Mitteilungen zur floristischen Kartierung in Sachsen-Anhalt, Band 12 (2007)
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Zur Unterscheidung von Dipsacus pilosus L. und Dipsacus strigosus WILLDENOW ex ROEMER et SCHULTES
(2007)
Dipsacus strigosus WILLDENOW ex ROEMER et SCHULTES 1818 ist nach WISSKIRCHEN & HAEUPLER (1998) in Deutschland ein zumindest regional fest eingebürgerter Neophyt. Allerdings ist die Sippe in der Vergangenheit immer wieder mit der indigenen Dipsacus pilosus L. 1753 verwechselt worden und aus diesem Grunde wohl als bestimmungskritisch anzusehen, obwohl die Verschlüsselung in ROTHMALER, Band 4, seit der 9. Auflage (2002) eine eindeutige Bestimmung ermöglicht. In die verbreiteten Bestimmungswerke wurde Dipsacus strigosus erst im letzten Jahrzehnt aufgenommen. Die Sippe ist in den neueren Auflagen von SCHMEIL (2000), OBERDORFER (2001) und ROTHMALER (2002) verschlüsselt und in HAEUPLER & MUER (2000) abgebildet, fehlt aber noch in ROTHMALER, BAND 2 (1996).
Der Schmalflügelige Wanzensame, Corispermum leptopterum (ASCHERS.) ILJIN, gehört zu einer Gruppe von Arten, deren Verbreitungskarten eigentlich jedes Jahr neu erstellt werden müssten. Da sich die meisten Nachweise auf Sekundärstandorte (Umschlagsplätze wie Bahnund Hafenanlagen, Baugebiete, Sand- und Kieshaufen) beziehen, wo lediglich ein ephemeres Auftreten möglich ist, können die Fundortangaben und ihre kartografische Darstellung immer nur für einen kurzen Zeitraum aussagekräftig sein. Die sommerannuelle, in Europa subkontinentales Klima bevorzugende Art benötigt zur Entwicklung trockene, (schwach) stickstoffbeeinflusste, basenreiche, humusarme, rohe Sand- und Kiesböden (OBERDORFER 1990, ROTHMALER 2005, WEGENER 1987). Diesen, im Gegensatz zu anderen Ruderalarten, sehr spezifischen Standortansprüchen kann selbst die durch sandreiche Diluvialablagerungen gekennzeichnete Altmark nur wenig gerecht werden. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der Wanzensame im Raum Salzwedel in naturnahen Sandtrockenrasen bisher nicht nachgewiesen wurde. Vielmehr verhält sich die Art auch hier wie ein „kulturabhängiger Epökophyt“ (KRISCH 1987), wobei Ansiedlungen an relativ ungestörten Standorten durchaus mehrere Jahre beständig sein können, dann aber dem Konkurrenzdruck durch perennierende Sippen erliegen. Somit beziehen sich alle im Gebiet um Salzwedel erbrachten Nachweise, die auch Eingang in die Verbreitungskarten (BENKERT et al. 1996, Entwurf zum Verbreitungsatlas für Sachsen-Anhalt) gefunden haben, auf Sekundärstandorte in Kiesgruben bzw. stehen im Zusammenhang mit Sand- und anderen Schüttguttransporten. Von drei bemerkenswerten Vorkommen mit hohen Individuenzahlen wurde über zwei Jahrzehnte die Standortdynamik verfolgt, darunter auch die der von KÖCK (1986) erwähnten Phosphorithalde bei Salzwedel. Die Ergebnisse der sporadischen Beobachtungen und Beispiele für die Verschleppung der Art in das nähere und weitere Umfeld werden nachstehend vorgelegt.
Die Errichtung von Straßenbauwerken ist nicht nur mit erheblichen Eingriffen in bestehende
Biozönosen verbunden, sondern entzieht auch umfangreiche Flächen für immer dem Naturhaushalt.
In den Randbereichen vermag sich während der Bauphase und nach dem Baugeschehen
eine bescheidene, anthropogen geprägte Flora zu entwickeln, die aber durchaus bemerkenswerte
Arten aufweisen kann. Da durch Baumaschinen und Transportfahrzeuge, insbesondere
durch die Anfuhr von Kies, Füllboden und Muttererde, Diasporen über weite Strecken verschleppt
werden, erweisen sich Beobachtungen an solchen Orten oft als lohnenswert. Möglichkeiten
dazu ergaben sich dem Verfasser durch die Neutrassierung der Bundesstraßen 71 und 248 im
Stadtgebiet von Salzwedel. Für den 2004 begonnenen und im Mai 2006 für den Verkehr teilweise
freigegebenen innerstädtischen Abschnitt mit zweispurigem Kreisverkehr und Fußgängertunnel,
der Überquerung der Bahnlinie Stendal – Salzwedel – Uelzen durch ein Brückenbauwerk
und einem weiteren Kreisverkehr in Richtung Lüchow waren umfangreiche Erdbewegungen,
insbesondere für die Aufschüttung der Brückenrampe, erforderlich. Die Seitenstreifen der Fahrbahn
und die entstandenen Böschungen wurden mit Füll- bzw. Mutterboden abgedeckt, durch
Grasansaat stabilisiert und teilweise mit Gehölzen locker bepflanzt. Ab September 2006 sind die
Randstreifen, Böschungen und Splitterflächen einer Pflegemahd unterzogen worden, wodurch
etliche Arten nicht zur Samenreife gelangen konnten.
Entlang der neuen Trasse wurden auf einer Länge von etwa 2 km ab Herbst 2004 bis einschließlich
Juli 2007 in unregelmäßigen Abständen Beobachtungen vorgenommen. Neben den für solche
Standorte typischen Ubiquisten, Ruderal- und Segetalarten wurden auch einige für die Altmark
bemerkenswerte Sippen – hauptsächlich Adventive und Neophyten – nachgewiesen, worüber
hier berichtet wird. Dabei werden nur solche Arten aufgeführt, die im Kreisgebiet selten bis
zerstreut und/oder unbeständig auftreten. Um den Nachweisen eine gewisse Wertigkeit zuzuordnen,
wird ein Vergleich mit der Häufigkeit im Gebiet des Altkreises Salzwedel (AKS) vorgenommen.
Erkennbare Einbürgerungs- bzw. Ausbreitungstendenzen werden angegeben. Bei Arten,
die bisher im Messtischblatt-Quadranten noch nicht nachgewiesen wurden, wird die entsprechende
MTB-Nummer aufgeführt. Die Nomenklatur folgt ROTHMAHLER (2005).
Der Artrang des Rotbeerigen Nachtschattens Solanum alatum MOENCH [Solanum villosum ssp. alatum (MOENCH) EDMONDS; Solanum miniatum BERNH.] und des Gelbbeerigen Nachtschattens Solanum villosum MILL. s. str. [Solanum villosum ssp. villosum; Solanum luteum MILL.] wird bis heute je nach Autor kontrovers angegeben. So vereinigen WISSKIRCHEN & HAEUPLER (1998: 480), HAWKES & EDMONDS (1972: 197-198) sowie EDMONDS & CHWEYA (1997) die beiden Sippen unter Solanum villosum und unterscheiden sie als Unterarten. ROTHMALER et al. (2005: 562) trennen beide Sippen voneinander im Artrang.
Im Rahmen der Untersuchungen an Trockenbiotopen im Allertal (Landkreis Börde, Sachsen- Anhalt) wurden im Jahr 2007 auf mehreren flächenhaften Naturdenkmalen vegetationskundliche Kartierarbeiten durchgeführt. Während dieser Kartierarbeiten wurde ein neuer Fundort von Bupleurum virgatum CAV. [Bupleurum gerardii auct.], dem Ruten-Hasenohr, nachgewiesen. Die Art gilt in Sachsen-Anhalt sowie in ganz Deutschland als vom Aussterben bedroht (FRANK et al. 2004, KORNECK et al. 1996). Das Ruten-Hasenohr ist sehr unauffällig und leicht zu übersehen. Bisher war es nur noch vom Alten Falkenstein im Selketal bekannt (BENKERT et al. 1996, HERRMANN & KISON 2004, HERRMANN 2005). Der Nachweis im Allertal macht Hoffnung, dass die Art auf ähnlichen Standorten noch nachweisbar sein könnte. Daher erfolgt hier eine Beschreibung der Standortverhältnisse am Generalsberg S Groß-Bartensleben (MTB Helmstedt, 3732/4).
KARL BERNAU (1932) vermerkte in seinem kleinen Beitrag über „Neu-Ankömmlinge in unserer Pflanzenwelt“ das Auftreten zweier fremder Salbei-Arten am Bahndamm zwischen Mücheln und Langeneichstädt westlich von Merseburg: „Einen besonderen Schmuck bilden einige Salbeiarten, … so die Verbenen-Salbei (Salvia verbenacea VAHL) und die Muskateller-Salbei (Salvia sclarea L.) …“. Wir glaubten Salvia verbenacea VAHL (gemeint ist sicherlich Salvia verbenaca L., von LINNÉ als orthographische Variante auch Salvia verbenacea bezeichnet) wieder aufgefunden zu haben und fügten unserem Beitrag (JOHN & STOLLE 2006: 24-25) ein Bild dieser Pflanze von G. HENSEL (Merseburg) bei.
Dieser Beitrag ergänzt die von JOHN & STOLLE (2006) veröffentlichten Nachweise.
Abkürzungen für die Land- und Stadtkreise (nach Kreisreform 2007):
ABI – Landkreis Anhalt-Bitterfeld
BLK – Landkreis Burgenland
HAL – Stadtkreis Halle
MSH – Landkreis Mansfeld-Südharz
SK – Saalekreis
WB – Landkreis Wittenberg.
Die Funde stammen aus dem Jahr 2007, wenn nicht anders vermerkt.
In den Jahren 2006 und 2007 konnten wieder einige Nachweise seltener bzw. bemerkenswerter Arten zusammengetragen werden. Es sind sowohl Erstnachweise als auch Bestätigungen älterer Angaben. Bei insgesamt weniger seltenen Arten sind vor allem solche Funde angegeben, die in der Datensammlung für die geplante Landesflora aktuell nicht berücksichtigt sind.