Medizin
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Die in vivo MR-Protonenspektroskopie (1H-MRS) ist ein nichtinvasives Verfahren, das die Untersuchung biochemischer Substanzen beim Lebenden ermöglicht. In einer prospektiven Studie wurden Patienten, die an einer Demenz vom Alzheimer-Typ (DAT) litten, und altersentsprechende Probanden mit der 1H-MRS untersucht. Im Hirngewebe wurden Konzentrationen von Molekülen bestimmt, die Aussagen über die zelluläre Zusammensetzung ermöglichen. Das Hauptinteresse galt der Untersuchung von Glutamat und Glutamin, da ein Überangebot des Neurotransmitters Glutamat im synaptischen Spalt möglicherweise für die Neurodegeneration beim M. Alzheimer mitverantwortlich ist. Bei 29 Patienten mit einer DAT sowie 19 Probanden wurden zwei Volumina in Kortex und Marklager des Parietallappens bei 1,5 Tesla Magnetfeldstärke mit einer PRESS-Sequenz (TE = 22 ms, TR = 3 s) untersucht. Die Patienten waren kognitiv leicht bis mittelschwer beeinträchtigt (Mini Mental State Examination, MMSE, 11-27 Punkte). Die quantitative Auswertung der Spektren erfolgte nach der "phantom replacement method" mit dem Softwareprogramm LCModel. Als Kriterium für die Zuverlässigkeit der Konzentrationsangaben diente die vom Programm als %SD-Wert angegebene Auswertegenauigkeit der Einzelmessungen. Neben dem Glutamat- und Glutamingehalt wurden der Liquorgehalt im kortikalen Messvolumen und die Konzentrationen der Moleküle N-Acetyl-Aspartat und N-Acetyl-Aspartyl- Glutamat (tNAA), myo-Inositol (mI), Kreatin und Kreatinphosphat (tCr) sowie der cholinhaltigen Substanzen (tCh) bestimmt. Bei den Patienten konnten 25 aussagekräftige Spektren aus der Rindenregion und 19 aus dem Marklager des Parietallappens gemessen werden, bei den Probanden 17 Kortex- und 13 Marklager-Spektren. Glutamat und Glutamin können mit der in vivo-Spektroskopie wegen ihrer sich überlappenden Resonanzen nicht separat bestimmt werden und wurden deshalb als „Glx“ zusammengefasst. Der Glx-Gehalt betrug in der Rindenregion bei den Patienten im Durchschnitt 15,48 ± 5,15 mmol/l, bei den Probanden 13,98 ± 3,14 mmol/l. Die um 11% höhere Konzentration bei den Patienten war nicht signifikant. Die Glx-Konzentrationen im Marklager betrugen 8,16 ± 3,79 mmol/l bei den Patienten und 8,14 ± 3,71 mmol/l bei den Probanden. Nach dem Kriterium der %SD war die Zuverlässigkeit der Konzentrationsbestimmung von Glutamat und Glutamin eingeschränkt, was auf die protonenspektroskopischen Eigenschaften von Glutamat und Glutamin zurückzuführen ist. Sie erzeugen wegen ihrer gekoppelten Resonanzen breite und mehrgipflige Protonensignale, die wegen der resultierenden niedrigen Signalamplitude für LCModel von Makromolekülresonanzen oder von Artefakten, die durch ungenügende Wasserunterdrückung entstehen, schwierig abzugrenzen sind. Die %SD-Werte der Einzelmessungen von tNAA, mI, tCr und tCh waren gering, die Messergebnisse können daher als zuverlässig angesehen werden. Die tNAA-Konzentrationen in beiden Gruppen unterschieden sich weder in der grauen noch in der weißen Substanz signifikant voneinander. Im Hirnrindenvolumen zeigte sich bei den Patienten jedoch eine positive Korrelation von tNAA und MMSE-Ergebnis, also eine Reduktion von tNAA mit zunehmenden kognitiven Einbußen. Dies spricht für eine Abnahme des neuronalen Volumenanteils mit fortschreitender Erkrankung. Der durchschnittliche myo-Inositolgehalt im Marklagervolumen lag in der Patientengruppe um 20% höher als bei den Probanden. Der Unterschied erreichte jedoch kein Signifikanzniveau (p = 0,09). Im Rindenvolumen war die mittlere myo-Inositolkonzentration bei den Patienten um 7% höher als in der Kontrollgruppe, auch hier war der Unterschied nicht signifikant. Der nichtsignifikante myo-Inositolanstieg lässt sich als mäßige entzündliche oder reaktive Gliaproliferation interpretieren. Die tCr-Konzentrationen in beiden Gruppen unterschieden sich nicht, jedoch bestand bei den DAT-Patienten eine positive Korrelation des tCr-Gehalts mit der MMSE-Punktzahl in der grauen Substanz des Parietallappens, die Konzentration nahm also mit zunehmendem Schweregrad der Demenz ab. Bei der durchschnittlichen tCh-Konzentration bestanden keine Gruppenunterschiede in den untersuchten Regionen. Die Patienten wiesen eine signifikante Zunahme des mittleren Liquoranteils um 16% im kortikalen Volumen auf. Dies ist als kortikale Hirngewebeatrophie in frühen und mittleren Stadien der DAT zu werten. Während die in vivo-Konzentrationen von tNAA, mI, tCr und tCh zuverlässig bestimmt werden konnten, war die Messung von Glutamat und Glutamin bei 1,5 T mit technischen Schwierigkeiten verbunden. Wegen der hohen Standardabweichungen konnte aus dieser Untersuchung keine gesicherte Aussage zu einer möglichen Konzentrationsänderung dieser Aminosäuren bei der DAT abgeleitet werden. Es ist zu erwarten, dass hier durch MR-Geräte mit 3 T Feldstärke sowie durch den Einsatz der parallelen Bildgebung ein erheblich höheres Signal/Rausch-Verhältnis und damit genauere Ergebnisse erzielt werden können.
Ziel der Nachuntersuchung war es, 10 Jahres Ergebnisse nach arthroskopischer vorderer Kreuzbandplastik mittels Patellarsehne zu erhalten. Dafür wurden 74 Patienten, 55 Männer und 19 Frauen mit einem durchschnittlichen Alter von 38 Jahren im Mittel 113 Monaten nach arthroskopischer vorderer Kreuzbandplastik mit Interferenzschraubenfixation nachuntersucht. Evaluiert wurden die IKDC Evaluation, die Tegner - Aktivitätsskala und der Lysholm - Score. Die Bandstabilität wurde instrumentell mit dem Rolimeter getestet. Die statistische Auswertung erfolgte mittels c² Test. Die Tegner - Aktivitätsskala ergab ein durchschnittliches Aktivitätsniveau von 5,2. Vor der Verletzung lag der Wert bei 6,4. Der Lysholm - Score erreichte 93,6 von 100 Punkten. Hinsichtlich der Funktion wurden 74% und hinsichtlich der Stabilität 72% der Patienten in der IKDC Evaluation als normal bzw. als fast normal bewertet. Der mit dem Rolimeter bestimmte Lachman Test war in 88% normal und in 12% fast normal. Der pivot-shift Test war in 95% der Fälle negativ. 30% der Patienten zeigten in den Röntgenaufnahmen zum Nachuntersuchungszeitpunkt deutlich degenerative Veränderungen. Es ergibt sich eine signifikante Korrelation zwischen der Zeitdauer vom Unfall bis zur operativen Versorgung und dem Arthrosegrad. Die Beschwerden an der Transplantatentnahmestelle korrelieren signifikant mit den allgemeinen Symptomen. Das Ausmaß der Arthrose korreliert signifikant mit der Mensikusschädigung. Zur Vermeidung der Folgearthrose sollte daher bei gegebener Indikation eine frühzeitige Kreuzbandversorgung und im Falle der Begleitmeniskusverletzung dessen Erhalt mittels Refixation angestrebt werden.
Hintergrund: Unter dem zunehmenden Druck gesundheitsökonomischer Aspekte sollen die seit geraumer Zeit diskutierten „Clinical pathways“ einerseits die Qualität der medizinischen Versorgung und andererseits die Effizienz von Krankenhausabläufen verbessern. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Abläufe der chirurgischen Behandlung der Arteria Carotis-Stenose an zwei europäischen Kliniken (Frankfurt am Main in Deutschland und New Castle in Großbritannien) zu evaluieren. Aus diesen Ergebnissen wurde ein „Clinical pathway“ erstellt, welcher mittels einer prospektiven Untersuchung einer dritten Gruppe auf seine Effizienz überprüft werden sollte. Methoden: Im Zeitraum zwischen Juni 1999 und Oktober 1999 wurden in Frankfurt Gruppe I 26 Patienten, in New Castle im Zeitraum vom 01. bis 30. September 2000 25 Patienten retrospektiv bezüglich demographischer Daten, Risikofaktoren, Begleiterkrankungen, klinischem Insuffizienzstadium, Häufigkeit und Durchführungszeitpunkt (ambulant/ stationär) von Standarduntersuchungen, stationärer Liegedauer (prä- und postoperativ), Anästhesieform, intraoperativem Monitoring und die klinischen Ergebnisse untersucht. Dabei war von Interesse, welchen finanziellen Rahmen dieses Krankheitsbild in den verschiedenen Bereichen in Anspruch nahm und ob es Unterschiede in den aufgezählten Bereichen zwischen Frankfurt I und New Castle gab. Nach der Datenerhebung wurde unter Einsicht der aktuellen Literatur erarbeitet, in welchen Bereichen eine Kosteneinsparung am ergiebigsten wäre. Unter Berücksichtigung aller oben genannten Faktoren wurde von Juli 2002 bis September 2002 prospektiv eine dritte Patientengruppe untersucht (Frankfurt Gruppe II), an der die gewonnenen Ergebnisse im Rahmen eines „clinical pathway“ umgesetzt wurden. Ergebnisse: Das Alter und die Verteilung des Geschlechts waren in den drei Gruppen annähernd gleich. Mit Ausnahme der peripheren vaskulären Gefäßerkrankung, welche in New Castle deutlich höher war, waren auch Risikofaktoren sowie Begleiterkrankungen in den 3 Gruppen vergleichbar. In Frankfurt Gruppe I wurden präoperativ bei 65% der Patienten eine Angiographie und in New Castle standardmäßig bei allen Patienten diese Untersuchung durchgeführt. In Frankfurt Gruppe II lediglich bei 30%. In Frankfurt Gruppe I wurden im Untersuchungszeitraum vorrangig asymptomatische Stenosen Stadium I mit einer hochgradigen bis filiformen Lumeneinengung operiert (61,5%). In New Castle wiesen 68% der Patienten eine symptomatische ACI-Stenose Stadium II mit einer Lumeneinengung >75% auf. In Frankfurt Gruppe II fand man in 60% Stadium IV Patienten. In Frankfurt Gruppe I wurden alle Eingriffe während des Evaluationszeitraums in Intubationsnarkose durchgeführt, wobei in zwei Fällen eine zweite Operation in der gleichen Sitzung durchgeführt wurde. In New Castle wurden 8 Patienten in Regionalanästhesie operiert, wobei in einem Fall auf eine Intubationsnarkose gewechselt werden musste. In Frankfurt Gruppe II wurden alle Patienten in Intubationsnarkose operiert. In Frankfurt Gruppe I wurden 46% der Patienten vorübergehend auf der Intensivstation beaufsichtigt, in New Castle wurde ein Patient intensivmedizinisch versorgt, in Frankfurt Gruppe II waren es 30%. Die stationäre Gesamtaufenthaltsdauer betrug in Frankfurt Gruppe I 10 Tage. Davon waren im Durchschnitt 4,0 ± 3,3 Tage präoperativ und 6,0 ± 2,6 Tage postoperativ. Von insgesamt 5 Tagen war der Patient in New Castle im Durchschnitt 4,0 ± 3,3 Tage präoperativ und 1,0 ± 1,2 Tag postoperativ stationär untergebracht. In Frankfurt Gruppe II war ein Patient im Durchschnitt 6 Tage stationär. Davon 2,0 ± 1,3 Tage präoperativ und 4,0 ± 1,6 Tage postoperativ im Mittelwert. Bei jeweils einem Patienten an beiden Kliniken musste ein Revisionseingriff aufgrund einer Nachblutung vorgenommen werden (Frankfurt Gruppe I und New Castle). Keine Klinik wies einen postoperativen Todesfall auf. In Frankfurt Gruppe I fanden sich postoperativ 4 reversible und keine permanenten neurologischen Defizite. In New Castle waren 1 reversibles und 2 permanente Defizite zu verzeichnen. In Frankfurt Gruppe II fand man 1 passageres Defizit und 6 permanente Defizite. Von diesen Defiziten waren 6 periphere und 1 zentral neurologisch. Die Kosten für eine Standard Carotis-TEA betrugen in der Frankfurt Gruppe I 2.755,10 Euro, in New Castle 2.497,96 Euro und als Ergebnis der Umsetzung des „clinical pathways“ in der Frankfurt Gruppe II 2.372,45 Euro jeweils im Mittelwert. Anhand von Literaturrecherchen und Beurteilung der Ergebnisse aus der Frankfurt Gruppe I und New Castle ergab sich, nach Umsetzung eines „clinical pathway“ in der Frankfurt II Gruppe, dass eine Kosteneinsparung durch eine gezieltere Führung jedes Patienten ohne Erhöhung der Morbidität und Mortalität möglich ist. Diese gezielte Führung beinhaltet die Unterteilung der Patienten in eine von drei Einheiten, je nach zerebralem Insuffizienzstadium der Erkrankung und Compliance des Patienten (erte Einheit für das Insuffizienzstadium I und II, zweite Einheit für das Stadium IV und dritte Einheit für Patienten aus einer neurologischen Klinik). Ziel der Einheit 1 ist die ambulante Diagnostik mit Operation am Aufnahmetag, postoperativer Betreuung über den AWR und Entlassung spätestens am 2. postoperativen Tag. In der Einheit 2 soll der Patient versorgt werden, welcher aufgrund seiner fortgeschrittenen Erkrankung mehr Zuwendung benötigt. Hier erfolgt die gesamte Diagnostik stationär. Die postoperative Betreuung richtete sich individuell nach dem Zustand des Patienten, jedoch mit dem primären Ziel eine Versorgung über den AWR anzustreben. Die Einheit 3 ist für Patienten vorgesehen, welche mit der kompletten präoperativen Diagnostik von einer vornehmlich neurologischen Abteilung zum operativen Eingriff verlegt werden. Für diese Patienten wird postoperativ ein Bett auf der Intensivstation bereit gestellt. Sobald es der Zustand des Patienten erlaubt, wird er zur weiterführenden Behandlung in seine präoperative Klinik zurückverlegt. Durch die Zuteilung der Patienten zu einem der„clinical pathways“/ Einheiten war es möglich, zum einen die Anzahl der stationären Tage und zum anderen die Therapie von Patienten auf der Intensivstation zu reduzieren. Dieses wurde erreicht, obwohl 60% der Patienten der Frankfurt II Gruppe ein Insuffizienzstadium IV aufwiesen, im Vergleich zu „nur“ 10% und 20% in der Frankfurt Gruppe I und in New Castle. Durch die Behandlung nach einem dieser drei „clinical pathways“/ Einheiten konnte bei gleichbleibendem Behandlungserfolg eine Kostenreduktion von 14% erzielt werden.
Antiaging ist en vogue. Viele Menschen nutzen diesen Begriff, verstehen darunter jedoch ganz unterschiedliche Dinge. Das Spektrum reicht von Gymnastik für ältere Menschen bis hin zu Maßnahmen der plastischen Chirurgie im Sinne einer »Schönheitschirurgie «, von sinnvollen und richtigen Angeboten bis hin zu Dingen, deren Nähe zur Scharlatanerie aus Sicht der Schulmedizin nicht zu verkennen ist. Dieser Artikel soll einen Überblick geben über die Aspekte des Antiaging, die einer Betrachtung aus Sicht der wissenschaftlich orientierten Medizin zugänglich sind.
In der medizinischen Praxis in Deutschland ist Klassifikation als essentieller Bestandteil der Dokumentation in vielen Bereichen durch gesetzliche Regelungen vorgeschrieben. Über diesen gesetzlich determinierten Rahmen hinaus können durch Klassifikation vergleichbar gemachte Informationen als Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse herangezogen werden und weiterhin helfen, bestehende Lehrmeinungen zu evaluieren. Ein Blick auf die im medizinischen Umfeld vorhandene organisatorische Realisierung der Klassifikation zeigt, daß diese in der Regel von medizinisch qualifiziertem Fachpersonal neben der eigentlichen Tätigkeit durchgeführt wird. Eine Klassifikation vorhandener Dokumentationen im Sinne einer Erschließung zusätzlicher wertvoller Informationsquellen über den gesetzlichen Mindestumfang hinaus scheitert somit häufig an der organisatorisch bedingten Überlastung der eingesetzten Mitarbeiter. Eine Unterstützung medizinischer Klassifikation in der Praxis durch den geeigneten Einsatz von Informationstechnologie (IT) erscheint somit sinnvoll und wünschenswert. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird ein entsprechender Ansatz in Form eines entwickelten Prototypen (XDIAG) vorgestellt und evaluiert. Der entwickelte Prototyp realisiert ein IT-gestütztes leitbegrifforientiertes Verfahren zur automatischen Kodierung von Diagnosen auf Basis vorliegender medizinischer Freitexte. Die hierbei realisierten Ansätze und Verfahren folgen den Vorschlägen von Herrn D. Schalck und sind somit das Resultat langjähriger intensiver und praxisnaher Beschäftigung mit Fragen medizinischer Freitextverarbeitung und Klassifikation. Die besondere Vorgehensweise verleiht dem vorgestellten Prototypen den Charakter einer Heuristik. In Abgrenzung zu zahlreichen bestehenden Verfahren erfolgt eine konsequente Reduktion der Komplexität der eingesetzten Algorithmen und Stammdaten durch einen Verzicht auf eine tiefgreifende linguistische Analyse der zur Kodierung vorgelegten Texte. Durch diesen Verzicht kann auf die Verwendung einer Grammatik und somit auf die Verwendung komplexer Stammdaten verzichtet werden. Als Stammdatenbasis werden vielmehr Datenbestände verwendet, die entweder besonders leicht zu pflegen sind oder aber ohnehin permanent im Rahmen von Langzeitprojekten gepflegt werden. An dieser Stelle spielt insbesondere der ICD10-Diagnosen-Thesaurus mit seiner umfassenden und besonders praxisorientierten Begriffsmenge eine wichtige Rolle. In Erweiterung bestehender Verfahren bietet der vorgestellte Prototyp darüber hinaus die Möglichkeit, mehrere medizinische Diagnosen im Rahmen eines Satzes zu kodieren. Weiterhin können dem Benutzer interaktiv qualifizierte Fehlerhinweise mit dem Ziel einer verbesserten Kodierung bereitgestellt werden. Als Ergebnis der Evaluation des realisierten Prototypen läßt sich festhalten, daß die hierbei eingesetzten Verfahren helfen können, eine synergistische Brücke zwischen praktischer Medizin, medizinischer Verwaltung und medizinischer Forschung zu schlagen, wenn sie an der richtigen Stelle und mit der richtigen Motivation eingesetzt werden.
Es wurden Daten von 140 Patienten mit penetrierendem Thorax- und Abdominaltrauma des Zeitraums von 1986 - 06/1996 retrospektiv ausgewertet. Die Patienten wurden anhand einer Reihe von Beurteilungskriterien hinsichtlich Unfallhergang, Verletzungslokalisation, Versorgungsstrategie und Komplikationen während des stationären Aufenthaltes sowie der Letalität untersucht. Von besonderem Interesse waren die prophylaktischen und therapeutischen Antibiotikagaben. Es konnte eine Übersicht hinsichtlich der präklinischen und klinischen Patientenversorgung mit penetrierenden Thorax- und Abdominaltraumen geschaffen werden. Dabei zeigte sich eine mangelhafte Dokumentation zur Erarbeitung der Versorgungsstrategie (Anamnese, Verlauf, etc.) sowie gehäuftes Fehlen einzelner Dokumentationsbögen (Notarzteinsatzprotokoll, Laborbericht, Op-Bericht, etc.). Eine vollständige Bewertung der Versorgungsqualität - und quantität war somit nicht immer möglich. Vorraussetzung zur Identifizierung von Problemen und nachfolgend möglicher Einführung prozessverbessernder Maßnahmen ist jedoch eine solide Datengrundlage. Penetrierende Thorax- und Abdominaltraumen entstanden vor allem im Rahmen von Gewalttaten und Suizidversuchen. Fast die Hälfte der Unfälle ereigneten sich im jungen Erwachsenenalter. Es handelte sich zumeist um isolierte Stichverletzungen bei überwiegend männlichen Patienten. Konkrete Verletzungsmechanismen waren Stich- und Schussverletzungen. Zweihöhlenverletzungen wurden in 10% der Fälle diagnostiziert. Pfählungsverletzungen kamen nicht vor. Es wurden 95% der Patienten chirurgisch behandelt. Davon wurden 67% operiert. Insgesamt 5% der Patienten konnten konservativ behandelt werden. Isolierte penetrierende Thoraxverletzungen wurden bei 46% der Patienten beobachtet. Männer waren deutlich häufiger betroffen wie Frauen. Das durchschnittliche Alter betrug für diese Patienten 33,8 Jahre. An thorakalen Verletzungen wurden überwiegend Pneumo- und / oder Hämatothoraces beobachtet (44% bzw. 31%). Es zeigten sich keine Spannungspneumothoraces. In 6% der Fälle bestanden Verletzungen großer herznaher extrapulmonaler Gefäße. In 12,5% aller penetrierenden Thoraxtraumata wurde das Herz oder der Herzbeutel verletzt. Die Mehrzahl der Patienten (64%) mit Thoraxtrauma konnte mit Thoraxdrainagen suffizient behandelt werden. 4 Patienten konnten unter stationärer Beobachtung primär konservativ behandelt werden. Die Notfallthorakotomie war in 12 Fällen (17%) indiziert. Rethorakotomien waren nicht notwendig. Der durchschnittliche Verletzungsschweregrad I.S.S für Patienten mit Thoraxtrauma betrug 12,6. Die durchschnittliche Gesamthospitalisationszeit bei Patienten mit isolierter thorakaler Verletzung betrug 8,4 Tage. Bei 47 % der Patienten wurde lediglich das Abdomen verletzt. Männer waren deutlich häufiger betroffen wie Frauen. Das durchschnittliche Alter betrug für diese Patienten 30,9 Jahre. Drei Patienten (4,5%) wurden einer konservativen Verlaufsbeobachtung („abdominal observation“) zugeführt. Alle übrigen Patienten (95%) wurden einer operativen Exploration (Laparoskopie / Laparotomie) unterzogen. Die Indikation zur diagnostischen Peritoneallavage wurde nur im Zeitraum 1986 - 1992 gestellt und zunehmend von der Abdomen-Sonographie abgelöst. Es zeigte sich im Beobachtungszeitraum 1992 -1996 ein Rückgang der obligatorischen Laparotomien und zunehmend das Vorgehen der erweiterten Diagnostik mittels Probelaparoskopie. Die Rate positiver Probelaparoskopien lag bei 37,5 %. Die Rate negativer Laparotomien betrug 24%. Bei 6% waren Relaparotomien notwendig. Der durchschnittliche Verletzungsschweregrad I.S.S für Patienten mit Abdominaltrauma betrug 9,2. Die Patienten konnten nach einer im Vergleich zum Thoraxtrauma durchschnittlich längeren Hospitalisationszeit von 11,5 Tage die Klinik wieder verlassen. Es wurden 7% der Patienten mit einem penetrierenden thorakoabdominellen Trauma erfasst. Das Durchschnittsalter betrug 34,4, der durchschnittliche I.S.S. war 22,9. Bei 5 Patienten (50%) war das Zwerchfell mitbetroffen. Alle Patienten wurden zügig laparotomiert und zeigten bei der operativen Exploration eine intrabdominelle Organverletzung. 90% erhielten eine Thoraxdrainage. Die Rate kombinierter Thorakotomie und Laparotomie betrug 20%. Es wurde zuerst die Laparotomie durchgeführt. Postoperativ kam einmal zu einem Spannungspneumothorax. Die Letalitätsrate betrug beim penetrierenden thorakoabdominellen Trauma 10%. Bei insgesamt 34% der Patienten traten postoperativ z.T. mehrere Komplikationen auf. Bei 7 konservativ behandelten Patienten verlief der stationäre Aufenthalt unkompliziert. Die postoperative Morbidität betrug insgesamt 36,8 %. Es handelte sich in 66,7% um definitive lokalisierbare Infektionen wie postoperative Wundinfektionen oder Pneumonien. Das entspricht bei 140 Patienten mit penetrierendem Trauma einer Infektionsrate von 11,4%. Die Inzidenz posttraumatischer Infektionen beim isolierten Thoraxtrauma betrug 17%, beim isolierten Abdominaltrauma 18%. Das thorakoabdominelle Trauma zeigte keine höhere Infektionsrate gegenüber dem isolierten Thorax- oder Abdominaltrauma. Im Gesamtbeobachtungszeitraum wurden etwa drei Viertel der Patienten antibiotisch behandelt. Es handelte sich in 81% der Fälle um Monotherapien und in 19% um Kombinationstherapien. Knapp 50% aller Verordnungen entfielen auf 2 Antibiotikaregimes. Berücksichtigt man die in den Kombinationstherapien verordneten Substanzen einzeln, so ergaben die vier meistverordnete Antibiotikapräparate zusammen 68,9%. Die meisten Antibiotika wurden in der Altersgruppe zwischen 21 und 30 Jahren gegeben. Die durchschnittliche Dauer der Antibiotikaverordnungen betrug 5,1 Tage. 80% der Antibiotikaverordnungen wurden intra- und direkt postoperativ, 86% wurden initial und fortlaufend intravenös, verabreicht. Es wurden 85% als Prophylaxe und 15% als Therapie eingesetzt. Die Indikation zur perioperative Antibiotika-Prophylaxe wurde beim Thoraxtrauma in 43 Fällen (56%), beim Abdominaltrauma in 49 Fällen (68%) und beim thorakoabdominellen Trauma in 8 Fällen (70%) gestellt. 88% der verordneten Antibiotika-Prophylaxen waren erfolgreich. Bei insgesamt 83% der Patienten wurde die perioperative Antibiotika-Prophylaxe aufgrund des erhöhten Risikos einer bakteriellen Kontamination des OP-Gebietes länger als 1 Tag durchgeführt. 42% dieser Patienten erhielten die perioperative Antibiotika-Prophylaxe 1-3 Tage weiter. In 57% der Fälle wurde die Antibiotika-Prophylaxe länger als 3 Tage weitergeführt. Die durchschnittliche Dauer der Antibiotika-Prophylaxen betrug 4,6 Tage. In 7% der Fälle mit prophylaktischen Antibiotikagaben traten Infektionen auf. Sie wurden als „Versager“ der Antibiotika-Prophylaxe bezeichnet. Insgesamt wurden 12% der Patienten nach noch nicht abgeschlossener Behandlung vorzeitig verlegt oder auf eigenen Wunsch entlassen. Die durchschnittliche Hospitalisationszeit betrug insgesamt 10,9 Tage. 75% der Patienten hatten einen I.S.S < 15. Der durchschnittliche Gesamtverletzungsschweregrad I.S.S betrug 11,75. Zwei Patienten verstarben an den Folgen ihrer Verletzungen. Die Todesursachen war der nicht beherrschbare Verlust von intravasalem Volumen. Die Patienten verstarben noch am Aufnahmetag im Schockraum an Herzkreislaufversagen im Volumenmangelschock. Dies ergibt bei diesem Patientenkollektiv eine Letalitätsrate von 1,4%. Der Verletzungsschweregrad I.S.S betrug 38 und 27.