Der Diebstahl der Flöte : eine Krishna-Lila als Gegenstand diakritischer Theologie

  • Die von Martin Luther ausgelöste und profilierte Geistesrevolution des 16. Jahrhunderts hat der Theologie einen neuen Gegenstand und eine neue Aufgabe erschlossen, die bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren haben. Danach ist nicht Gott Gegenstand dieser Theologie, sondern Gesetz und Evangelium; und ihre Aufgabe besteht nicht im Entwurf von Gottesbildern, sondern im discrimen inter legem et evangelium, in der Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. - In dieser theologischen Selbstbestimmung, die wegen ihrer einzigartigen Aufgabe dia-kritische, d.h. unterscheidende Theologie genannt werden soll, wird die geistige Erfahrung der abendländisch-christlichen Idee von Jesus Christus oder vom Filius Dei im Horizont neu aufkommenden Bewußtseins auf den protestantischen Begriff gebracht. - Martin Luther hat mit der ihm eigenen Radikalität und Klarheit seine religiöse Erfahrung, die ihn zum diakritischen Theologen werden ließ, prägnant und programmatisch formuliert: "Zuuor mangelt mir nichts, denn das ich kein discrimen inter legem et euangelium machet, hielt es alles vor eines et dicebam Christum a Mose non differre nisi tempore et perfectione. Aber do ich das discri-men fande, quod aliud esset lex, aliud euangelium, da riß ich her durch."[1] Das Gewaltige dieses Herdurchrisses liegt in der Erkenntnis, daß Gesetz und Evangelium sich radikal von einander unterscheiden: "Ein jglicher Gottseliger und der ein rechter Christ sein will, soll wol lernen, daß das Gesetz und Euangelium zwei ganz widerwärtige Ding sind, die sich mit oder neben einander nicht leiden noch vertragen können."[2] Daß die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium die der Theologie eigentümliche Kunst ist, die sie überhaupt erst zu einer solchen werden läßt, daran läßt Martin Luther ebenfalls keinen Zweifel: "Darum sage ich, daß man das Gesetz und Euangelium lerne recht und eigentlich unterscheiden; denn wer das kann, der danke unserem Herrn Gott, und mag für ein Theologen wol bestehen."[3] ...

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Metadaten
Author:Edmund WeberGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30-49277
URL:http://web.uni-frankfurt.de/irenik/religionskultur.htm
Parent Title (German):Journal of religious culture = Journal für Religionskultur
Series (Serial Number):Journal of religious culture = Journal für Religionskultur (22)
Publisher:Univ.
Place of publication:Frankfurt am Main
Document Type:Part of Periodical
Language:German
Year of Completion:1998
Year of first Publication:1998
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Release Date:2007/10/26
Issue:22
Note:
Verb. Fassung meines Artikels 'Der Diebstahl der Flöte', in: Indien in Deutschland. Darmstädter Beiträge zum Diskurs über indische Religion, Kultur und Gesellschaft. Hrsg. von Edmund Weber in Zusammenarbeit mit Roger Töpelmann, Frankfurt am Main 1990
HeBIS-PPN:191784214
Institutes:Angeschlossene und kooperierende Institutionen / Institut für Wissenschaftliche Irenik
Dewey Decimal Classification:2 Religion / 29 Andere Religionen / 290 Andere Religionen
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht