TY - CHAP A1 - Campe, Rüdiger T1 - Stil als Übung : eine Skizze zu Stilus, Stil und Schreibszene T2 - Stil und Rhetorik : ein prekäres Paar und seine Geschichte / Eva Geulen, Melanie Möller (Hg.) ; Interjekte ; 14 N2 - Rüdiger Campe argumentiert für die Kontinuität der Rhetorik über die Zäsur von 1800 hinweg. Gegenläufig zu Martin Urmann setzt er jedoch an der bei Descartes und Lamy abgewerteten Übung an, die im Zuge der Bildungsreform endgültig von der Bildfläche verschwunden schien. In der Moderne knüpft allenfalls Raymond Queneau mit seinen "Stilübungen" (1947) an die sich in der französischen Tradition länger erhaltene Praxis an, aber das wohl eher unter ästhetischen als rhetorischen Gesichtspunkten. Dass die Überführung schulischer Übungen in ästhetische Verfahren und stilistischen Ausdruck im modernen Sinne einen Zusammenhang bilden könnten, den Baumgartens Ästhetik von 1750 noch einmal pointiert, war trotz der jüngeren Forschung zu Baumgarten, die seine Bedeutung für das Fortleben der Rhetorik in der Moderne immer wieder hervorgehoben hat, allenfalls zu ahnen. Der Zusammenhang war gleichsam blockiert durch die historische Zäsur, die Rhetorik von Stil trennt, denn in der Folge hat Stil es nicht mehr mit rhetorischen Regeln, sondern mit Dialektiken von Norm und Abweichung zu tun. Diesen ganzen Bereich nennt Campe die taxonomische Dimension des Stils. Und sie trägt auch Verantwortung für die im 20. Jahrhundert notorische Inkriminierung von Stil als verkapptes Machtinstrument. Sehr deutlich wird diese Abwehr beispielsweise an Theodor W. Adornos gespaltenem Verhältnis zum Stil. Campe ergänzt die taxonomische Dimension des Stils um eine praxeologische - prominent verkörpert im Begriff der Schreibszene - die direkt aus der rhetorischen Praxis kommt. Was später Stil sein wird, ist in der Rhetorik nicht in den Regelwerken, weder in der Tropenlehre noch in den 'genera dicendi' zu suchen, sondern in der Praxis, die 'hexis' heißt und eigentlich das Wesen der Rhetorik ist. Dem Eindruck eines radikalen Bruchs entgegen hat das Üben nicht aufgehört und insistiert noch dort, wo es mit 'Werken' im modernen Sinne um etwas anderes zu gehen scheint. KW - Stil KW - Rhetorik KW - Übung KW - Quintilianus, Marcus Fabius KW - Institutio oratoria KW - Baumgarten, Gottlieb Alexander Y1 - 2022 UR - http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/frontdoor/index/index/docId/68087 UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hebis:30:3-680878 UR - https://www.zfl-berlin.org/files/zfl/downloads/publikationen/interjekte/Interjekte_14_Campe.pdf VL - 2022 IS - 14 SP - 17 EP - 31 PB - Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL) CY - Berlin ER -