Technische Aspekte zur Sicherung und Erschließung
Über die Bildsammlung der
Deutschen Kolonialgesellschaft in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am
Main, deren Entstehungsgeschichte und den Werdegang der Sicherungs- maßnahmen hat
Irmtraud D. Wolcke-Renk in RUNDBRIEF FOTOGRAPHIE N.F.11 berichtet. Ergänzend sollen hier
einige Überlegungen zu den technischen Aspekten der Gesamtsicherung vorgestellt werden.
Nach der Euphorie nach derersten
Sichtung des Bildmaterials 1989 machten sich die Bearbeiter Imre Joseph Demhardt und Uwe
U. Jäschke daran, eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Bild- materialien durchzuführen.
Dazu wurde eine DBase-Datenbank angelegt, die für jeden Kasten die formalen Angaben der
Kasten- beschriftung, des wahrscheinlichen Kasteninhalts nach Thema und Region, die
physische Form der Bildträger in Material und Format sowie die geschätzte Anzahl der
Bilder selbst enthielt und die das Grundgerüst unserer heutigen Datenbank bildet. Das
Ergebnis dieser Datenerfassung war, daß die Bildsammlung nicht vollständig sein konnte,
da die Selbstdokumentation der Bildstelle des Reichs- kolonialbundes viel mehr Kästen
zeigte als vorhanden waren, und daß es noch andere Archive ähnlicher Ausprägung geben
mußte, da wir einige Bilder, die wir aus dem Literaturstudium kannten, in der Sammlung
nicht vorfanden.
Angesichts der Menge der Aufnahmen und der vorhandenen Lücken lag der Schluß nahe, daß
ein Sicherungsprojekt sinnvollerweise übergreifend über mehrere Sammlungen zur
Schließung der Lücken erfolgen sollte. Im folgenden Jahr versuchten wir, solche
potentiellen Sammlungsteile in den alten und neuen Bundesländern zu finden, so im
Bundesarchiv in Koblenz und Potsdam oder in der Deutschen Fotothek in Dresden, wo z.B.
große Teile der Dobbertinsammlung aufbewahrt werden. Gleichzeitig wurden Erkundigungen
über die Möglichkeiten der Restaurierung, Sicherung und Archivierung von Bildmaterial
eingeholt. Aus diesen Informationen wurde ein Projekt- antrag entwickelt, der einen
Material- und Personalansatz von 2.5 Mio. DM bei einer Laufzeit von sechs Jahren hatte.
Ein Geldgeber für ein derart großes
Projekt ließ sich verständlicherweise nicht finden.
Das führte zu der Überlegung, das Gesamtprojekt in viele kleine Teilschritte zu zerlegen
und unter Beibehaltung der Gesamtziele in der Dienstzeit und durch freiwillige Zuarbeit zu
beginnen.
Für die Veröffentlichung unserer Sammlung sollten folgende Vorgaben erfüllt werden:
dauerhafte Vorhaltung der Bilder auf geringst möglichem Raum,
detaillierte und schnelle Bildrecherche,
direkter Zugriff auf Bild- und Erschließungsdaten,
Aus diesen Vorgaben wurden die nachstehenden Aufgaben und Ziele entwickelt:
Technische Sicherung der Originale durch Restaurierung und Sicherheitsverfilmung.
Wissenschaftliche Erschließung der Bildsammlung.
Kostengünstige Archivierung, Bereitstellung und Präsentation der Bilder und ihrer Erschließungsdaten.
Veröffentlichung des Bildmaterials und auszugsweise Übergabe an die vierzehn Nachfolgestaaten der ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika, Asien und Ozeanien im Rahmen der wissenschaftlich-kulturellen Entwicklungszusammenarbeit.
Aus der
Tatsache, daß in dieser Phase keine Projektmittel zur Verfügung standen, entwickelte das
Projektteam eine äußerst pragmatische Arbeitsweise, die bis heute beibehalten wurde.
Lediglich die an der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt a.M. (StUB) vorhandenen
Ressourcen, ein alter PC 386, die Textverarbeitung MS-Word 6.0 und das Bibliotheksprogramm
LARS 5.5 sowie Privatrechner mit ähnlicher Ausstattung und dem Datenbanksystem DBase
konnten genutzt werden.
Als erster Arbeitsschritt wurden die
Daten der Erstaufnahme in LARS übertragen, fehlende Kästen ergänzt und eine
ausführliche Analyse, formal und inhaltlich, durchgeführt. Die Analyse des Bildbestandes
ergab, daß diese historische Bildsammlung eine Mischung von geschlossenen Serien,
Fotoalben und Sammlungen von Einzelfotos sowie willkürlich zusammengestellten Motiven in
Sammelbehältern ist. Erschwerend kommt hinzu, daß die Serien öfters neu angeordnet
worden waren und entsprechend mehrfach umcodiert sind.
In einem Fotoalbum, einer Bildserie oder Fotosammlung ist jedes einzelne Bild als
eigenständiges Werk zu betrachten. Gleichzeitig ist aber auch die Zusammenstellung eines
Albums, einer Serie oder einer speziellen Sammlung durch den Akt der Zusammenstellung ein
eigenständiges, erhaltenswertes Werk. Die Fotos dürfen also nicht aus ihrem
Sammlungszusammenhang gerissen und für eine neue Gliederung oder Klassifikation neu
zusammengestellt werden. Um redundante Verzettelung in einem Fotokatalog zu vermeiden,
wurde mit LARS 5.5 eine Bilddatenbank aufgebaut, über deren genaue Spezifikation bereits
berichtet worden ist.
Auf Grund der Vorarbeiten
beantragte die Direktion der StUB bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft ein
Pilotprojekt zur Massenverfilmung von Halbtonmaterialien. Diese bewilligte die Mittel für
die Kleinbildverfilmung einer ausreichend großen Testmenge von Bildmaterial, jedoch ohne
Mittel für die Restaurierung beschädigter Bilder, die digitale Sicherung und die
wissenschaftliche Erschließung.
Grundlage für die Verfilmung sollten die "DIN-Vorschriften für die
Kleinbildverfilmung von Strichvorlagen" sein, die bei der Literaturverfilmung zur
Anwendung kommen, sich aber nicht ohne weiteres auf Halbtonverfilmung übertragen ließen.
Die Verfilmung erfolgt auf 30- oder 60-m-Rollfilm mit Vor- und Nachspann. Von dem
"Masterfilm" wird eine Kopie für die weitere Verarbeitung gezogen. Der
Masterfilm selbst wird unter den bestmöglichen Bedingungen eingelagert und sollte nie
wieder verwendet werden.
Schon das Kopieren des Masters führt zu einem Verlust von Bildinfomation, die
Aufbewahrungsform Rollfilm fördert die Zerstörung des Bildinhaltes, da das Zerkratzen
der Emulsion durch das Vor- und Zurückspulen das Bild für eine Veröffentlichung
unbrauchbar macht.
Daß mit jeder
Sicherheitsverfilmung großformatiger Vorlagen auf Kleinbildfilm ein Informationsverlust
einhergeht und daß es auch andere Methoden zur Sicherung und Wiederherstellung von
Bildinformationen gibt, hat Peter Steigerwald im RUNDBRIEF FOTOGRAFIE N.F.7 und 8
ausführlich dargelegt. Auch die StUB hätte ihre Bildsammlung gerne auf diese Art und
Weise restauriert und gesichert. Doch die Kosten von 300,– DM und mehr pro Bild
machen dies unmöglich.
Trotzdem müssen in der Zukunft solche Maßnahmen ergriffen werden, um Teile der Originale
vor der Zerstörung zu retten. Aus diesem Grund wurde ein Konzept erarbeitet, das es
ermöglicht, in der Zukunft die Bildsammlung multivalent (siehe Abb. 1) zu nutzen und je
nach Anforderung des Nutzers die technische und inhaltliche Qualität zu gewährleisten.
In diesem Konzept ist der Nutzer König. Er erhält jede Form der Bildaufbereitung, die er
bezahlt. Ausgehend vom Original kann er entweder die Ergebnisse der Kleinbildverfilmung
oder die Ergebnisse einer Einzelbildbearbeitung erhalten, nachdem er die eventuell nötige
Restaurierung und Kontaktverfilmung bezahlt hat.
Für die Weitergabe an Kunden müssen zwischen analogen Bildträgern –
Kleinbildabzüge und Mikrofiches – sowie digitalen Bildträgern und deren analogen
Präsentationsformen – Laserausdruck, Thermosublimationsdruck und gerasterte
Ausbelichtung – unterschieden werden.
Kleinbildabzüge sind die einfachste und gängigste Methode der Bildvervielfältigung und heute durch jedes Fotolabor zu realisieren. Da für solche Abzüge nur eine Kopie vom Verfilmungsmaster vorliegt, ist trotz der Möglichkeit der Bildoptimierung durch geschultes Fachpersonal mit Qualitätsverlusten zu rechnen. Eine Weiterverarbeitung für Veröffentlichungen ist problemlos möglich.
Microfiches sind heute in Bibliotheken und Archiven ein gängiges Medium zur Informationssicherung. Mit den überall vorhandenen Lesegeräten, z.T. mit Drucker, kann eine Sichtung zur Bildrecherche jederzeit durchgeführt werden. Die Qualität für eine Veröffentlichung ist allerdings nicht gegeben.
Die Photo CD bietet eine kostengünstige Möglichkeit, Kleinbildmaterial in eine digitale Form zu überführen. Grundlage für die Digitalisierung auf die Photo CD sollte der Masterfilm sein, da sich die Informationsverluste auf der Kopie nach dem Master in den digitalen Bildbestand übertragen. Auf der Photo CD werden die Bildinformationen mit 2400 dpi gescannt und mit fünf unterschiedlichen Auflösungen abgespeichert. Daraus resultieren entsprechende Bilddateigrößen für die Weiterverarbeitung (Tab. 1) mittels einer Bildbearbeitungssoftware.
Tab.1: Auflösungen und
Bilddateigrößen auf einer Kodak Photo CD.
Zeilen
x Spalten
Auflösung
Bilddateigrößen
Kontrollbild
128 x 192
25
73 KB
Niedrige Auflösung
256 x 384
50
289 KB
Mittlere Auflösung
512 x 768
100
1.100 KB
Hohe Auflösung
1.024 x 1.536
200
4.500 KB
Alle Details
2.048 x 3.072
400
18.000 KB
Diese unterschiedlichen Auflösungen ermöglichen ein zielgerichtetes, zeitsparendes Arbeiten mit der Bilddatei. Der Nutzer wählt die richtige Auflösung für den richtigen Zweck:
Kontrollbild für die Suche und Auswahl von Bildern.
Niedrige und mittlere Auflösung für Laserausdrucke.
Hohe und höchste Auflösung für Thermosublimationsdruck und Ausbelichtung. Unschärfen durch zu große Pixel treten erst bei fotoähnlichen Ausgaben im Format über DIN A4 auf.
Die einfachste Art der
Bildausgabe von der Photo CD sind Ausdrucke mit Laserdruckern mit 300 oder 600 dpi. Hier
kann man eine gute Grauwertabstufung erhalten, wenn man den Tonwertzuwachs, der durch
Toner und Rauhigkeit des Papiers entsteht, durch die Bildbearbeitungssoftware eliminiert.
Mit diesem Verfahren können relativ preiswert und schnell Ausdrucke für
wissenschaftliche Arbeiten und Übersichten zu bestimmten Themengruppen hergestellt
werden.
Hochwertige fotoähnliche Ausdrucke erhält man mittels des Thermosublimationsverfahrens.
Diese Bilder sind prinzipiell reprofähig, einzelne Punkte sind nicht erkennbar. Die
Druckerauflösung beträgt zwar nur 300 dpi, jedoch werden bei diesem Verfahren echte
Halbtöne – mit 24 Bit Farbtiefe und je 256 Halbtonwerten – auf das
Spezialpapier übertragen. Durch das Erzeugen der Farbe Schwarz mittels
Spezialpapier übertragen. Durch das Erzeugen der Farbe Schwarz mittels
Übereinanderdrucken von drei Farben sind Schwarzweißdrucke etwas farbstichig.
Die bei einer Auflösung des Thermosublimationsdruckers von 300 dpi erhältlichen
fotorealistischen Ausdrucke können je nach Auflösung des digitalen Bildes zwischen
Fingernagelgröße und fast DIN A4 variieren (Tab. 2).
Tab.2: Auflösungen und Bilddateigrößen auf einer Kodak Photo CD bei 300 dpi Thermosublimationsdruck.
Zeilen
x Spalten |
Auflösung
in dpi |
Bilddateigrößen in cm |
|
Kontrollbild | 128x192 | 25 | 1,1 x 1,6 |
Niedrige Auflösung | 256x384 | 50 | 2,2 x 3,3 |
Mittlere Auflösung | 512x768 | 100 | 4,3 x 6,4 |
Hohe Auflösung | 1.024x1.536 | 200 | 8,6 x 12,9 |
Alle Details | 2.048x3.072 | 400 | 17,3 x 26,0 |
Für die professionelle Bildgestaltung bei hochwertigen Veröffentlichungen bieten digitale Bilddateien die Möglichkeit der Bildretusche, um die am häufigsten auftretenden Mängel zu beheben: Entfernen von Dreckpunkten, Randbeschneidungen um Silberausblühungen auszublenden, Tonwertkorrekturen, Schärfen von schlechten Bildpartien u.a. mehr. Ein solches verbessertes Bild ist natürlich nicht mehr authentisch, und die Bearbeitungsmaßnahmen sollten in der Bildunterschrift erwähnt werden.
Die Bildgröße bei Veröffentlichung durch Ausbelichtung und Druck hängt im wesentlichen von der Papierqualität und der verfügbaren Auflösung ab (Tab. 3).
Tab.3: Bildformate in Abhängigkeit von Papierqualität bei 400 dpi Dateiauflösung.
Reproduktions- qualität |
Empfohlene Auflösung |
Rasterweite | Bildformat in cm |
Zeitungspapier | 85 dpi | 25 | 30,5 x 45,9 |
Magazin | 133 dpi | 50 | 26,0 x 39,0 |
Magazin | 150 dpi | 100 | 23,0 x 34,5 |
Kunstdruckpapier | 175 dpi | 200 | 19,7 x 29,7 |
Digitale Präsentation
Die Vernetzung von
Rechnersystemen weltweit im Internet ermöglicht über sogenannte WWW-Server die
Veröffentlichung von Bild- und Sachdaten. Bei entsprechender Programmierung kann über
eine SQL-Abfrage-Maske gezielt nach Bildern gesucht werden.
Für diese Anwendungen müssen Text und Bildinformation durch eine gut strukturierte
Datenbank miteinander verknüpft werden. Die Bilder müssen auf einem Computerbildschirm
(72 dpi) gut lesbar aber von der Auflösung her für eine Druckausgabe unzureichend sein,
um die Kopie zur kommerziellen Nutzung zu verhindern. Gleichzeitig muß die einzelne
Bilddatei aus einer ausreichend kleinen Datenmenge bestehen, um die Übertragungszeiten im
Netz so gering wie möglich zu halten. Als Lösung bietet sich z.B. eine Komprimierung
nach dem JPEG-Verfahren an. Hiermit kann die Datenmenge einer 289 KB-Bilddatei mit 50 dpi
Auflösung auf 96 KB im Speicher und 8 bis 12 KB auf dem Speichermedium reduziert werden.
Bei dieser Art der Komprimierung kommt es zu mehr oder weniger starken Bildverlusten. Da
diese Bilder aber nur zur Recherche verwendet werden, ist die Qualität ausreichend. Eine
Laserdruckerausgabe für wissenschaftliche Arbeiten zeigt ausreichend gute Ergebnisse,
eine qualitativ hochwertige Ausbelichtung ist nicht möglich.
Die Umsetzung der digitalen Bilddaten einer Photo CD in ein JPEG-Format mittels einer
Bildbearbeitungssoftware kann so automatisiert werden, daß nicht jedes Bild in einem
separaten Arbeitsgang umgesetzt werden muß. Erste Versuche, diesen Arbeitsgang zu
automatisieren, wurden mit der Macro-Sprache des Picture-Publisher 5.0 von Micrografix
durchgeführt. Auf einem Standard-Pentium 133 dauerte das Einlesen von 100 Bildern einer
Photo CD, das Komprimieren ins JPEG-Format sowie das Rückschreiben auf eine Festplatte
ca. 2:30 Minuten. Das Umsetzen der gesamten Kolonialen Bildsammlung mit 55.000 Objekten
kann in etwa 5 Arbeitstagen durchgeführt werden.
Digitale Archivierung
Das Digitalisieren von Bildinformationen setzt gleichzeitig die Archivierung der digitalen Daten voraus. Während bei analoger Bildarchivierung bei entsprechender Verpackung und Klimatisierung das Fotomaterial über 100 Jahre sicher erhalten und reproduziert werden kann, liegen die Aufbewahrungszeiten für digitales Bildmaterial zwischen 10 und 30 Jahren. Das Problem der physischen Lebensdauer schränkt die Vorteile der verlustfreien Kopie von Informationen und der schnellen Zugriffe auf die Information über ein EDV-System ein. Der schnelle technologische Wandel bei den Aufzeichnungs- und Abspielgeräten führt zu einem schnellen Veralten von Hard- und Software, so daß ein regelmäßiges Beobachten der Marktentwicklung und eine eventuelle Umstellung der Speicher- und Abspielsysteme notwendig ist. Die Erhaltung der digitalen Information erfordert zur Zeit regelmäßiges Kopieren des digitalen Datenbestandes auf neuere Techniken und neue Datenträger (vgl. auch RUNDBRIEF FOTOGRAFIE N.F. 11, S. 5*-8*).