in der Buchhandlung erstanden oder einer Bibliothek entliehen;' die Zeitung haben wir abonniert; die Fernsehbilder beginnen erst zu rauschen, nachdem wir das Gerät per Fernbedienung eingeschaltet haben; ins Kino oder ins Theater begeben wir uns nach Durchsicht des Spielplans. Ins Internet müssen wir uns einloggen und um Karten für die letzte Ausstellung in der Tübinger Kunsthalle haben wir unter Umstanden lange angestanden – Den Raum jedoch, in dem das Plakat seine rhetorische Wirkung entfaltet, betreten wir in der Regel auf sehr viel unvermitteltere Art und Weise, jedes Mal nämlich, wenn wir auf die Straße hinaustreten. Denn Plakate gehören mit einer solchen Selbstverständlichkeit zum urbanen Lebensraum der Moderne, dass uns für bloßes Vorkommen in einem gewissen Sinne kaum mehr auffällt. Um den Wahrheitswert dieser Aussage zu prüfen, genügt es schon, sich nur einmal zu vergegenwärtigen, an wie vielen Exemplaren dieser Gattung man allein im Verlauf eines einzigen Tages vorbeikommt. Mit ziemlicher Sicherheit werden wir bereits Schwierigkeiten haben, allein die Artzahl zu bestimmen, geschweige denn zu sagen, welchen Gegenständen sie gegolten haben. Aber das heißt keineswegs, dass diese Begegnungen spur- und wirkungslos an uns vorübergegangen waren. Denn auf eben diese Situation, auf den Umstand nämlich, dass ihm oft nur Sekunden bleiben, um seine rhetorische Macht zu entfalten, ist das Plakat sehr gut abgestellt. Fast ist man versucht, in Analogie zur Darwinschen Evolutionstheorie der biologischen Arten von einer optimalen Anpassung dieser Gattung an ihre Umwelt zu sprechen. Ja, diese Anpassung ist so hervorragend, dass von einem Veralten des Plakats selbst im Zeitalter der digitalen Medien nicht die Rede sein kann. 1m Gegenteil verzeichnet die Plakatbranche für die gerade zu Ende gegangenen neunziger Jahre enorme Wachstumsraten. Eine Erfolgsgeschichte also durchaus.