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Kognitive und emotionale Entwicklung von Kindern mit pränataler Opiatexposition in Abhängigkeit der postnatalen Betreuungsbedingungen

  • Die vorliegende Studie hatte zum Ziel die kognitive und sozial-emotionale Entwicklung von Kindern substanzabhängiger Mütter zu untersuchen. Dies geschah unter Berücksichtigung verschiedener medizinischer und psychosozialer Einflussfaktoren und unter dem speziellen Aspekt unterschiedlicher Betreuungsbedingungen. Die hier untersuchte Stichprobe wurde aus einem retrospektiv erhobenen Datensatz von Ziegler (1998) rekrutiert. Dieser Ausgangsdatensatz umfasste alle Fälle von Neugeborenen, bei denen in den Jahren 1988 – 1995 in der Abteilung für Neonatologie des Universitätsklinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main, eine pränatale Opiatexposition, d.h. Heroin oder Methadon, festgestellt worden war. Zusätzlich war eine nach Alter der Mutter, Parität und sozioökonomischen Status parallelisierte Kontrollgruppe rekrutiert worden, die auch hinsichtlich der somatischen Risiken (Frühgeburtlichkeit, postnatale Komplikationen) zur Gruppe der pränatal opiatexponierten Kinder vergleichbar war. Von diesen insgesamt 151 Kindern (101 Opiat-, bzw. Experimentalgruppe, 50 Kontrollgruppe) konnte mit insgesamt 57 Kindern der Experimentalgruppe und 21 Kindern der Kontrollgruppe Kontakt aufgenommen werden, von 50 bzw. 18 Kindern sind vollständige Datensätze vorhanden. Unter dem Aspekt der unterschiedlichen Betreuungsbedingungen wurden diese Kinder in insgesamt vier Gruppen aufgeteilt: Die Gruppe EG1 (Eltern) umfasste alle Kinder mit pränataler Opiatexposition, die kontinuierlich bei mindestens einem leiblichen Elternteil lebten oder aktuell leben, die Gruppe EG2 (Fremdbetreuung zu einem frühen Zeitpunkt) umfasste alle Kinder mit pränataler Opiatexposition, die schon früh zu Pflege-/Adoptiveltern oder den Großeltern überstellt wurden, die Gruppe EG3 (Fremdbetreuung zu einem späten Zeitpunkt) beinhaltete alle Kinder mit pränataler Opiatexposition, die erst nach dem ersten Lebensjahr in eine Fremdbetreuung überstellt worden waren, bzw. mehrere Bezugspersonenwechsel erlebt hatten und die Gruppe KG1 (Kontrollgruppe Eltern) umfasste alle Kinder der Kontrollgruppe ohne pränatale Opiatexposition, die bei mindestens einem leiblichen Elternteil aufwachsen. Diese vier Gruppen wurden hinsichtlich der Kriterien Intelligenz (Hamburg-Wechsler-Intelligenz-Test HAWIK-III) und der sozial-emotionalen Entwicklung (Child Behavior Checklist CBCL) und psychosozialem Funktionsniveau (Global Assessment FunctioningScale GAF) miteinander verglichen. Relevante Einflussfaktoren wurden dabei kontrolliert. Als Ergebnisse dieser Gruppenvergleiche kann festgehalten werden: Im HAWIK-III erzielen die Gruppen EG1 und EG3 im Handlungs-IQ und in zwei Subskalen des Handlungsteils, nämlich Figurenlegen und Zahlen-Symbol-Test, signifikant schlechtere Ergebnisse als die KG1. Bei der EG2 besteht ein Trend hinsichtlich eines signifikant schlechteren Abschneidens gegenüber der KG1 in den beiden Subskalen. Vor allem die Ergebnisse des Handlungs-IQ sind in den Gruppen EG1, EG2 und EG3 um durchschnittlich eine Standardabweichung niedriger als es der Norm entspricht. In der CBCL sind die Gruppen EG1 und EG3 am stärksten belastet, in vielen der Skalen sind die Unterschiede zur Gruppe KG1 und teilweise auch zur EG2 signifikant. In fast allen Skalen ist die psychopathologische Auffälligkeit von EG2 und KG1 vergleichbar, eine Ausnahme bilden dabei aber die Skalen Aufmerksamkeitsproblematik und Aggressives Verhalten, in denen die EG2 auch auffälligere Werte als die KG1 zeigt. Im GAF besteht ein Trend hinsichtlich eines signifikant schlechteren psychosozialen Funktionsniveaus der EG3 gegenüber allen anderen Gruppen.Insgesamt können die Ergebnisse im Sinne des transaktionalen Modells interpretiert werden, wonach die pränatale Drogenexposition als ein Risikofaktor innerhalb der Entwicklung gesehen wird, der durch andere Risiko- und Schutzfaktoren beeinflussbar ist. Die Unterschiede in den Gruppen sind durch nachfolgende Umwelteinflüsse maßgeblich determiniert und in der EG1 und EG3, in denen das höchste psychosoziale Risiko besteht, finden sich auch die größten Entwicklungsbeeinträchtigungen. Durch fördernde Umweltbedingungen wie in der EG2 ist die Entwicklung hingegen mit der KG1 vergleichbar. Speziell für die Entwicklung von Aufmerksamkeitsproblemen und aggressivem Verhalten, bzw. bei Anforderungen manuell-visueller Handlungskompetenz, finden sich Hinweise auf eine erhöhte Vulnerabilität bei Kindern mit pränataler Opiatexposition, die auch durch fördernde Umweltbedingungen nicht vollständig kompensiert werden kann. Ob diese spezifische Vulnerabilität in Auswirkungen der Opiate an sich oder in genetischen Einflüssen begründet ist, lässt sich allerdings nicht beantworten. Diese Studie zeichnet ein umfassendes Bild über die Situation von Kindern opiatabhängiger Mütter, einerseits hinsichtlich der Betreuungssituation, andererseits hinsichtlich der kognitiven und sozial-emotionalen Entwicklung. Viele Fragen bleiben aber offen und einefollow-up Untersuchung dieses Kollektivs könnte Erkenntnisse über die Interaktion der relevanten Einflussfaktoren auf die kindliche Entwicklung bringen. Ein Fokus sollte hierbei vor allem auf der Aufmerksamkeit, aggressivem und impulsivem Verhalten sowie auf einer potentiellen Suchtentwicklung der Kinder und Jugendlichen selbst liegen.
  • The objective of this study is to assess the cognitive and social-emotional development of children born to opiate-addicted mothers. Different medical and psychosocial confounding variables are considered, especially the aspect of the postnatal care giving environment. The children in the present study are part of a retrospective sample survey of Ziegler (1998). This initial sample contained all cases of newborn children in the University of Frankfurt, Germany, with prenatal opiate-exposure, which could be Heroine or Methadone. Also a control group was recruited, whose participants were comparable on maternal age, parity and socioeconomical status. Of these initially 150 children (101 children with opiate-exposure, 50 children in the control group) 57 of the opiate-exposed (experimental group) and 21 of the control group could be contacted. A full set of data exists for 50 respectively 18 children of these two groups. Focusing on the importance of the postnatal care giving environment the children were divided into four groups: Group EG1 (parents) contained all children with prenatal opiateexposure who continuously lived or still live with at least one biological parent. Group EG2 (early non-parental care) comprises all children with prenatal opiate-exposure who became cared for by foster parents, adoptive parents or grandparents at a very early point of time in their life. Group EG3 (late non-parental care) comprises all children with prenatal opiateexposure who were transferred into non-parental care after their first birthday or who experienced several changes of their primary caregiver. The fourth group (KG1, control group) contained all children without prenatal opiate exposure who continuously grew up with at least one biological parent. The children of those four groups were assessed on cognitive functioning (HAWIK-III), social-emotional development (Child Behavior Checklist, CBCL) and level of psychosocial functioning (Global Assessment Scale, GAF). Relevant confounding variables were controlled. On the HAWIK-III Performance-IQ and two subscales of the Performance Scale, Coding and Object Assembly, children of group EG1 and EG3 scored significantly lower than group KG1. EG2 showed a trend toward lower results in the two subscales than group KG1. In the groups EG1, EG2 and EG3 scores of the performance-IQ are on average one standard deviation below the normative standards. On the CBCL groups EG1 and EG3 showed higherscores on the psychopathology scales than the groups KG1 and EG2, with reaching significance in many of the subscales. In almost all subscales KG1 and EG2 did not differ, except Attention Problems and Aggressive Behaviours, in which children of EG2 were more likely to score in the clinically significant range. On the GAF group EG3 showed a trend toward a significant lower level of psychosocial functioning than the three other groups. The presented results are in line with a transactional risk model, in which prenatal drugexposure is seen as one risk factor within child development, which is influenced by other risk as well as protective mechanisms. Group differences are determined through subsequent environmental influences. Therefore children of groups EG1 and EG3, who experienced the highest psychosocial stress, also showed the most developmental deficits. Through optimization of postnatal conditions as in group EG2 development was comparable to group KG1. Especially for the risk of developing attention problems, aggressive behaviour and difficulties in perceptual-motor performance, there seems to be a higher vulnerability for children with prenatal drug-exposure, that can not be fully compensated for by an optimized care-giving environment. The results of the presented study add important detail about thesituation of children of opiate abusing mothers, about care-giving conditions and cognitive and social-emotional development. Still many questions remain open and a follow-up study could help to better understand the interaction of potential risk and protective/promotive factors on child development. Future research should especially emphasize on attention problems, aggressive behaviour and impulsivity as well as on a potential development of substance abuse of the children themselves.

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Metadaten
Author:Silke Schiemann
URN:urn:nbn:de:hebis:30-46991
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Fritz PoustkaGND, K. Bauer
Advisor:Fritz Poustka
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2008/04/18
Year of first Publication:2006
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2007/04/26
Release Date:2008/04/18
Page Number:129
First Page:1
Last Page:126
HeBIS-PPN:197922414
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht