TY - JOUR A1 - Voss, Dietmar T1 - Hölderlin und die Triebstruktur des Menschen T2 - Weimarer Beiträge : Zeitschrift für Literaturwissenschaft, Ästhetik und Kulturwissenschaften N2 - "Von Ihnen dependier' ich unüberwindlich", schrieb Hölderlin am 26. Juni 1797 an Schiller. Zwei, drei Jahre zuvor hatte er in Jena Schillers Nähe gesucht, sich an Hymnen mit abstraktem Ideen-Pathos nach Schiller'schem Vorbild versucht - deprimierende Erfahrungen. Nicht zuletzt, weil, wie er an Neuffer schrieb, "meine Hymnen mir doch selten in dem Geschlecht, wo doch die Herzen schöner sind, ein Herz gewinnen werden". Bei aller Begeisterung für den 'griechischen Himmel', das antike Griechenland als Traumort göttlicher Schönheit, nimmt Hölderlin die Übermacht des Überliefert-Mustergültigen als "Sieg des […] Toten über das Leben" wahr. Anders als Herder, Hegel oder Friedrich Schlegel protestiert er gegen den Nachahmungsklassizismus à la Winckelmann, gegen "Knechtschaft" durch "das Altertum" nicht im Namen der Historie oder der Geschichtsphilosophie, sondern im Namen der "lebendigen Kraft", des "ursprünglichen Trieb[s]" lebendiger Bildung. "Als bloße Nachahmung eines antiken Musters wäre das Kunstwerk ein Totes; gerade damit es, gleich den Werken der Antike, ein lebendiges Verhältniß habe, muß es darauf verzichten, zu sein wie sie." Um ein solch "lebendiges" Produktionsverhältnis der Poesie in der Gegenwart zu erreichen, müsste allerdings die bürgerliche Prosa der Verhältnisse überwunden werden, worin der Dichter "vereinzelt", "ausgeworfen [ist] aus dem Garten der Natur", sowie abgeschnitten von jenem "gemeinschaftlichen ursprünglichen Grund", das heißt vom mythischen Grund, der kollektiven Basis-Organisation der Phantasie, die einst die Blüte der griechischen Dichtung und Kunst ermöglichte. Doch der Jakobiner Hölderlin versteift sich nicht darauf, die Mängel der modernen, durch die Französische Revolution entfesselten Wirklichkeit zu beklagen. Er geht vielmehr den Verzweigungen nach, denen jener lebendige Trieb im modernen Weltzustand unterliegt. KW - Hölderlin, Friedrich KW - Trieb Y1 - 2020 UR - http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/49566 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:3-495666 UR - http://www.passagen.at/cms/index.php?id=349 SN - 978-3-7092-0296-8 SN - 0043-2199 SN - 2510-7291 VL - 63 IS - 3 SP - 347 EP - 366 PB - Passagen Verlag CY - Wien ER -