Komparatistik : Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft ; 2007
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Rezension zu Stefan Neuhaus: Märchen. Tübingen, Basel (A. Francke) 2005. 391 S.
Obwohl die zeittypischem Literaturverständnis geschuldete Zuordnung von André Jolles längst revidiert und das Märchen von der Forschung als sozusagen komplexe Form rehabilitiert wurde, fehlen neuere Überblicksdarstellungen zu der gerade für die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft höchst interessanten Gattung. Diese Lücke zu schließen ist ambitiöses Ziel des vorliegenden Bandes.
Jene Veränderungen, denen die deutsche Universität durch den Bologna-Prozeß seit einigen Jahren unterworfen ist und die in der Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge ihren sinnfälligsten Höhepunkt finden, bescheren insbesondere den Geisteswissenschaften ein in Form und Umfang bislang nicht gekanntes Phänomen: die auf Studierende ausgerichtete Einführungs- und Studienliteratur.
Organisation: Achim Hölter (Münster), Volker Pantenburg Berlin) und Susanne Stemmler (Berlin)
Brecht-Haus, Berlin, 16. bis 18. März 2007
Nach dem 'linguistic turn' oder dem 'pictorial turn', in denen die Textualität und Bildlichkeit kultureller Artefakte ins Zentrum gerückt wurden, liegt das Augenmerk in den Literatur- und Kulturwissenschaften verstärkt auf deren Räumlichkeit: In den letzten Jahren ist demnach vermehrt vom 'spatial turn' die Rede gewesen. Der visuellen Umcodierung von Gegenwartskultur Rechnung tragend, wendeten die Beiträge der Tagung 'Metropolen im Maßstab' ihre Aufmerksamkeit auf die moderne literarische und künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema (Groß-)Stadt.
Im Folgenden sollen zwei literarische Freundschaftsgeschichten fokussiert werden, deren Kern in einer gewissen Zufälligkeit des Freundschaftsbundes besteht. Freundschaft erwächst bei so unterschiedlichen Autoren wie Baudelaire und Kafka aus einer Ethik der Täuschung, die im Zeichen des Bösen zu stehen scheint. Dem allgemeinen Verständnis nach beruht Freundschaft auf Gemeinsamkeit, auf Geschichte, auf Erinnerung. Die Protagonisten bei Baudelaire und Kafka kennen nichts von dem: Der Freund, von dem sie je erzählen, erscheint als zufälliger Einbruch in die Welt des literarischen Subjekts.
Viktor Pelevins dekonstruktivistische Lektüre des Minotaurus-Mythos : im Labyrinth der Chat-Hölle
(2008)
Viktor Pelevin hat sich an dem Verlagsprojekt 'Die Mythen' mit seinem Text 'Der Schreckenshelm. Der Mythos von Theseus und dem Minotaurus' (2005) beteiligt. Im Gegensatz zu anderen an dem internationalen Mythenprojekt mitschreibenden Autoren und Autorinnen hält sich Pelevin nicht an eine interpretierende Nacherzählung des von ihm gewählten Mythos, des mythologischen Narrativs von dem im minoischen Labyrinth eingeschlossenen Stier-Mensch-Ungeheuer und seinem Bezwinger Theseus. Der russische Autor dekonstruiert vielmehr den antiken Mythos, indem er ihm andere Diskurse aufpfropft und damit vom Ursprungstext abweichende Lesarten aufzwingt.
Rezension zu Gero von Wilpert: Deutschbaltische Literaturgeschichte. München (C.H. Beck) 2005. 287 S.
Mit seinem 'Sachwörterbuch der Literatur' und seinem großangelegten 'Lexikon der Weltliteratur', geordnet nach 'Autoren' und 'Werken', gehört Gero von Wilpert seit einem halben Jahrhundert zum festen Bestand der Literaturwissenschaft. Hohes Lob in der Flut ähnlicher Unternehmungen fand 1998 sein 'Goethe-Lexikon'. Diese Lexika flankierend erschienen seine motivgeschichtlichen Monographien, die ebenfalls einen breiten Leserkreis erreichten: 1978 'Der verlorene Schatten: Varianten eines literarischen Motivs', 1994 'Die deutsche Gespenstergeschichte: Motiv, Form, Entwicklung'. Wenn Gero von Wilpert nun eine 'Deutschbaltische Literaturgeschichte' vorlegt, so darf er der interessierten Aufmerksamkeit einer weltweiten Leserschaft gewiss sein. Sein besonderes, hier spürbares Engagement hat einen lebensgeschichtlichen Hintergrund: Gero von Wilpert wurde 1933 in Dorpat (Estland) geboren und realisiert mit der jetzt präsentierten Monographie ein langgehegtes Vorhaben. Präzise, fundiert und auf große Linien ausgerichtet durchläuft seine Darstellung mit ihren acht Kapiteln die deutschbaltische Literatur vom Mittelalter bis ins 20.Jahrhundert.
Rezension zu Jost Eickmeyer u. Sebastian Soppa (Hg.): Umarmung und Wellenspiel. Variationen über die Wasserfrau. Overath, Witten (Bücken & Sulzer) 2006. 317 S.
Die Idee des vorliegenden Sammelbandes ist den beiden Herausgebern durch ein Seminar der Sommerakademie der Studienstiftung des Deutschen Volkes vermittelt worden, das von Gabriella Rovagnati (Universtita degli Studi di Milano) geleitet wurde. Das Resultat solcher Vermittlung sind zwölf Beiträge zum Thema "Nixen, Nymphen, Sirenen, Melusinen, Undinen, Seejungfrauen, Rusalki, Vili, Najaden, Nereiden, Okeaniden, Seegespenster, Apsaras, Mami Watas." Natürlich wird eine Systematisierung angestrebt. Das Projekt, das hier realisiert wurde, ist eine Freude für den Komparatisten. Der von den Beiträgen abgesteckte Zeitraum reicht vom Mittelalter bis in unsere Gegenwart.
Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf Lacans mit Blick auf Luther elaborierte Freudkritik. Aus Raumgründen wird auf eine Darstellung der Funktion verzichtet, die Lacan dann, mit Blick vor allem auf die Antigone des Sophokles, der Kunst zuweist. Kunst schafft Lacan zufolge zwischen uns und dem "Ding" die lebensnotwendige Distanz, womit der Kunst eine anthropologische Schlüsselrolle zufällt. Lacan erinnert an eine Einsicht, die bereits Erik H. Erikson in seiner frühen, von Lacan ignorierten Luther-Monographie formulierte: die Einsicht in die klandestin protestantische Dimension der Psychoanalyse.