Nebenwirkungen der forcierten Gaumennahterweiterung

  • Nach dem Auftreten unerwarteter Nebenwirkungen bei einer Gaumennahterweiterung (GNE) wurde mit Hilfe einer Umfrage bei allen hessischen Kieferorthopäden und Polikliniken ein möglichst breiter Überblick über auftretende Komplikationen und Nebenwirkungen angestrebt und diese quantitativ erfasst. Von den beobachteten Nebenwirkungen wurde das Phänomen der Kippung von Ankerzähnen näher betrachtet. Ihr Ausmaß wurde anhand von retrospektiv untersuchten Patientenfällen bestimmt, wobei drei verschiedene Verfahren zur Kippungsbestimmung auf ihre Durchführbarkeit und Genauigkeit hin überprüft wurden. Im Rahmen der Umfrageergebnisse zeigte sich, dass in Hessen sehr unterschiedliche Behandlungsprotokolle und Apparaturtypen zum Einsatz kommen. Unter den 95 die GNE anwendenden Kieferorthopäden wird meist eine konventionelle GNE, das heißt ohne chirurgische Unterstützung, durchgeführt. In dem der Umfrage vorangegangenen Jahr waren dies ca. 1420 Anwendungen. Die Altersgrenze, ab welcher die chirurgischen GNE empfohlen werden, schwankt zwischen dem 10. und 60. Lebensjahr. Die in Hessen am häufigsten verwendete Apparatur ist mit 61 Anwendern die an Ankerbänder gelötete Hyrax-Apparatur. Die alternative Verwendung verschiedener Geräte ist nach Angaben vieler Kollegen vom Zahnstatus bzw. Alter des Patienten abhängig. So ist die in 19 Fällen alternativ eingesetzte okklusal geklebte Apparatur die am zweithäufigsten verwendete. Gelaserte oder gegossene Apparaturen werden nur von wenigen Anwendern eingesetzt. Der Aktivierungsrhythmus wurde zwischen einmal und sechsmal täglich oder auch alternierend angegeben. Daraus ergaben sich je nach transversalem Erweiterungsbedarf aktive Behandlungszeiten von einer bis zu zwölf Wochen und eine durchschnittliche Oberkiefererweiterung von acht Millimetern. Zwischen dem Aktivierungsrhythmus und der Behandlungsdauer bestand nur eine leichte Korrelation. Die meisten Kollegen gaben an, zwischen acht und zwölf Wochen zu retinieren, wobei die Spanne zwischen keiner Retention und mehr als einem halben Jahr lag. Die vorliegende Umfrage und Untersuchung zeigt, dass verschiedene Komplikationen oder Nebenwirkungen bei dieser Behandlungsmethode auftreten können. Technische Komplikationen beziehen sich auf Komplikationen mit der Apparatur wie Lockerungen oder Brüche der Apparatur, Defekte der Schraube und auf Aktivierungsprobleme. Sie können meist kurzfristig behoben werden und begründen bei adäquater Handhabung keine Einschränkung dieser Behandlungsmethode. Einige medizinische Nebenwirkungen, wie die Diastemabildung und eine vorübergehende Bissöffnung, sind zu erwarten, stellen aber kein Problem dar und wurden daher nicht als Komplikation gewertet. Andere medizinische Nebenwirkungen, wie Druckstellen, Gingivitis, extreme Kippungen oder Nasenveränderungen, treten nur selten auf und sind meist reversibel. Lediglich Karies und Wurzelresorptionen können die Zahnhartsubstanz dauerhaft in Mitleidenschaft ziehen, bleiben aber laut Literatur meist auf ein klinisch nicht relevantes Maß begrenzt. Nur ein einziger Fall ist uns bekannt, bei dem unter einer lange gelockerten geklebten GNE-Apparatur alle Zähne von Karies zerstört wurden. Die von 19% der Anwender beobachtete nicht geöffnete Gaumennaht ist für starke Schmerzen während der Aktivierungszeit und wahrscheinlich auch für die von einem Kieferorthopäden angegebenen Fenestrationen verantwortlich zu machen. Die ursprünglich beobachteten extraoralen Veränderungen zweier Patientinnen mit verbreiterten Nasen, Nasenhöckern, leichten Schwellungen der Nasenwurzel und einem kleinen Hämatom wurden insgesamt von 18% der Befragten angegeben. Nasenbluten wurde einmal und andere Asymmetrien des Gesichts wurden zweimal angegeben. Diese den Patienten möglicherweise beunruhigenden Veränderungen waren in allen beobachteten Fällen reversibel und konnten anhand der Literaturstudie auf die skelettale Wirkung der GNE an der Nasenwurzel und dem Mittelgesicht zurückgeführt werden. Genauere quantitative Einschätzungen waren aufgrund des Datenumfangs und wegen Mehrfachnennungen nicht möglich. Dennoch zeigen diese Ergebnisse, dass bei der GNE durchaus mit vorübergehenden extraoralen Veränderungen gerechnet werden muss. Die Kippung von Ankerzähnen wurde in der Umfrage von 18% der Anwender als Nebenwirkung angegeben. Sie steht nach den Ergebnissen der vorliegenden retrospektiven Untersuchung von Archivmaterial nicht im Zusammenhang mit der Dauer der Behandlung oder der Größe der transversalen Dehnung. Lediglich mit dem Alter der 23 nachuntersuchten Patienten ließ sich ein minimaler Zusammenhang der Kippungen zwischen - 2 und 17 Grad erkennen. Da bei drei Behandlungsfällen Kippungen von 10 Grad oder deutlich mehr bestimmt wurden, sollte eine praktikable Methode zur Kippungsbestimmung aufgezeigt werden. Es wurden drei Methoden vorgestellt und auf Übereinstimmungen überprüft. Die Kippungseinschätzung nach Augenschein stellt eine akzeptable Methode für einen erfahrenen Behandler dar. Genauere Ergebnisse, die eine quantitative Einschätzung ermöglichen, sind nur durch eine instrumentelle Vermessung der Kippungswinkel möglich. Eine dritte Methode, von gemessenen Streckendifferenzen über eine mittlere Zahnhöhe auf die Kippungen zu schließen, ist wegen einer erheblichen Ungenauigkeit in der Winkelbestimmung nicht empfehlenswert. Trotz der beschriebenen Komplikationen bleiben die Vorteile der Gaumennahterweiterung offensichtlich und sie gilt zu Recht als effektives und zuverlässiges Behandlungsmittel. Ihrem Einsatz sollte jedoch eine fundierte Indikationsstellung und umfassende Aufklärung vorausgehen.
  • A survey including all orthodontists of the state of Hesse was generated to get a general idea about the possible types and frequency of hazards and side effects using Rapid Maxillary Expansion (RME). Two orthodontists had observed unexpected side effects with this treatment method. Within these side effects the lateral tipping of the anchor teeth was observed more closely. The degree of tilting was ascertained through retrospectively examining cases of RME-treated patients. Three different measuring methods to detect tipping of anchor teeth were tested with regard to their handling and accuracy. The survey showed that the orthodontists of Hesse had used a great variety of appliances and treatment journals. Within 95 orthodontists using RME, most often the conventional RME, i.e. without surgical intervention, was carried out. During the year corresponding to the survey 1420 RME were applied in Hesse. The patient’s age at which the orthodontists recommend surgical intervention ranged from 10 to 60 years. With 61 users, the Hyrax-screw soldered to four anchor-bands is the most frequently used appliance. Alternatively, some colleagues used different appliance-types, depending on the patient’s age or dental status. Hence, 19 users preferred the occlusally bonded acrylic appliance generally or at times. Herewith it is the second most frequently used. Welded or casted appliances are preferred by only few orthodontists. The frequence of activation varied between once to six times a day. Few prescribed a diversified rhythm of activation. Depending on the transversal need of expansion, this resulted in a length of activation from one to twelve weeks and an upper jaw expansion of eight millimetres on average. We found a minor correlation between the frequency of activation and the duration of treatment. Most colleagues retained the RME from eight to twelve weeks, but statements ranged between no retention at all and half a year of retention. The present survey shows that a variety of hazards and side effects can appear during the treatment with RME. Technical hazards refer to complications with the appliance itself, such as loosening or breakage, screw defects and problems with activation. These complications are easy to handle and do not limit its usage. Some side effects, such as a diastema and a temporary bite opening are to be expected with RME and were not counted as complications. Other side effects like decubitae, severe gingivitis, extreme lateral tipping of teeth or alveolar process or altering of nose shape are rare phenomena and do not persist. Only caries and root resorptions are likely to irreversibly harm the teeth. According to literature the frequency of occurrence of these side effects is not of clinical relevance. We only know about one patient who suffered severe toothdamage through caries caused by an occlusally imperfectly fixed acrylic-splint appliance. A failure of suture opening, observed by 19% of the users, causes severe pain during the activation period and is likely to cause fenestrations as mentioned by one orthodontist in the present survey. The formerly described extraoral changes in nose width, nose bumps, slight swelling and mild heamatoma were mentioned by 18% orthodontists answering the survey. Nose bleeding was observed once and different facial asymmetries were seen twice. All of these extraoral side effects were temporary and could be explained by the scelettal effect of RME on nose and midface. Due to the number of data it was not possible to give a quantitatively precise estimation about complications from this study. However, our results show that when treating with RME, temporary extra oral changes might occur. During RME, tipping of anchor teeth was observed by 18% of the users. After retrospectively examining the cases of 23 patients, we found that the lateral tilting does not correspond with the length of treatment time or the amount of expansion. Only the patient’s age showed a minor correlation with the tipping of -2 to 17 degrees. Due to significant tilting of 10 degrees or more in a few cases we tried to find a practicable method to quantify this tipping more precisely. Three methods were compared. Qualifying tilted teeth by visual examination is an acceptable method for an experienced user. More precise results, ensuring a quantitative estimation, are only possible through directly measuring the axe changes of the tilting angles on a sectional view of the prepared casts. A third method allowing a conclusion from changes of transversal distances between anatomically defined points to a change of tilting angles is not recommended due to considerable inexactness of the measured angles. In spite of the recorded side effects the advantages of RME are obvious. Therefore, RME can be called a dependable and effective treatmentmethod. But before treating with RME, a well founded indication and comprehensive information of the patient should be assured.

Download full text files

Export metadata

Additional Services

Share in Twitter Search Google Scholar
Metadaten
Author:Iris Borel-ScherfGND
URN:urn:nbn:de:hebis:30-52949
Place of publication:Frankfurt am Main
Referee:Peter SchopfGND, Robert Alexander SaderORCiDGND
Advisor:Peter Schopf
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Date of Publication (online):2008/02/20
Year of first Publication:2007
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2008/01/11
Release Date:2008/02/20
GND Keyword:Zahnchirugie
Page Number:116
First Page:1
Last Page:106
HeBIS-PPN:195082273
Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
Licence (German):License LogoDeutsches Urheberrecht