"Wie mit dem Zauberstabe berührt, verwandelte sich das kleine bescheidene Landstädtchen in einen stattlichen Villenort, wo die ersten Patrizierfamilien Frankfurts sich prächtige Landhäuser für den Sommeraufenthalt erbauen ließen."[405] |
Die Kaiserin Friedrich widmete sich den Interessen Kronbergs von Anfang an, noch vor der Fertigstellung ihres Witwensitzes Friedrichshof. Neben der Gründung einer Volksbibliothek ist es wiederum ihrem Tatendrang zu verdanken, daß in Schönberg eine neue Schule entstand, die nach ihr benannte Victoria-Schule. Bei allen Projekten war stets sie die erste, die Geld spendete und dafür sorgte, daß die restliche Bevölkerung ihrem Beispiel folgte. Auf diese Art gelang es ihr, nicht nur das angestrebte Projekt voran zu bringen, sondern andere Menschen zum Fördern zu bewegen. Auch nahm sie sich in Kronberg dem Ausbau der Straßen an; Die Hainstraße, Victoriastraße und der Kaiserin-Friedrich-Weg sind von ihr finanziert worden. Die Stadt Kronberg sorgte im selben Atemzug auf Initiative der Witwe für den Ausbau der Kanalisation, welche dazu beitragen sollte, die hygienischen Bedingungen in der Stadt und somit die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Überdies beschlossen viele Frankfurter Familien, sich gleich der Kaiserin einen Sommersitz in Kronberg zu erstehen. Mit der Zeit verwandelte sich das Dorf aufgrund der Ansiedlung der Kaiserinwitwe in einen prosperierenden Vorort von Frankfurt. |
Nach dem Tode der Kaiserin wurde der Wunsch laut, in Kronberg ein Denkmal ihr zu Ehren zu setzen. Im November 1901 wurde ein Aufruf zu Beiträgen erlassen, der von rund 140 Persönlichkeiten unterzeichnet worden war. Darin hieß es: |
"Das Denkmal soll im Herzen des alten Städtchens Cronberg an dessen schönstem und ehrwürdigstem Kunst-Bauwerk, der Stadtkirche, errichtet werden. Ihre Majestät hatte dieser Kirche stets besonders Vorliebe und Fürsorge gewidmet, auch ist in ihr die Hohe Entschlafene aufgebahrt gewesen. Die Kosten des Denkmals lassen sich genau noch nicht bestimmen. Was über dieselben hinaus an Beiträgen eingehen wird, soll dem von Ihrer Majestät ins Leben gerufene Cronberger Krankenhaus überwiesen werden, dessen Fonds von Jahr zu Jahr zu verstärken der Kaiserin rastloses Bestreben war und welches auf sicheren finanziellen Grundlagen zurückgelassen sein würde, wenn der edlen Fürstin ein nur wenige Jahre längeres Leben beschieden gewesen wäre."[406] |
Die Gemeinde entschloß sich, als Dank für ihren Einsatz ein Epitaph mit der Grablegung Christi und dem Reliefporträt der Kaiserin von Adolf von Hildebrand an der Johanniskirche zur Erinnerung an sie anzubringen.[407] |
Victoria hatte sich durch die Frustrationen, die sie in Berlin ertragen mußte, nicht entmutigen lassen und hörte auch in Kronberg nicht auf, sich aktiv für die historischen Bauten wie die Burg und die Johanniskirche einzusetzen. Darüber jedoch vergaß sie auch nicht die Bevölkerung selbst und half in den Bereichen, die sie für notwendig hielt: die Verbesserung der Bildung und der Gesundheit der Menschen. Nicht sie als wohltätige Person wollte dabei im Mittelpunkt stehen, sondern die Einwohner Kronbergs sollten von ihren karitativen Aktivitäten profitieren. Diesen Grundsatz hatte sie bereits während ihrer Berliner Zeit als Kronprinzessin unter Beweis stellen können. |
Als Sammlerin tat sie sich in Kronberg nicht mäzenatisch hervor, da sie Kunstschätze meist nach Gefallen kaufte und darauf achtete, daß sie in das Gesamtbild ihrer Innenausstattung paßten. Dabei war sie sehr stark der damaligen Strömung des Historismus verbunden, von dem sie sich auch gegen Ende des 19. Jahrhunderts nicht trennte, obwohl dieser längst überholt war. Der neu aufkommenden Malerei in den Secessionen stand sie skeptisch gegenüber, vielleicht weil sie den neuen Strömungen nicht offen genug begegnete? |
Ihre Tätigkeit als hervorragende, nicht professionelle Malerin wirkte sich hingegen positiv aus. Auf diesem Weg gelang es ihr, sowohl das Ansehen der Künstlerinnen zu heben, als auch durch das Stiften ihrer Gemälde, Projekte, wie den Bau des Krankenhauses, voranzutreiben. |