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Die Energieaußenpolitik der EU gegenüber Russland im Kontext globaler Energiemärkte

The energy policy of the European Union towards Russia in the context of global energy markets

  • Die Arbeit untersucht die Energieaußenpolitik der Europäischen Union gegenüber Russland. Dabei wird den Fragen nachgegangen, welchen externen Anforderungen sich die EU gegenüber sieht und mit welchen institutionellen Maßnahmen darauf reagiert sind und wodurch diese Reaktionen bestimmt werden. Dabei wird ein akteurzentriertes Forschungsmodell entwickelt, dass sowohl die Entwicklung auf dem russländischen Energiesektor und auf globalen Energiemärkten als Strukturvariable einbezieht, als auch in Bezug auf die Energiepolitik der EU die nationalstaatliche Ebene betrachtet. In Bezug auf den strukturellen Kontext der Energiepolitik wurde deutlich, dass zwischen Russland und der EU auf Grund der hohen Abhängigkeit der EU von Energierohstoffen ein asymmetrisches Interdependenzverhältnis existiert, das Russland strukturelle Machtressourcen zur Verfügung stellt. Dieses Interdependenzverhältnis ist zusätzlich durch fehlende Homologie und Entropie gekennzeichnet, wodurch die konflikthemmenden Funktionen von Interdependenz nur beschränkte Wirksamkeit entfalten. Diese Asymmetrie wird sich durch die wachsende Konkurrenz auf den globalen Energierohstoffmärkten und die Diversifikation der Exportländer durch Russland in Zukunft weiter verschieben, da Russland damit weitere Alternativen zu einer Zusammenarbeit mit der EU erhält. Innerhalb Russlands wurde besonders im Energiesektor eine Politisierung der Ökonomie ausgemacht, in der die strategisch orientierten staatlich-wirtschaftlichen Akteure das politische Potential ökonomischer Abhängigkeiten voll ausnutzen. Diese Politik wird sich auch in Zukunft verstetigen, da die Gruppe der Siloviki zusätzlich zu ihrer Verankerung im politischen System wichtige Positionen im rentenextrahierenden Wirtschaftssektor übernehmen konnte, durch die vielfältige persönliche Bereicherungsmöglichkeiten eröffnet werden. Es entsteht folglich eine neue Schicht aus in das politische System inkludierten Millionären mit Großmachtideologie, bei denen sich persönliche Bereicherungsabsichten mit politischer Ideologie verbinden. Die Energieaußenpolitik Russlands wird daher auch in Zukunft als strategisches Mittel für russländische Großmachtansprüche dienen. In Bezug auf die Energieaußenpolitik der EU wurde gezeigt, dass die EU in ihrer Energiepolitik erhebliche strukturelle Schwächen aufweist. So wurde deutlich, dass die energiepolitischen Strategien der Mitgliedstaaten und der EU deutliche Divergenzen aufweisen, bzw. die Mitgliedstaaten der Gemeinschaftspolitik zuwiderlaufende Ziele verfolgen. Dies ermöglicht zum einen den nationalen Energieunternehmen die Mobilisierung der Nationalstaaten für deren wirtschaftliche Anliegen, wodurch die Energiepolitik der EU außenpolitisch fragmentiert wird. Zum anderen besitzen externe Akteure wie z. B. Gazprom auf Grund der Fragmentierung vielfältige Optionen, um auf den Energiemarkt der EU vorzudringen und diesen zu monopolisieren, da auf Ebene der EU keine Kontrollmöglichkeiten existieren. Dies gefährdet die politische Autonomie der EU, da Gazprom und Transneft’ eng mit russländischen staatlichen Akteuren verbunden sind und neben wirtschaftlichen vor allem strategische Ziele des russländischen Staats verwirklichen. Darüber hinaus ist das in der Innen- und Außenpolitik vorherrschende marktliberale Paradigma der EU inkompatibel mit den generellen Entwicklungen auf den internationalen Energiemärkten, auf denen ein institutioneller Wandel hin zu einem strategischen Paradigma erfolgt. Dies zeigt sich auch im russländischen extraktiven Energiesektor, auf dem eine der EU entgegengesetzte Entwicklung stattfindet. Die Handlungen der untersuchten wirtschaftlichen Akteure in der EU können daher als eine Reaktion auf die Veränderungen im strukturellen Kontext gewertet werden, vor deren Hintergrund das Politikparadigma der EU als ineffektiv empfunden wird. Das marktliberale Paradigma ist dabei auf den in den 1990er Jahren erzielten Konsens zwischen Kommission und Mitgliedstaaten zurückzuführen, wurde jedoch von den Mitgliedstaaten nie voll unterstützt und verlor daher seine Effektivität weitgehend. Da die EU Kommission zudem kaum Handlungsressourcen zur politischen Flankierung strategischer Investitionsprojekte besitzt, dienen die nationalstaatlichen Akteure als primäre Anlaufstelle für Wirtschaftsakteure zur außenwirtschaftlichen Problemlösung. Dies führt zu einer weiteren Schwächung des marktliberalen Paradigmas der EU in der Außenpolitik. Das Beharren der EU-Kommission auf dem ineffektiven marktliberalen Paradigma bedeutet damit nicht, dass die Herausforderungen auf globaler Ebene von der Kommission ignoriert werden, sondern erfolgt auf Grund des institutionellen Defizits fehlender Handlungsressourcen und der inhaltlichen Bezüge des marktliberalen Paradigmas zu institutionellen Arrangements im internen Energiemarkt der EU.

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Metadaten
Author:Jonas Grätz
URN:urn:nbn:de:hebis:30-52776
Referee:Melanie Tatur, Maria Behrens
Document Type:magisterthesis
Language:German
Date of Publication (online):2008/02/14
Year of first Publication:2007
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Release Date:2008/02/14
GND Keyword:Russland; Europäische Union; Energiepolitik; Interdependenz; Akteurzentrierter Institutionalismus; Ressourcenpolitik; Außenwirtschaftspolitik
HeBIS-PPN:195271122
Institutes:Gesellschaftswissenschaften / Gesellschaftswissenschaften
Dewey Decimal Classification:3 Sozialwissenschaften / 32 Politikwissenschaft / 320 Politikwissenschaft
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht