Das Zusammenspiel von experimentellen mit quantenchemischen Methoden ermoeglicht eine detaillierte Untersuchung der ablaufenden Mechanismen einer chemischen Reaktion auf molekularer Ebene. Insbesondere f?r quantenchemische Rechnungen zu molekularen Uebergangsmetall-Verbindungen haben sich die Methoden der Dichtefunktionaltheorie (DFT) als aeusserst leistungsfaehiges Forschungswerkzeug herausgestellt. Im Rahmen der DFT fehlt es allerdings prinzipiell an der Moeglichkeit zur systematischen Verbesserung der erzielten Ergebnisse und DFT-Rechnungen zeigen eine hohe Abhaengigkeit von der Natur der untersuchten molekularen Verbindungsklasse. Daher muss vor jeder mechanistischen Untersuchung ein jeweils optimaler DFT-Ansatz durch Vergleich mit hochgenauen Referenzrechnungen oder mit experimentellen Referenzdaten fuer relevante Vergleichssysteme identifiziert und gegebenenfalls kalibriert werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden quantenchemische Rechnungen zur Reaktivitaet von Uebergangsmetall-Verbindungen anhand von fuenf Forschungsprojekten vorgestellt. Im ersten Kapitel werden die Ergebnisse fuer die Aktivierung kleiner Molekuele (Alkohole, Sauerstoff und Stickstoff) durch bifunktionelle Uebergangsmetall-Pincer-Komplexe dargestellt. Das zweite Kapitel befasst sich mit der bioanorganischen Chemie von dinuklearen Kupfer-Sauerstoff-Komplexen. Die Auswahl einer geeigneten DFT-Methodik erfolgte in allen Faellen durch den Vergleich zu experimentellen Referenzdaten. In Kooperation mit der Arbeitsgruppe Schneider wurden Eisen-Komplexe fuer die katalytische (De)hydrogenierung von Alkoholen entwickelt, eine wichtige Reaktion zur Funktionalisierung von Alkoholen zu Carbonylverbindungen. Durch DFT-Rechnungen konnte der ablaufende Katalysezyklus der (De)hydrogenierung des Modell-Substrats Methanol aufgeklaert und der geschwindigkeitsbestimmende Schritt identifiziert werden. Ebenfalls in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Schneider wurde die selektive Reduktion von Sauerstoff zu Wasser, vermittelt durch einen dihydridischen Iridium-Komplex, untersucht. Da durch die beiden Hydrid-Liganden insgesamt vier Elektronen fuer die Reduktion von Sauerstoff zu Wasser bereitgestellt werden, sollte prinzipiell ein monomolekularer Reaktionsverlauf moeglich sein. Detaillierte DFT-Rechnungen in Kombination mit experimentellen Kinetikmessungen ergeben starke Hinweise auf einen derartigen Reaktionspfad mit geschwindigkeitsbestimmender Sauerstoff-Aktivierung. Zuletzt wird ein weiteres Kooperationsprojekt mit derselben Arbeitsgruppe vorgestellt. Die protoneninduzierte uebergangsmetallvermittelte Spaltung von Stickstoff in zwei Metall-Nitrid-Komplexe stellt ein neuartiges synthetisches Konzept dar. Durch die Protonierung eines dinuklearen Molybdaen-Stickstoff-Komplexes erfolgt die Spaltung in die entsprechenden Mo-Nitrid-Komplexe. Der Grund fuer die ungewoehnliche Aenderung der Spin-Multiplizitaet bei der Protonierung der Molybdaen-Komplexe konnte durch detaillierte quantenchemische Analysen identifiziert werden. Im zweiten Kapitel werden Untersuchungen zur bioanorganischen Chemie von dinuklearen Kupfer-Sauerstoff-Komplexen vorgestellt. In der Natur werden viele (bio)chemisch relevante Prozesse durch uebergangsmetallhaltige Enzyme unter moderaten Reaktionsbedingungen vermittelt. Kupferhaltige Enzyme sind unter Anderem fuer die hochselektive Oxidation organischer Substrate zustaendig. Der Ansatz der Bioanorganik befasst sich mit der Uebertragung der enzymatischen Struktur und/oder Funktion auf synthetische Modell-Verbindungen. Da die akkurate Beschreibung der Energien von dinuklearen Kupfer-Sauerstoff-Komplexen hoechste Anforderungen an die angewandten quantenchemischen Methoden stellt, wurde eine geeignete DFT-Methode in aufwaendigen Voruntersuchungen durch den Vergleich mit experimentellen Ergebnissen identifiziert. Mit Hilfe des so kalibrierten BLYP-D3-Ansatzes wurde in Kooperation mit der Arbeitsgruppe Meyer ein neuartiges Konzept fuer die baseninduzierte Isomerisierung des reaktiven Kerns etabliert. In einer weiteren Arbeit wurde die regio- und stereoselektive Hydroxylierung von nicht-aktivierten aliphatischen C-H-Bindungen in Steroid-Substraten mit Hilfe von mechanistischen DFT-Rechnungen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die stereochemische Anordnung des Liganden um den reaktiven Kupfer-Sauerstoff-Kern die Selektivitaet der Hydroxylierung bestimmt.