Berichte des Sonderforschungsbereichs 268
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05, 041
Die seit 1990 laufenden archäologischen Forschungen des SFB 268 in NE-Nigeria haben mittlerweile zur Entdeckung zahlreicher Siedlungsstellen geführt, deren Keramik Eckwerte in der endsteinzeitlichen und früheisenzeitlichen Besiedlungsgeschichte des südwestlichen Tschadbeckens aufzeigt. Zu den Plätzen Konduga und Gajiganna A-D wurden in der Kampagne 1993 weitere 11 Fundstellen der beiden letzten vorchristlichen Jahrtausende entdeckt. Sie streuen in einem ca. 48km2 großen Gebiet südöstlich von Gajiganna. Auf vier dieser Stellen wurden Testgrabungen, auf sieben Fundplätzen Begehungen vorgenommen. Dazu kommen über 30 wahrscheinlich eisenzeitliche Fundplätze, die ebenfalls nur begangen wurden. Für den relativ kleinen, exemplarisch ausgewählten Untersuchungsraum besteht somit eine umfangreiche Fundplatzliste, die für die nachfolgenden Betrachtungen eine solide Grundlage bietet.
05, 131
Der ständig steigende Wasserbedarf stellt in den semiariden Tropen ein großes Problem dar, dem man außer durch die Nutzung von fossilem Grundwasser immer wieder durch die Anlage von Staudämmen begegnen will. In diesem Zusammenhang entstanden in den 70er Jahren auch die Pläne für das Alau-Damm-Projekt bei Maiduguri in Nordost-Nigeria. Realisiert wurde das Projekt Mitte der 80er Jahre; 1989 wurde die Anlage in Betneb genommen. Das dort gestaute Wasser sollte zum einen zur Trinkwasserversorgung der schnell wachsenden Großstadt Maiduguri dienen, zum anderen war die Intensivierung des Reisanbaus in einem auch schon traditionell für diese Kultur genutzten regenzeitlichen Überflutungsgebiet, das flußabwärts am selben Fluß liegt, geplant. Der Ausbau eines in diesem semiariden Raum liegenden Flachwassersees zu einem Wasserreservoir stellt einen tiefen Eingriff in das Landnutzungsgefüge dar.
Um die Landnutzungsveränderungen zu erfassen, wurden LANDSAT-TM-Aufnahmen von 1987 und 1992 - also vor und nach Inbetriebnahme des Staudammes - ausgewertet. Geländeerhebungen wurden im Oktober und November 1992 durchgeführt. Heute, im Herbst 1994, erhält das Thema nach Abschluß der Untersuchungen besondere Brisanz dadurch, daß es im Bereich der den Stausee ergänzend abriegelnden Erddämme am Ende der diesjährigen Regenzeit Unterspülungen gegeben hat, wodurch es zu einer starken Flut aus dem Lake Alau in das Flußbett des Ngadda nach Maiduguri gekommen ist. Jedoch sind zu dieser veränderten Situation noch keine Satellitendaten ausgewertet worden.
05, 189
Unermüdliche Pflanzer sind die meisten Mosi, die - gemeinsam mit den Bisa - in Tenkodogo, Verwaltungshauptstadt der Provinz Boulgou im Südosten Burkina Fasos, die Bevölkerungsmehrheit stellen. Im Zentrum ihrer agrarisch geprägten Vorstellungswelt stehen die Kulturpflanzen, vor allem die Hirsearten Sorghum bicolor und Pennisetum americanum, von deren gutem Gedeihen das Überleben in jenem Gebiet weitgehend abhängt. Diese in der täglichen Ernährung unentbehrlichen Pflanzen spielen allerdings in unseren Ausführungen keine Rolle. Wir wollen vielmehr zeigen, wonach selten oder nicht genutze Wildpflanzen, vor allem Kräuter und Gräser, ihren Namen erhielten. Ihre Taxonomie stützt sich wesentlich auf Ordnungssysteme des Alltags, basierend auf der "natürlich-sozialen" Organisation und Opposition von Drinnen und Draußen, welche durch die Gegensätze Kulturland und Busch, Nutzpflanze und Unkraut, Haustier und Wildtier, Gruppenoberhäupter und gesellschaftliche Außenseiter, Menschen und Geister repräsentiert werden.
05, 203
Während über Flora und Vegetation der Wälder, Savannen und Äcker Westafrikas zahlreiche Veröffentlichungen vorliegen, hat man sich mit der ruderalen Flora und Vegetation der Siedlungen bisher nur wenig beschäftigt. Im Rahmen der Forschungen des SFB 268 wurde daher in zwei Ortschaften von Burkina Faso eine Bestandsaufnahme der spontan im Siedlungsbereich und in seiner engeren Umgebung an Ruderalstandorten auftretenden Pflanzenarten durchgeführt, wobei, gemäß den Zielen des SFB 268, auf eine interdisziplinäre Relevanz der Ergebnisse Wert gelegt wurde. Daher standen die Fragen nach der Nutzung der Spontanflora durch die Bevölkerung im Vordergrund des Interesses. In der vorliegenden Arbeit wird über die für die menschliche Ernährung genutzten krautigen Wildpflanzen des Siedlungsbereiches berichtet.
05, 243
Lehnwörter dienen als wichtiges linguistisches Indiz für Sprachkontakt, d.h. der Koexistenz mehrerer Sprachen innerhalb einer bestimmten Region, deren Sprecher diese Sprachen alternativ verwenden. Sprachkontakte können im politischen, historischen, geographischen und/oder kulturgeschichtlichen Kontext betrachtet werden. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit linguistischen Einflüssen des Kanuri, einer nilosaharanischen Sprache, auf das Gamergu, das zur afroasiatischen Sprachfamilie gehört. Beide Sprachen werden in Nordost-nigeria gesprochen. Anhand von Beispielen aus dem Bereich der Lexik soll ein Zusammenhang von Geschichte und Linguistik deutlich werden. Lehnwörter im Gamergu finden sich in allen Bereichen des Kulturwortschatzes. Die hier aufgeführten Beispiele können dem semantischen Feld "Naturraum" im weiteren Sinne zugeordnet werden, wie z.B. Pflanzen, Bäume, Tiere, Himmelsrichtungen, Mineralien und Körperteile.
05, 093
Anlaß für die exemplarische Untersuchung des Siedlungsmusters der Gulmance-Siedlungen südlich der Chaîne de Gobnangou waren die augenfälligen Siedlungsdisparitäten und die unübersehbaren Kongruenzen zu den naturräumlichen Gegebenheiten in der Region. Schon der Blick auf eine Karte der Bevölkerungsdichten in den einzelnen Provinzen Burkina Fasos zeigt, daß die Siedlungsdichte in den nahezu ausschließlich von Gulmance besiedelten Provinzen Gourma und Tapoa weit unter dem Landesdurchschnitt liegt. Innerhalb der Provinz Tapoa wiederum fällt auf, daß Gebieten mit relativ hoher Bevölkerungsdichte nahezu unbewohnte Regionen gegenüberstehen. So reihen sich die Ortschaften der Gulmance in den Vorländern des Höhenzuges von Gobnangou dicht an dicht, während die Flachlandschaft rund um die Provinzhauptstadt Diapaga äußerst dünn besiedelt ist. Ebenso ist die südlich des Gobnangou-Massivs liegende Pendjari-Ebene, deren überwiegender Flächenanteil von Nationalparks eingenommen wird, nahezu unbesiedelt.
05, 113
Bei den hier vorgestellten ethnologischen und geomorphologischen Aspekten von Brunnen und Getreidespeichern in der firgí-Region Musenes wird besonders die "angepaßte Technologie" der hier lebenden Menschen deutlich. Die kulturelle Entwicklung der Region hängt eng mit den besonderen naturräumlichen Bedingungen zusammen. Die Eigenbezeichnung als firgiwú (die Leute des Tons) verweist auf eine Beziehung der Bewohner zum Naturraum, in dem Ton eine besondere Rolle spielt und für den es spezielle Berufszweige gibt. Die Ressource Ton wird, gleichwohl im Bewußtsein, daß es sich hierbei um regionalspezifische Aspekte handelt, als integrierendes Moment über die ethnischen Grenzen hinweg als Teil ihrer firgiwú -Kultur verstanden. Offensichtlich hat diese eine lange Tradition. Interessant wäre, ob in anderen ähnlich ausgestatteten Naturräumen in Westafrika eine vergleichbare Anpassung bzw. Nutzung des Naturraumes zu finden ist, bzw. wie dort die Nutzungsstrategien aussehen.
05, 215
Die Faktoren, die das Gefüge und den Aufbau eines Satzes bestimmen, sind möglicherweise schwerer zu definieren als die die Landschaft bestimmenden Geofaktoren. Verkürzt gesagt, richten sich die verschiedenen Satztypen nach den mannigfaltigen Intentionen, die der Sprecher mit seiner Aussage verbindet. Die Mittel, die die einzelne Sprache zum Ausdruck dieser vielfältigen Intentionen beim Aufbau und bei der materiellen Ausstattung eines Satzes zur Anwendung bringt, müssen etwas mit dem je spezifischen "Geist" einer Sprache zu tun haben; sie bestimmen letztendlich den Charakter einer Sprache. Ob sie im Geiste einer großen Redundanz und Explizität auf den Plan treten und zur Wirkung kommen oder ob äußerste Sparsamkeit, Kargheit und Ökonomie das äußere Bild eines Satzes prägen, dürfte unter anderem von zwei Grundfaktoren abhängen) vom geschichtlichen Schicksal der betreffenden Sprachgemeinschaft, d.h. von ihrer kulturellen Entwicklung, den inneren Prozessen und äußeren Kontakten und Einflüssen, denen sie im Laufe der Jahrhunderte und -tausende unterworfen war, und von dem geistigen Charakter und Format der Sprechergemeinschaft. Zur praktischen Demonstration des hier Gemeinten bietet sich aus mehreren Gründen die Sprache der Tangale im Raume südlich von Gombe an.
05, 017
Wasserfahrzeuge sind die ersten Verkehrsmittel der Menschheit. Es gibt Überlegungen, ob sie eine zentrale Rolle beim Vordringen der neolithischen Lebensweise nach Mitteleuropa gespielt haben, aber auch zwingende Annahmen, dass sie bereits in weitaus früherer Zeit zur globalen Verbreitung des Menschen beigetragen haben. Im Rahmen des Frankfurter Sonderforschungsbereichs "Westafrikanische Savanne" wurden im nigerianischen Teil des Tschadbeckens Untersuchungen an einem Boot vorgenommen, dessen Alter eine neue Sicht über die Beteiligung Afrikas an der Geschichte der Verkehrsmittel erfordert. Das im Folgenden vorgestellte Boot stammt aus einer Zeit, die im Tschadbecken archäologisch nur außerhalb der damaligen Erstreckung des Mega-Tschads faßbar ist und die der Erfindung der ältesten Fortbewegungsmittel der Menschheit einen originär afrikanischen Ursprung verleiht.
05, 163
Die weidewirtschaftliche Nutzung beeinflußt seit Jahrtausenden den Natur- und Kulturraum der westafrikanischen Savanne. Die Beweidung durch die verschiedenen domestizierten Tierarten hat in diesem Zeitraum einen wesentlichen Einfluß auf die Entwicklung der Vegetationszusammensetzung gehabt und das vor allem in der Krautschicht. Übermäßige Beweidung kann - wie zahlreiche Untersuchungen zeigen - zu einschneidenden Veränderungen in der Pflanzendecke führen, die letztlich in einer völligen Zerstörung der Vegetation gipfeln können. Dieser Prozess wird landläufig als Überweidung bezeichnet und gilt als eine der wesentlichen Ursachen für Landschaftsschäden. Die in den letzten Dekaden ständig anwachsenden Tierbestände in Afrika südlich der Sahara haben die Situation weiter verschärft. Folgerichtig konzentrieren sich Meliorationsvorschläge auf eine Verringerung der Besatzdichte auf ein tragfähiges Maß. Angestrebt wird ein geregeltes Weidemanagement, das eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen ermöglicht. Trotz teilweise jahrzehntelanger Bestrebungen konnte dieses Ziel bis dato nicht erreicht werden, so daß in jüngerer Zeit Fachwissenschaftler zu der Überzeugung gekommen sind, daß diese Mißerfolge bereits auf Fehler in den grundlegenden Überlegungen zurückzuführen sind. Die aus diesen neuen Überlegungen resultierenden Modellvorstellungen in der Weideökologie sollen an dieser Stelle vorgestellt werden. Dabei wird vor allem auf die Problematik der Beurteilung und Bewertung des Überweidungsprozesses eingegangen.