TY - JOUR A1 - Nesselhauf, Jonas A2 - Moser, Christian A2 - Simonis, Linda T1 - Lebenslange Prägung : Zur 'Lagertätowierung' im literarischen Shoah-Diskurs T2 - Komparatistik : Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft N2 - Wie keine andere kulturelle Handlung spiegelt das Tätowieren eine intentionale Ästhetisierung des menschlichen Körpers, zwischen individueller (und damit hoch-persönlicher) Schönheitsvorstellung auf der einen und öffentlicher (Selbst-)Inszenierung auf der anderen Seite schwankend. Die Haut wird dabei – quasi lebenslang beschrieben – zum Medium der Erinnerung. Zwar wurde bereits in der Antike 'tätowiert', der heutige Begriff sowie die 'Wiederentdeckung' dieser Praxis geht allerdings auf die Forschungs- und Entdeckungsreisen des 18. Jahrhunderts zurück, in denen Europäer mit fremden Kulturen in Kontakt kamen, die solche Verfahren mit einem ästhetischen oder rituellen Hintergrund praktizierten. So übernahm James Cook in seinen Aufzeichnungen den samoanischen Begriff "tatau", etymologisch die Grundlage für "to tattoo" und das deutsche "tätowieren". Inzwischen gilt die Modifikation des eigenen Körpers durch eine Tätowierung längst nicht mehr als 'verrucht' und stellt ebenso auch keine Ausnahmeerscheinung mehr dar, was sich vor allem an der explosionsartig gestiegenen Zahl von Tattoo-Studios in der Bundesrepublik ablesen lässt – und so trägt in Deutschland heute (konservativ geschätzt) etwa zehn Prozent der Gesamtbevölkerung und 23 Prozent der 16- bis 29-Jährigen mindestens ein Tattoo auf der Haut. Aber längst nicht jede Tätowierung ist auch der Ausdruck des eigenen Schönheitsempfindens oder eine vom Träger intentional auf dem Körper eingeschriebene Botschaft. Denn bereits in der griechischen Antike wurde das Verfahren auch dazu benutzt, Sklaven zu markieren, Besitzverhältnisse und damit ihre Unfreiheit auf der Haut einzuritzen; diese entpersonalisierende Markierung setzt sich mit der Häftlingstätowierung in Gefängnissen und schließlich den nationalsozialistischen Konzentrationslagern fort, die vor allem in literarischen Texten des Shoah-Diskures aufgegriffen und verhandelt wird. KW - Tätowierung KW - Sklave KW - Gefängniskleidung KW - Judenvernichtung KW - Konzentrationslager KW - In der Strafkolonie KW - Kafka, Franz KW - Se questo è un uomo KW - Levi, Primo KW - Strafgefangener KW - Sorstalanság KW - Roman eines Schicksallosen KW - Kertész, Imre KW - Klüger, Ruth KW - Weiter leben Y1 - 2017 UR - http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/47530 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:3-475303 SN - 978-3-8498-1217-1 SN - 1432-5306 VL - 2017 SP - 141 EP - 153 PB - Aisthesis Verlag CY - Bielefeld ER -