Das "Charakteristische" ist das "Idealische" : über die Quellen einer umstrittenen Kategorie der italienischen und deutschen Ästhetik zwischen Aufklärung, Klassik und Romantik
- Vor genau zweihundert Jahren erschien in Schillers Zeitschrift "Die Horen" ein Aufsatz Über das Kunstschöne vom Kunsthistoriker, Archäologen und Fremdenführer in Rom Aloys Hirt, in dem dieser eine neue Kategorie in die ästhetische Diskussion der Zeit einführte, die nicht nur im Kreis der deutschen Klassik sondern darüber hinaus auch bei den Romantikern für einige Jahre Gegenstand einer lebhaften Auseinandersetzung werden sollte: Es handelt sich um die Kategorie des "Charakteristischen", welche jedoch nach der kurzen Konjunktur dieser Jahre nie zu einem zentralen und festen Begriff der Ästhetik geworden ist. Eine wichtige Ursache dafür mag vor allem in der Unbestimmtheit des "Charakter"-Begriffs gelegen haben, der sowohl die Eigentümlichkeit der Gattung als auch jene der Art oder sogar des Einzelwesens bezeichnen kann, so daß man unter "charakteristischer" Kunst sowohl die Darstellung der individuellen Erscheinung als auch ganz umgekehrt jene des allgemeinen, abstrakten Gattungsbegriffs verstehen konnte.