BDSL-Klassifikation: 17.00.00 20. Jahrhundert (1914-1945) > 17.18.00 Zu einzelnen Autoren
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Wie sah die neue Erzählstrategie aus, die Ret Marut entwickelt hat, seitdem er in Mexiko saß und sich Traven nannte? Welchen neuen Pakt mit den Lesern bot er an und schloss er faktisch für die Dauer seiner weiteren Produktion? [...] Er suchte (um es erst einmal pauschal zusammenzuraffen) von den Erfahrungen seiner neuen Existenz aus, mit Zuhilfenahme sozialer Imagination, ein verlässliches Kontinuum von Situationen zu schaffen, das ein Publikum fesselnd unterhalten und dabei noch anschaulich politisch belehren konnte. Die Tradition der Abenteuerstory aus fremden Weltteilen bot ihm dazu ein hin-reichend ausbaufähiges Muster. Geeignet für seine Zwecke wurde dieses Muster aber erst dadurch, dass er es gegen den Strich bürstet: Er reduziert die Exotik auf solche Merkwürdigkeiten, die die tatsächliche (etwa tropische oder maritime) Besonderheit einer fremden Welt unterstreichen (mit kleinen Übertreibungen). Er versetzt keine Helden: keine besonders starken, mutigen oder edelmütigen Wesen dort hinein, sondern x-beliebige Menschen. Und er konzentriert das Abenteuerliche auf das wirkliche Abenteuer, sich in kapitalistisch organisierten Arbeitsverhältnissen durchzuschlagen und dabei, so gut es geht, Mensch zu bleiben.
Dieses eigenständige Schreibziel, das Traven mit nur wenigen Abenteuerschriftstellern sowie mit Upton Sinclair und Egon Erwin Kisch teilt, machte ein ganzes Bündel von Änderungen an dem gut eingeführten und nach wie vor vitalen Genre der abenteuerlichen Geschichte erforderlich. Die Lebensstellung und die Haltung des Helden, die Seriosität des Erzählers, der keine Lust hat zu diktieren oder geheimes Wissen, geschweige denn Allwissenheit vorzuflunkern, die Lockerheit oder Straffheit des Handlungsfadens mussten ebenso neu konzipiert werden wie der Umgang mit den auf die Pelle rückenden, aber notwendig zu bändigenden Gegebenheiten des Dschungels und der Prärie und mit der Vielfalt von Unterhaltsmöglichkeiten, die alle nach dem eintönigen ökonomischen Muster der Ausbeutung gestrickt waren. Um die tragenden Pfeiler dieser narratologischen Poetik zu untersuchen, die im Wesentlichen von den frühen vier oder fünf Romanen des neuen Erzählgestirns Traven bis zu seinem 'Caoba'-Zyklus vorhielt (von 1925 bis 1940), halte ich mich an den Roman 'Der Wobbly' (1926), der als 'Die Baumwollpflücker' (von 1928 an) berühmt wurde. Da jeder Roman Travens als selbständige Einheit für sich konzipiert ist, gelten meine Ausführungen streng genommen nur für diesen einen Roman. Immerhin liefert er, den Traven vermutlich als ersten ausgearbeitet hat, wichtige Vorentscheidungen für das ganze neugestaltete Genre und ein Kaleidoskop von Erzähl-künsten, die der Autor weiterhin eingesetzt hat.
Quanto narrato da Franz Kafka nella Colonia penale (In der Strafkolonie, 1914) è forse troppo noto per raccontarne la trama. Mi limito a ricordare l'essenziale di questo racconto, che è uno die pochi pubblicati dall'autore in vita. Un viaggiatore approda, nel corso di una sua esplorazione, in una terra di nessuno, tra il noto e l'ignoto, tra il familiare e il perturbante. Si tratta di un’isola tropicale che è sede di una colonia penale. I Tropici di Kafka non presentano nulla di esotico; sono piuttosto il luogo della extraterritorialità par excellence, di una "civiltà" arcaica amministrata da una legge brutale, disumana e palesemente ingiusta. Lo strumento di questa "barbarie" è una macchina omicida, che prima era in auge, ma che ormai – essendo stata messa al bando dal nuovo comandante della colonia – ha assunto le sembianze di un relitto del passato. Rispetto a questo vecchio macchinario, che associa al dolore fisico l'ordine sociale, si sta infatti ormai affermando un nuovo paradigma, simbolo di un sistema più moderato. Il funzionamento dell'apparecchio in dismissione, posto in un insolito campo di sperimentazione, viene illustrato all'esploratore da parte di uno zelante oratore. È un ufficiale, orgoglioso e fedele custode "nei tempi nuovi" del macchinario di ieri, ma soprattutto convinto avvocato difensore della tecnica come barbarie.
Fallada ist in aller Munde: 'Jeder stirbt für sich allein', der Roman von 1947, im Januar 1948 postum veröffentlicht, kehrte über England, USA und Israel als dortiger Bestseller von 2009/2010 nach Deutschland zurück … - der Laie liest begeistert, der Fachmann wundert sich und erklärt, es sei ("nach handwerklichen Kriterien") "ein verblüffend schlechter Roman", voll der "kuriosesten Schlampereien" und konstatiert dann aber doch noch – fast widerwillig - es sei - sähe man von ästhetischen Kriterien ab - "ein ganz großartiger Roman". Begeisterte Neuleser wehren sich gegen die abwertenden Passagen der Rezension, sprechen im Internet von "halbgar, überheblich und ignorant" und berufen sich auf eine "kraftvolle, unmittelbare, unverstellte, echte Ausstrahlung" dieses Buches. Der Yale-Professor Turner, so hört man, hält Fallada für einen der größten deutschen Autoren überhaupt. Falladas amerikanischer Verleger Johnson findet "seine Art zu schreiben einfach großartig, ebenso die Gedankengänge".
Und es mischt sich Scham in dieses sein Bekenntnis "Ich hielt mich für einen gut belesenen Modernisten. Wieso wusste ich nichts von Fallada?" Offenbar verblüfft ob des gewaltigen internationalen Echos der neuesten englischen Übersetzungen der Erstausgabe hat der Aufbau-Verlag in seinem Archiv recherchiert und konnte mit dem nunmehr aufgefundenen Ur-Manuskript aufwarten und dieses als deutsche Neuauflage des Bandes publizieren. Gelegentlich stiftet das Verwirrung bei deutschen Rezensenten, die vielfach davon ausgehen, erst die Revision hätte "die aus ideologischen Gründen gekürzte und verstümmelte Version, die in der DDR kursierte" ausgeschaltet und den phoenixartigen internationalen Aufstieg des Werkes ermöglicht. Doch nein, es war tatsächlich derselbe 1947 herausgekommene "alte Schmöker", wie bisweilen mit Herablassung formuliert wird. Schlagzeile in USA: "Ein literarisches Großereignis ...".
Musils Drama "Die Schwärmer" ist in der Forschung bisher vergleichsweise stiefmütterlich behandelt worden. Diese Tatsache ist erstaunlich, da Musil es selbst als sein "Hauptwerk" bezeichnet hat. Für das Drama wurde ihm außerdem auf Vorschlag von Alfred Döblin der Kleist-Preis zuerkannt und anspruchsvolle Literaturkritiker besprachen es lobend nach seiner Erstaufführung im Berliner "Theater der Stadt". Freilich düpiert das Drama zunächst die Erwartung an die gattungstypische Handlungsorientierung.
Statt dessen finden sich ausgedehnte philosophische Diskussionen über die Bedingungen von Erkenntnis, über Partnerschaften und über Fragen der Lebensführung. Bianca Cetti Marinoni hat gezeigt, wie wichtig die gedanklich-konzeptionelle Arbeit auch für die Entstehung des Stückes war und es deshalb als "essayistisch" bezeichnet. Erschwerend kommt hinzu, daß die Verhandlungen zwischen den Figuren in einer äußerst dichten Sprache gestaltet sind, in die zahlreiche Metaphern und Vergleiche eingeflochten sind.
Die folgenden Ausführungen zielen darauf ab, die inhaltlichen und poetologischen Implikationen der "Messiashoffnung der Annäherung" im dritten Roman von Brochs Schlafwandler-Trilogie mithilfe von Hermann Cohens philosophischer Interpretation des jüdischen Messianismus zu erhellen. Cohens Interpretation des jüdischen Messianismus ist im Zusammenhang seiner philosophischen Bibel-Exegese zu sehen. Die Hebräische Bibel wertet Cohen explizit als Literatur, als "Poesie", deren Urform das nationale Epos sei. In dieser epischen Urform macht Cohen einen historischen Entwicklungsprozess hin zur Vergeistigung, zur Selbstreflexion im Autokommentar, aus. Einen ähnlichen Prozess der Vergeistigung nimmt Cohen auch in der Figuration des Messias bei den Propheten wahr, welche er als "Dichterdenker" als "Epiker[] der weltgeschichtlichen Zukunft", auffasst. Bei den Propheten wandle sich der Messias von einer politisch-nationalen Amtsperson zum Symbol einer sittlichen, geschichtsphilosophischen Idee.
Erst in seinen letzten Lebensjahren in Berlin hat Kafka sich intensiver in Kursen der 'Hochschule für die Wissenschaft des Judentums' mit dem Talmud befasst: "Er hört in der Präparandie Professor Torczyner und Professor Guttmanns Vorträge über den Talmud. Er liest leichtere hebräische Texte. Nur dieser Kurse wegen kommt er regelmäßig aus dem stillen Vorort nach Berlin." Aus dieser Erfahrung heraus schrieb Kafka Ende 1923 an Robert Klopstock: "Daß Sie in die Iwriah gehen wollen, ist sehr gut, vielleicht nicht nur in die Hebräischkurse, sondern auch zu der Talmudstunde (einmal wöchentlich!, Sie werden es nicht ganz verstehn, was tut es? Aus der Ferne werden Sie es hören, was sind es sonst, als Nachrichten aus der Ferne)." Was aber heißt bei Kafka 'aus der Ferne'? Wäre nicht auch 'Eine kaiserliche Botschaft', hätte sie den Adressaten erreicht, aus der Ferne gekommen?
Queste note su memoria e oblio prendono le mosse da due fenomeni noti, pur nella loro enigmaticità, e apparentemente opposti come il déjà-vu e il jamais-vu. Accade qualcosa e si ha l'impressione che si stia ripetendo un evento già vissuto, oppure ci si trova in un luogo praticato da anni e, a un certo punto, letteralmente, non lo si riconosce più, percependolo come nuovo ed estraneo. Si tratta di sentimenti che, pur facendo parte dell'esperienza più comune, conservano un alone di opacità. Sia nella "familiarità estranea" sia nella "estraneità familiare" si ha a che fare con uno spaesamento, una vertigine emotiva che sulle prime fa retroagire la nostra comprensione. In entrambi i casi lo stupore si accompagna all'inquietudine: la portata dirompente del nuovo strappa fuori dal riparo delle proprie certezze, dall'impalcatura delle proprie conoscenze. Sono i momenti di interferenza di livelli temporali diversi, in cui alla finitudine dell'evento vissuto si giustappone l'illimitata dimensione del ricordo. La simultaneità delle sfere contrapposte, il loro cortocircuitare e sovrapporsi, dà luogo a uno spaesamento, che talvolta assume un carattere demonico, perturbante (unheimlich), per dirla con Freud. Il senso dell'Unheimlichkeit fa tutt'uno con il sentimento di angoscia o di terrore che si genera nella conversione dell'opposto, quando il noto diventa fonte di terrore, quando il familiare si fa estraneo, o anche quando l'estraneo appare come familiare. Il ritorno del rimosso, sotto forma di paure o desideri inconfessabili, rinvia ai conflitti dell'infanzia e alle fase arcaiche della vita umana. In questo senso rappresenta una "promessa" che il presente non ha saputo esaudire, e che sopravvive in tutta la sua carica sovversiva.
Exil und Migration : minoritäres Schreiben auf Deutsch im 20. Jahrhundert - von Kafka bis Zaimoglu
(2012)
Die Begriffe 'Exil' und 'Migration' miteinander in Beziehung zu setzen erscheint zugleich zwingend und erklärungsbedürftig. Zwingend ist es aus systematischen Gründen, denn wer freiwillig oder gezwungenermaßen seine Heimat verlässt um ins Exil zu gehen, der wandert aus und wird zum Migranten. Für viele der nach 1933 vor den Nationalsozialisten Geflohenen begann mit der Flucht oder Vertreibung eine fundamental unsichere Zeit des Unterwegsseins, die in dem Maße wie sich der nationalsozialistische Herrschaftsbereich ausdehnte immer neue Ziele und Aufenthaltsorte bedeutete. Fast alle Migrantinnen und Migranten haben nach der Vertreibung, dem Verlust ihres bisherigen Daseins, extrem schwierige Arbeits- und Lebensbedingungen vorgefunden. Den Kunstschaffenden, vor allem den Schriftstellern, fehlte mit einem Schlag das muttersprachliche Umfeld und ein entsprechendes Publikum, was viele in ihrer intellektuellen und wirtschaftlichen Existenz bedrohte.
Das alles ist bekannt. Erklärungswürdig ist die Rede von 'Migration' gegenüber dem in der Forschungstradition häufigeren Begriff 'Emigration'. 'Migration' betont den Prozesscharakter des Auswanderns, was historisch plausibel ist und, darum soll es im Folgenden gehen, neue literaturgeschichtliche und literaturtheoretische Anschlussmöglichkeiten eröffnet. Die Beschäftigung mit den Texten, die unter den schwierigen Bedingungen des Exils entstanden sind, hat in der Nachfolge der Pionierarbeit von Walter A. Berendsohn innerhalb der Germanistik einen eigenständigen Forschungszweig hervorgebracht, dessen Institutionalisierung fortwährend von Methodendiskussionen begleitet worden ist.
Die Grenze verstanden nicht nur als ein vorübergehender Ort, als physisches Territorium des Übergangs, der Annäherung und Mischung, sondern als ein Ort der Differenz oder „différance“ im Sinne von Derrida, gilt mit besonderer Bedeutung für die schweizerische Schriftstellerin und Fotojournalistin Annemarie Schwarzenbach (1908-1942). Tatsächlich überschreitet die Autorin in ihrem nomadischen Unterwegssein reich an Alkohol und Drogen nicht nur geographische Grenzen, sondern auch psychische, in einer Sehnsucht sich in dem Anderen (wieder) zu entdecken; sie überschreitet auch kulturelle Grenzen, indem sie Foto-Berichte durchführt, allein oder begleitet von Freundinnen (besonders Fotografinnen), sowohl im Nahen Osten als auch in den USA und in Europa – ungewöhnliche Reisen, nach /in einer nur femininischen Konstellation. Diese Reisen führen nicht nur zu ihrem literarischen Schreiben tout court,sondern auch zu journalistischen Texten, besonders Foto-Berichten, wo man einen scharfen Ton von politischer und sozialer Kritik finden kann. In diesem Zusammenhang zeigt sich vor allem Europa zwischen den Kriegen als der Ausgangspunkt für die Reisetexte Schwarzenbachs.