BDSL-Klassifikation: 03.00.00 Literaturwissenschaft > 03.06.00 Literaturtheorie
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Rezension zu Achim Geisenhanslüke: Einführung in die Literaturtheorie. Von der Hermeneutik zur Medienwissenschaft, Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2003 (= Einführungen Germanistik). 160 Seiten.
Einführungen haben Konjunktur, heute mehr denn je. Aus der Perspektive von Studierenden sind die verschiedenen Forschungsansätze der Literaturtheorie längst zu einem undurchdringlichen Dickicht geworden. Der Duisburger Germanist Achim Geisenhanslüke hat sich in seiner 'Einführung in die Literaturtheorie. Von der Hermeneutik zur Medienwissenschaft' nun aufgemacht, einen Weg durch dieses Dickicht zu schlagen und die wichtigsten Literaturtheorien der Gegenwart im Kontext ihrer historischen Vorläufer darzustellen. Um es gleich vorweg zu sagen: dem Verf. gelingt dies außerordentlich gut.
Rezension zu Carlo Brune: Roland Barthes. Literatursemiologie und literarisches Schreiben, Würzburg (Königshausen & Neumann) 2003 (= Epistemata. Würzburger Wissenschaftliche Schriften / Reihe Literaturwissenschaft; Bd. 450). 304 Seiten.
Roland Barthes gehört zu den originellsten und folgenreichsten Literaturtheoretikern der jüngeren Vergangenheit und - mit Blick auf die anhaltend produktive Rezeption seiner Schriften - der Gegenwart. Gleichwohl sind - wie Carlo Brune zu Recht anmerkt - im deutschen Sprachraum Versuche einer panoramatischen Würdigung seines Gesamtwerks bisher nur gelegentlich unternommen worden (etwa durch Ottmar Ette, 1999), und Brunes vorliegende, von Detlef Kremer betreute Dissertationsschrift, leistet einen Beitrag zur Kompensation dieses Defizits.
Rezension zu Mieke Bal: Kulturanalyse, hg. von Thomas Fechner-SmarsIy u. Sonja Neef, übers. von Joachim Schulte, Frankfurt/Main (Suhrkamp) 2002. 370 Seiten.
Die Literaturtheoretikerin Bal kennt keine disziplinären Berührungsängste und sucht unter dem übergreifenden Forschungsfeld der Kulturanalyse literaturwissenschaftliche und kunstgeschichtliche Themen und Problembereiche miteinander zu verbinden. In dem von Thomas Fechner-Smarsly und Sonja Neef herausgegeben Band 'Kulturanalyse' enthalten zehn Essays der niederländischen Professorin, die in Amsterdam und in Cornell lehrt, grundlegende theoretische Überlegungen und ein facettenreiches Spektrum von Einzelanalysen und überwinden das Dilemma oftmals unvermittelbarer Forschungsansätze. Vor dem Hintergrund dekonstruktivistischer und ideologiekritischer Positionen spannt sich der Bogen der Essays von einer Narratologie des Sammelns sowie der Rhetorik und Semiotik des Ausstellens über eine photographische Lektüre Prousts bis zu Fragen nach dem Zusammenhang von Performativität und Subjektivität, um schließlich bei der Problematisierung des Begriffs der Intention zu enden.
I shall take a look at a cluster of problems: the relation between fictional and actual worlds, between fictionality and narration, between action and rationality, between action and agent or subject, and between world, enunciation and subject in light of two important theoretical works, both from 1991. My choice of references is not entirely arbitrary: their basic approach shows certain similarities that underline the shortcomings of both in dealing with literature, in spite of the stimulating arguments they unfold. But they also show marked differences that allow us to develop their argument further. The books are Paisley Livingston's 'Literature and Rationality' and Marie-Laure Ryan's 'Possible Worlds, Artificial Intelligence, and Narrative Theory'.
In den letzten Jahren gab es verstärkt Versuche, die komparatistische Literaturwissenschaft an kulturwissenschaftliche Methodiken anzuschließen. Ob es die Diskussionen um die so genannte Postmoderne waren, ob es das Aufkommen bestimmter methodischer Zugriffe war, die unter den Stichworten Poststrukturalismus, Cultural Studies, Historische Anthropologie usw. subsumiert werden, ob medientechnische Entwicklungen (globale Kommunikationsformen und -netzwerke) daran beteiligt waren oder ob es der selbstlegitimatorische Versuch war, literaturwissenschaftliche Kernbestände im Zeichen einer spätkapitalistischen Ökonomie an die so genannte Informationsgesellschaft anschließbar zu machen - wem diese Erweiterung letztlich zu verdanken ist, werden wohl erst die Historiker der Zukunft entscheiden. Was man auch immer von diesen Annäherungen halten mag, sie haben zu einer enormen Ausdehnung des komparatistischen Fachgebietes geführt. Und nicht nur das: Es dürfte schon jetzt klar sein, dass es keinen Weg zurück gibt, auch wenn die altehrwürdigen literaturwissenschaftlichen Disziplingrenzen der Komparatistik weiterhin Bestand haben. Allerdings ist die Adaption neuerer Methodiken relativ selektiv geschehen. Kann etwa für die Diskursanalyse, Systemtheorie, Dekonstruktion oder Medientheorie gesagt werden, dass sie nach mehr als zwanzig Jahren Diskussion für manche Bereiche literaturwissenschaftlicher Forschung, auch und gerade komparatistischer Provenienz, fast kanonischen Charakter haben, so gibt es zahlreiche andere Ansätze, die, zumal in Deutschland, bislang kaum gewürdigt wurden (vgl. Ernst 2000, 160). Einen dieser 'vergessenen' Ansätze hat der französische Philosoph Gilles Deleuze geliefert.
Im Folgenden wird es darum gehen, die - im doppelten Sinne des Wortes - kritische Position der Dekonstruktion zwischen Hermeneutik und Diskursanalyse herauszuarbeiten. Das mit den Ansprüchen strenger Wissenschaftlichkeit scheinbar schwer zu vereinbarende Paradigma der Enttäuschung, das sich aus den Schriften Jacques Derridas wie Paul de Mans ableiten läßt, dient als Leitfaden für den Nachweis des kritischen Potentials, das die Dekonstruktion als eine anti-hermeneutische Textwissenschaft bereithält, die trotz aller Widerstände auf ihrer literaturtheoretischen Eigenständigkeit beharrt.
Ich möchte in folgendem Beitrag der Frage nachgehen, ob, und wenn ja, worin die sachliche Berechtigung und Plausibilität der Annahme liegen könnte, dass die Literatur einen Gegenstand hat. Eine Erfahrungstatsache jedenfalls ist, dass bis jetzt noch kein physisches oder psychisches Autodafé es fertig gebracht hat, das Bedürfnis des Menschen zu erzählen, durch Abschreckung stillzustellen. Ja, angesichts der Gefahr des Verlustes scheint die Bedeutung der Literatur noch größer zu werden. Und doch ist, was eine anthropologische Konstante zu sein scheint, seit der Krise der Moderne, seit der Kritik an der Zivilisation grundlegend in Frage gestellt.
Rezension zu Geert Brône u. Jeroen Vandaele (Hg.): Cognitive Poetics. Goals, Gains and Gaps. Edited by. Berlin, New York (Mouton de Gruyter). 561 S.
Der von Geert Brône (Leuven) und Jeroen Vandaele (Oslo) herausgegebene Band zeigt auf einem sehr hohen und sachkundigen Niveau, an welchen Stellen tatsächlich Skepsis angebracht ist, aber zugleich auch, dass es sich bei den 'Cognitive Poetics' um ein außerordentlich vielfältiges, interdisziplinäres und forderndes Gebiet handelt.
Boris Previšić (Hg.): Die Literatur der Literaturtheorie. Bern u. a. (Lang) 2010. S. 199.
Dieser Band markiert eine veritable Lücke in der Literaturwissenschaft und schließt sie wenigstens ansatzweise, indem er eine alltägliche Beobachtung fruchtbar macht: Bestimmte (naturgemäß genau deshalb mittlerweile kanonisierte) Autoren oder Texte haben so innovativ in die Weiterentwicklung literarischer Möglichkeiten eingegriffen oder den Lesern so elementar die Augen für Neues oder Selbstverständliches geöffnet, dass sie nicht nur in dem Umfang, wie dies für jeden beliebigen Beitrag zur Literatur gilt, sondern mit erheblicher Wirkung die Literaturwissenschaft selbst verändert haben.
Rezension zu Sabina Becker: Literatur- und Kulturwissenschaften. Ihre Methoden und Theorien. Reinbek b. Hamburg (Rowohlt) 2007 (=Rowohlt Enzyklopädie, Bd. 55686). 223 S.
Sabina Becker, Professorin für germanistische Literaturwissenschaft an der Universität Freiburg, hat mit diesem Buch eine kleine, aber feine Methoden-Enzyklopädie vorgelegt. Zwar kommt es zu Wiederholungen, wenn einzelne Methoden gegeneinander abgegrenzt werden, aber daraus ergibt sich der Vorteil, dass jeder Eintrag auch für sich gelesen werden kann. Die 19 Abschnitte des Buches reichen von Gadamers Hermeneutik bis Bourdieus Kultursoziologie, erschlossen werden kann es auch über ein Personen- und Sachregister.