Arbeitspapiere des EVS-Projekts Personelle Einkommensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland
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Die Verteilungssituation in Deutschland ist durch ein zunehmendes Maß an Ungleichheit gekennzeichnet. Das Wohlstandsgefälle zwischen West- und Ostdeutschland - 1993 lag das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen in den neuen Ländern nach Kaufkraftbereinigung um ca. ein Viertel unter dem Westniveau - birgt sozialen Sprengstoff. Hinzu kommt eine Verschärfung des Verteilungsproblems auch innerhalb der alten Bundesländer. So ist der Anteil der Personen (in Haushalten mit deutscher Bezugsperson) mit weniger als der Hälfte des im Westen erreichten durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens von 1988 bis 1993 um 1,7 Prozentpunkte auf 10,5% gestiegen. Die Dynamik in der Verteilungsentwicklung hat sich gegenüber dem vorangegangenen Fünfjahreszeitraum (1983 bis 1988) verstärkt. Angesichts einer weiter gestiegenen Arbeitslosigkeit, Einschränkungen bei den Lohnersatzleistungen und Arbeitsförderungsmaßnahmen sowie ausbleibender Anpassungen von Wohngeld und Sozialhilfe an die Preisentwicklung muß davon ausgegangen werden, daß sich die Verteilungssituation für einen weiten Bevölkerungskreis seit 1993 noch zugespitzt hat. Dies sollte bei allen Überlegungen zu steuer- und sozialpolitischen Reformen berücksichtigt werden.
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Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit Problemen der Messung individueller Wohlfahrt und ihrer Verteilung. Dabei wird versucht, eine Brücke zwischen ökonomischen und soziologischen Ansätzen zu schlagen. In einern ersten Teil werden Probleme der Nutzenmessung diskutiert. Für die Nutzenmessung gibt es weder einen natürlichen Nullpunkt noch eine natürliche Maßeinheit, so daß es deren Bestimmung durch Konventionen bedarf. Selbst die dabei einzubeziehende Palette objektiver und subjektiver Wohlfahrtskomponenten ist nicht vorgegeben. Ausgehend von dem soziologischen Ansatz, sowohl "welfare" als auch "happiness" zu berücksichtigen, wird ein differenziertes Schema wohlfahrtsrelevanter Bedürfnisse erarbeitet, deren Messung teilweise "objektiv unter Annahmen" - dies betrifft alle Besitzbedürfnisse -, überwiegend aber "subjektiv durch Einschätzung" möglich ist (Zugehörigkeitsbedürfnisse, Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung, gesellschaftsbezogene Bedürfnisse). Die Bedingtheit empirischer Wohlfahrtsanalysen wird offensichtlich, da die unvermeidlichen normativen Hypothesen einer wissenschaftlichen Beweisführung nicht zugänglich sind. Dies gilt auch, wenn man sich auf die in Geldeinheiten direkt bewertbaren Bedürfnisbefriedigungsmittel beschränkt; denn die daraus resultierende Wohlfahrt hängt von den individuellen Nutzenfunktionen ab. Hinzu kommen Probleme bei der Zusammenfassung von Einkommens-, Vermögens- und Absicherungsindikatoren zu einem individuellen Gesamtwohlfahrtsmaß, um einem eindimensionale Wohlfahrtsverteilung unter allen Gesellschaftsmitgliedern ermitteln zu können. Schließlich bedarf es auch bei der Zurechnung der in einern Haushalt vorhandenen Bedürfnisbefriedigungsmittel auf die einzelnen Haushaltsmitglieder normativer Setzungen, die sich in verschiedenen Äquivalenzskaien niederschlagen. In einem zweiten Teil werden - nach der grundsätzlichen Erörterung von Schwierigkeiten bei der Operationalisierung und Messung von Nutzen - einige Ungleichheitsmaße dargestellt und hinsichtlich ihrer normativen Implikationen diskutiert. Alle Verteilungsindikatoren basieren auf der Philosophie des individualistischen Utilitarismus und gehen von Gleichverteilung als Referenzpunkt aus. Die Frage nach dem Einfluß der Wohlfahrt anderer Gesellschaftsmitglieder auf den individuellen Nutzen bleibt also ebenso ausgeklammert wie die nach einem gerechten Maß an Ungleichheit als Vergleichspunkt zur gegebenen Ungleichheit. Abschließend wird die Entwicklung einiger Verteilungsindikatoren in der Bundesrepublik Deutschland von 1962/63 bis 1988 dargestellt. Dabei zeigt sich eine weitgehende Stabilität der Verteilung der Nettoäquivalenzeinkommen, die allerdings nicht mit der Verteilung individueller Wohlfahrt gleichzusetzen ist.
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Wie können nun die vielfältigen Ergebnisse zur Einkommens- und Vermögensverteilung im Hinblick auf die Frage, ob es eine soziale Polarisierungstendenz gibt, zusammengefaßt werden? Angesichts des unklaren Begriffs der Polarisierung und der begrenzten Aussagekraft des Datenmaterials ist dies schwierig, zumal die empirische Analyse nicht nur Fragen beantwortet, sondern auch neue Fragen aufgeworfen hat und die vorliegenden Daten nicht sehr zeitnah sind. Trotz aller Einschränkungen lassen sich aber vielfältige Anzeichen einer Auseinanderentwicklung der Lebensverhältnisse einzelner Bevölkerungsgruppen feststellen. Diese äußern sich weniger in zusammenfassenden Verteilungsmaßen wie beispielsweise dem Gini-Koeffizienten als vielmehr in disaggregierten Betrachtungsweisen. So hat in Westdeutschland zwischen 1978 und 1993 sowohl der Bevölkerungsanteil, der in relativer Einkommensarmut lebt, als auch der Anteil der Reichen zugenommen. Dies könnte man als Polarisierungstendenz bezeichnen, wenn man Polarisierung allgemein als Prozeß der Herausbildung bzw. Vergrößerung von zwei weit auseinanderliegenden Einkommensgruppen versteht.32 Von der zunehmenden relativen Verarmung sind hauptsächlich Arbeitslosenhaushalte sowie Familien mit Kindern, insbesondere Alleinerziehende, betroffen, steigende gruppenspezifische Reichtumsquoten sind vorwiegend bei Selbständigen-, Angestellten- und Beamtenhaushalten sowie bei Paaren ohne Kinder zu beobachten. Die Gruppen der Alleinstehenden sind sehr heterogen, da sich hier sowohl überdurchschnittliche Armuts- als auch - mit Ausnahme der alleinstehenden älteren Frauen - überdurchschnittliche Reichtumsquoten zeigen; die Armutsquoten der jüngeren Alleinstehenden, insbesondere der Frauen, sind im Beobachtungszeitraum aber drastisch gestiegen, die Reichtumsquoten bei allen Alleinstehenden tendenziell gesunken. Neben diesen Tendenzen beinhaltet das nach wie vor starke West-Ost-Gefälle im Lebensstandard ein nicht zu unterschätzendes gesellschaftliches Spannungs- und Spaltungspotential. Die große Ungleichheit in der Einkommensverteilung wird von der Vermögensverteilung bei weitem übertroffen. Wenn man sich auf das Nettogrund- und Nettogeldvermögen (ausschließlich Zeitwerte der Kapitalversicherungsguthaben) beschränkt, verfügten 1988 die obersten 10% der Haushalte über fast die Hälfte des Gesamtvermögens, während die untere Hälfte der Haushalte weniger als 4% des Gesamtvermögens besaß. Diese krassen Gegensätze zeigen sich, obwohl die reichsten Haushalte in der Datenbasis nicht erfaßt sind. Für die Entwicklung der Konzentration der Vermögen zeigt sich im Zeitablauf keine eindeutige Tendenz. Die Ergebnisse für einzelne Jahre sind wegen unterschiedlicher Begriffsabgrenzungen nicht unmittelbar vergleichbar, die Erfassung des Vermögens ist generell unvollständig. In der Literatur wird eher von einer zunehmenden denn von einer abnehmenden Konzentration ausgegangen. Die bisher vorliegenden empirischen Verteilungsergebnisse decken allenfalls den Zeitraum bis 1993 ab. Seither hat sich die gesamtwirtschaftliche Situation aber deutlich verschlechtert. Die andauernden Arbeitsmarktprobleme und Kürzungen im Sozialleistungsbereich einerseits sowie "explodierende" Aktienkurse andererseits bergen zunehmende Gefahren einer nachhaltigen Spaltung der Gesellschaft. Es ist zu befürchten, daß unstetige Erwerbsverläufe mit der Folge unzureichender Sozialversicherungsansprüche künftig noch häufiger vorkommen werden und daß die Ungleichheit der Arbeitnehmereinkommen - auch durch die beobachtbare Zunahme untertariflicher Bezahlungen - steigen wird mit der Folge einer weiteren Verarmung insbesondere von Familien mit Kindern. Hinzu kommt, daß die von längerer Arbeitslosigkeit betroffenen Haushalte ihre Vermögensbestände aufzehren müssen oder sich gar verschulden, so daß ein Wiederaufstieg deutlich erschwert wird und auch die Vermögensverteilung noch ungleichmäßiger werden dürfte. Der Verteilungskonflikt wird sich darüber hinaus durch die in Gegenwart und Zukunft zu erwartenden Vererbungsvorgänge verschärfen. Hiervon profitieren nicht alle Haushalte gleichermaßen. Aufgrund sinkender Kinderzahlen ist mit einer Kumulierung von Vermögenswerten zu rechnen.33 Die in einigen politischen Kreisen befürwortete stärkere Einbeziehung der privaten Vermögensbestände zur Risikovorsorge, insbesondere für das Alter, ist angesichts der starken Vermögenskonzentration für den größten Teil der Bevölkerung wohl kaum eine realistische Alternative.
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Das Niedrigeinkommenssegment steht im Zentrum der Kontroversen um eine Reform des Sozialstaats. Die Kenntnis seiner soziodemographischen Zusammensetzung ist daher unabdingbar, um in der betreffenden Diskussion gehaltvoll Position beziehen zu können. Besonders interessieren in diesem Zusammenhang Zeitvergleiche. In diesem Sinne wird in der vorliegenden Studie die Veränderung der Struktur des Niedrigeinkommensbereiches in der Bundesrepublik anhand einer Abfolge mehrerer Querschnitte, welche die Jahre 1962/63 bis 1988 umfaßt, analysiert. Dem Niedrigeinkommensbereich werden - in Anlehnung an neuere Ergebnisse in der Literatur über „prekären Wohlstand“ und über Abstiegsrisiken - diejenigen Personen zugerechnet, die nicht mehr als 80 v. H. des durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens zur Verfügung haben. Zur vertieften Analyse wird der Niedrigeinkommensbereich nochmals in vier Teilsegmente unterteilt. Entsprechend den relativen Besetzungshäufigkeiten zeigt sich beim Vergleich mit dem oberen Einkommensbereich für spezifische Personengruppen eine Überrepräsentation im Niedrigeinkommensbereich bzw. in seinen vier Teilsegmenten. Hierbei ergeben sich im Zeitablauf einige aufschlußreiche Trends. So erhöhte sich von 1962 bis 1988 beispielsweise für Alleinstehende, für Personen in Alleinerziehenden-, in Nichterwerbstätigenhaushalten sowie für Personen in Haushalten mit einer weiblichen Bezugsperson der Grad der Überrepräsentation im Niedrigeinkommensbereich. Gleiches gilt für Personen in Haushalten mit einem hohen Mietanteil am Haushaltsnettoeinkommen bzw. generell für Personen in Nichteigentümerhaushalten. Demgegenüber verringerte sich insbesondere für Personen im Haushaltstyp einer vollständigen Familie mit vier Kindern oder für Personen in Landwirte- und Arbeiterhaushalten von 1962 bis 1988 das Ausmaß der Überrepräsentation im Niedrigeinkommenssegment.
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Die Analyse von Entwicklungstendenzen der personellen Einkommensverteilung in der Bundesrepublik Deutschland hat ein hohes Maß an Stabilität ergeben. Trotz vielfältiger gesamtwirtschaftlicher und sozialer Wandlungsprozesse während des einbezogenen Vierteljahrhunderts (1962/63 bis 1988) deuten aggregierte Verteilungsmaße auf der Basis von Mikrodaten der Einkommens- und Verbrauchsstichproben (EVS) sehr mäßige Veränderungen der Verteilung der Nettoäquivalenzeinkommen an. Der sich zunächst abzeichnende leichte Trend zu verminderter Ungleichverteilung kehrte sich im letzten Jahrzehnt des Beobachtungszeitraums wieder um, so daß die meisten Verteilungsindikatoren 1988 wieder nahe den Werten zu Beginn der siebziger Jahre lagen. Zwischen 1978 und 1983 scheint sich insbesondere die Situation der untersten Schichten verschlechtert zu haben, wie die Entwicklung des Atkinson-Index bei hoher Ungleichheitsaversion, des Theil-Index und der Armutsquote - bei einer relativen Armutsgrenze von 50% des durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens - belegen. Ein Vergleich der Verteilungsentwicklung auf verschiedenen Stufen des Verteilungsprozesses zeigt, daß sich die primäre und die sekundäre Verteilung tendenziell auseinanderentwickelt haben. Beispielsweise ist der Gini-Koeffizient der Faktoräquivalenzeinkommen im Untersuchungszeitraum um 7% gestiegen, der der Nettoäquivalenzeinkommen um 11% gesunken. Das soziale Sicherungssystem scheint sich im Untersuchungszeitraum also im großen und ganzen bewährt zu haben. Dennoch deuten sich neuerdings wieder zunehmende Verteilungsprobleme und sozialpolitische Problemfelder an. Abgesehen von dem allgemeinen Anstieg der Armutsquote in den achtziger Jahren und der nach wie vor ungünstigen Position der (vollständigen) Familien mit mehreren Kindern zeigt sich insbesondere bei den Alleinerziehenden eine alarmierende Entwicklung. Ihre durchschnittliche Wohlstandsposition erreichte 1988 nur noch ca. vier Fünftel (Alleinerziehende mit einem Kind) bzw. drei Fünftel (Alleinerziehende mit mehreren Kindern) des durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens insgesamt. Die relativen Positionen der anderen Haushalts- bzw. Familientypen haben sich im Zeitablauf tendenziell eher dem Gesamtdurchschnitt angenähert, so daß eine Dekomposition von Verteilungsindikatoren eine eindeutige und anhaltende Dominanz der Intra-Gruppen-Ungleichheit gegenüber der Ungleichverteilung zwischen den Haushaltstypen ergibt (ca. 90% der insgesamt gemessenen Ungleichheit). Auch in der Differenzierung nach der sozialen Stellung des Haushaltsvorstands überwiegt die Intra-Gruppen-Ungleichheit die Inter-Gruppen-Komponente der Einkommensungleichverteilung um ein Vielfaches, und zwar in deutlich zunehmendem Maß. Eine zielgerichtete Sozial- und Verteilungspolitik sollte also nicht an traditionellen Kategorien bzw. Schichtmerkmalen - z.B. Arbeiterschicht versus Unternehmerschicht - anknüpfen, sondern die komplexen Einflußfaktoren, die die materielle Situation von Haushalten determinieren, und damit die Heterogenität von eindimensional abgegrenzten Gruppen berücksichtigen. Darüber hinaus hat die Untersuchung auf der Basis der EVS-Datenbank gezeigt, daß sich hinter einer insgesamt recht stabilen Einkommensverteilung vielfältige, sich kompensierende Einzelentwicklungen verbergen, die in der Sozial- und Familienpolitik beachtet werden sollten.
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Im folgenden Beitrag wird zunächst die Entwicklung der personellen Einkommensverteilung in Deutschland zwischen 1993 und 1998 auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichproben (EVS) dargestellt. Dabei werden - ähnlich wie in früheren Analysen auf Basis der EVS und des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) - hoch aggregierte Indikatoren berechnet, mit denen die Informationsfülle einer Mikrodatenquelle zu nur einer Zahl bzw. zu einer eindimensionalen relativen Häufigkeitsverteilung verdichtet wird. In einem zweiten Schritt und schwerpunktmäßig wird untersucht, welche Verteilungsstrukturen sich hinter diesen Darstellungen der Gesamtverteilung verbergen.
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Ziel der hier vorgestellten Arbeit ist es, einen Eindruck über die Größenordnung der Kosten eines Bürgergeldmodells als alternatives Grundsicherungssystem zu gewinnen. Dazu wurde eine formale („impact“-) Partialinzidenzanalyse mit Hilfe einer statischen Simulation auf der Basis von Mikrodaten der Einkommens- und Verbrauchsstichproben 1983 und 1988 durchgeführt. Die Ergebnisse können nur als ungefähre Orientierungspunkte interpretiert werden, zumal sie sich auf den Transferbereich beschränken. Bei der Konkretisierung des sozio-kulturellen Existenzminimums wurde im wesentlichen an das bestehende Sozialhilferecht angeknüpft, und für das anzurechnende Einkommen wurde schwerpunktmäßig ein Transferentzugssatz von 50% unterstellt. Die Berechnungen führen zu erheblichen Mehrkosten des Bürgergeldmodells gegenüber dem gegenwärtigen Nebeneinander verschiedener Mindestsicherungsleistungen (mit deutlich höheren Transferentzugssätzen), die z. gr. T. durch die auch oberhalb des Existenzminimums (bis zu dessen doppeltem Betrag) bestehenden potentiellen Ansprüche bedingt sind. Die Nettokosten hätten 1988 fast ein Drittel des Aufkommens der Lohn- und Einkommensteuer ausgemacht, so daß die hier vorgestellte Reformvariante als kaum finanzierbar bezeichnet werden kann. Es wäre wohl utopisch anzunehmen, daß die möglichen positiven Anreizeffekte des verminderten Transferentzugssatzes zu einer Senkung des Bürgergeldvolumens in ähnlicher Größenordnung führen würde. Mit Blick auf die Gegenwart ist zudem zu bedenken, daß seit der Wiedervereinigung das Transfervolumen im Falle der Einführung eines Bürgergeldes wesentlich höher als in der hier präsentierten Simulationsrechnung ausfallen dürfte, und zwar auch in Relation zum Volkseinkommen. Denn die schrittweise Angleichung der Einkommen in Ostdeutschland an das westdeutsche Niveau bewirkt, daß in der Übergangszeit die Haushaltseinkommen in den neuen Bundesländern vergleichsweise häufiger und tendenziell stärker unterhalb des Existenzminimums liegen als in Westdeutschland - es sei denn, für Ostdeutschland würde das relevante Existenzminimum deutlich niedriger als hier vorgeschlagen definiert; dies wäre aber nicht sinnvoll und politisch kaum tragbar. Eine Reform der sozialen Mindestsicherung nach dem Muster einer Negativen Einkommensteuer würde also zu erheblichen Mehrkosten führen. Bei allen Vorteilen, die ein Bürgergeldsystem mit 50%igem Transferentzugssatz haben mag, ist die Finanzierungsfrage völlig offen; bei höherem Transferentzugssatz wäre das Problem zwar weniger gravierend, aber nicht gelöst.