Phänomenologische Aspekte von Kindern und Jugendlichen mit einer Zwangskrankheit und Zwangssymptomen : eine Untersuchung der Inanspruchnahmepopulation der letzten zehn Jahre

  • Mit dieser Studie sollten phänomenologische Aspekte von Kindern und Jugendlichen mit einer Zwangskrankheit untersucht werden. Die Inanspruchnahmepopulation setzte sich aus den Kindern und Jugendlichen zusammen, die in den letzten zehn Jahren in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Universitätsklinikums Frankfurt/Main sowohl ambulant als auch stationär behandelt wurden. Ziel dieser retrospektiven Verlaufsstudie war insbesondere die Untersuchung der Phänomenologie der Zwangssymptomatik und deren Begleiterkrankungen, der sozialen Integration und der Therapie. Des weiteren sollte überprüft werden, ob es Prädiktoren für den Verlauf der Zwangsstörung gibt. 49 ehemalige Patienten, die in den zehn Jahren vor dem November 2000 an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Universitätsklinikums Frankfurt/Main aufgrund der Erstdiagnose Zwangskrankheit behandelt wurden, erfüllten die Einschlußkriterien. 29 Patienten, 21 männliche und acht weibliche, konnten dazu bewogen werden, an der Studie teilzunehmen. Bei Beginn der Zwangsstörung waren die Patienten der Stichprobe durchschnittlich 11,8 Jahre alt, bei Erstbehandlung 12,9 Jahre. Bei Katamnese betrug das mittlere Alter 19,7 Jahre, die Kinder und Jugendliche wurden durchschnittlich nach einem Katamnesezeitraum von 5,5 Jahren nachuntersucht. Zur Beschreibung der Stichprobe wurden die Krankenakten inklusive der für die vorliegende Arbeit relevanten Bestandteile der Basisdokumentation ausgewertet, es wurden telephonische Interviews geführt. Um eine Vergleichbarkeit mit anderen Studien zu ermöglichen, wurden standardisierte Untersuchungsverfahren und Diagnoseschemata bei der Untersuchung eingesetzt (Yale-Brown Obsessive- Compulsive Scale; Child Behavior Checklist, Hamburger Zwangsinventar). Entsprechend Ergebnissen anderer Verlaufsstudien war die Geschlechtsverteilung der Ausgangsstichprobe annähernd 2:1, bei der Stichprobe verschob sich die Verteilung noch mehr zugunsten der männlichen Patienten (2,6:1). Die meisten ehemaligen Patienten litten sowohl unter Zwangshandlungen als auch –gedanken. Bei der Vorstellung in unserer Kinder- und Jugendpsychiatrie wurden 93% der Patienten mit einer deutlichen oder stark ausgeprägten Problematik vom Untersucher eingeschätzt. Inhaltlich überwogen bei den Zwangsgedanken im Kindes- und Jugendalter suizidale Gedanken, Gedanken mit sexuellen Inhalten sowie solche, die sich auf Ansteckung bzw. Vergiftung beziehen. Bei den Zwangshandlungen hoben sich Wiederholungs-, Kontroll-, Wasch- und Ordnungszwänge in abnehmender Reihenfolge hervor. Bei den komorbiden psychischen Auffälligkeiten bei Aufnahme standen Angststörungen, Depressionen, Kontaktstörungen, aggressive Verhaltensweisen sowie Störungen von Antrieb, Aufmerksamkeit und Impulskontrolle im Vordergrund. Unsere Patienten waren intellektuell durchschnittlich begabt. Im schulischen Bereich waren aber bei über 40% Leistungsdefizite festzustellen. Die Familienverhältnisse erschienen geordnet. Die meisten Patienten gehörten mindestens der unteren Mittelschicht an. Im Vergleich der Teilnehmer mit den Nichtteilnehmern konnte kein signifikant relevanter Unterschied festgestellt werden. Bei näherer Betrachtung fanden sich jedoch Hinweise dafür, daß insgesamt womöglich die „schwierigeren Fälle“ die Teilnahme an der Studie verweigerten. Bei Katamnese litten noch 58,6% der nachuntersuchten Kinder und Jugendlichen unter einer Zwangssymptomatik in leichter bis extremer Ausprägung. Mehr als 27% der Patienten erfüllten zum Katamnesezeitpunkt noch die Kriterien nach ICD-10/DSM IV für eine Zwangserkrankung und wiesen eine chronische Verlaufsform auf. Bei zwei Patienten bestand der Verdacht auf einen Übergang in eine schizoide Psychose bei vorliegender Fluctin-Resistenz, ein dritter Patient litt gleichzeitig unter dem Asperger-Syndrom. Eine Remission war bei 10% der ehemaligen Patienten festzustellen, bei 45% lag die Zwangssymptomatik nur noch in subklinischer Ausprägung vor. Eine episodische Verlaufsform war bei 17% der Probanden zu beobachten. Chronische Verläufe, aber auch eine Remission, traten nur bei männlichen Patienten auf. Eine besondere Stabilität eines spezifischen Zwangssymptoms konnte nicht nachgewiesen werden. Aufgrund der individuellen Behandlung eines jeden Patienten mit eigenem Therapieschema, konnte ein Ziel dieser Untersuchung, nämlich ein einheitliches Behandlungsmuster zu erstellen, nicht erreicht werden. In dieser Untersuchung konnten einige Faktoren gefunden werden, die für den Heilungserfolg bzw. für den Verlauf eine prognostische Rolle spielten. Signifikante Prädiktionskraft hinsichtlich eines negativen Heilungserfolgs bzw. eines schlechten Verlaufs besaßen das Vorliegen komorbider Symptome, eine mit Zwangsstörung belastete Verwandtschaft, ein negativer Behandlungserfolg, der Zeitraum bis zur Erstbehandlung und psychische Auffälligkeiten bis zur Einschulung, tendenziell der Schweregrad der Zwangssymptomatik bei Vorstellung insbesondere die psychosoziale Anpassung/Bedingungen. Eine tendenziell bessere Prognose besaß insgesamt das weibliche Geschlecht. Bei der Nachuntersuchung wurde bei fast 83% der ehemaligen Patienten eine Klinische Störung diagnostiziert. Alle, die zu diesem Zeitpunkt die diagnostischen Kriterien der Zwangsstörung erfüllten, wiesen mindestens eine Klinische Störung auf, aber auch bei denjenigen, die bei Katamnese nicht unter einer Zwangsstörung litten, lag die Häufigkeit der Klinischen Störungen bei 75%. Bei Behandlungsbeginn wurde bei 93% der Patienten eine Klinische Störung festgestellt. Zum Nachuntersuchungszeitpunkt hoben sich Störungen von Antrieb, Aufmerksamkeit und Impulskontrolle hervor, gefolgt von Angststörungen, affektiven, insbesondere depressiven Störungen sowie Störungen der Interaktion. Motorische Tics kamen nur bei männlichen Patienten vor. Ein signifikanter Anstieg der Häufigkeit war bei Items, die die Aufmerksamkeit betrafen, zu verzeichnen und bei motorischen Tics. Wohl aufgrund der hohen Belastung der Stichprobe gestaltete sich die Ablösung vom Elternhaus problematisch. Nur 17% der ehemaligen Patienten wohnten außerhalb irgendwelcher Behütung in einer eigenen Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft. Nur 20% gaben an, eine feste Beziehung zu haben, verheiratet war nur eine ehemalige Patientin. Im schulisch-beruflichen Bereich dagegen waren eher geringgradige Beeinträchtigungen bei Katamnese festzustellen. In einer schulisch-beruflichen Ausbildung oder in einem geregelten Arbeitsverhältnis befanden sich 86%. Die Schule wegen der Zwangsstörung abbrechen mußten fünf der acht männlichen Patienten, die zum Katamnesezeitpunkt unter einer Zwangsstörung litten. 10% der ehemaligen Patienten besuchten weder die Schule noch standen sie in einem Arbeitsverhältnis. Insgesamt fiel die psychosoziale Anpassung bei denjenigen, die bei der Nachuntersuchung die Diagnosekriterien einer Zwangsstörung erfüllten, erwartungsgemäß deutlich schlechter aus als bei den ehemaligen Patienten, die keine aktuelle Zwangskrankheit aufwiesen.
  • With this study phenomenological aspects should be examined by children and adolescents with obsessive-compulsive disorder (OCD). The demand population consisted of the children and adolescents, who were treated in the last ten years in the hospital for psychiatry and psychotherapy for children and adolescents of the university clinic Frankfurt/Main both outpatient and in-patient. A goal of this retrospective follow-up study was in particular the investigation of the phenomenology of the obsessive-compulsive symptoms and its comorbidity, the social integration and the therapy. The moreover it should be examined whether there are predictors for the follow-up of the OCD. 49 former patients, who were treated in the ten years before November 2000 at the hospital for psychiatry and psychotherapy for children and adolescents of the university clinic Frankfurt/Main due to the first diagnosis OCD, would fulfill the inclusion criteria. 29 patients, 21 male and eight female, could induced to become to participate in the study. Mean age at oneset was 11.8 years, with first-time therapy 12.9 years. With follow-up the middle age amounted to 19.7 years, which became children and young people on the average after a follow-up period by 5.5 years. For the description of the sample the patient documents were evaluated including the components of the Basiddokumentation relevant for the available work, telephone interviews were led. In order to make a comparability possible with other studies, standardized investigation procedures and diagnostic patterns were used with the investigation (Yale Brown Obsessive Compulsive Scale; Child Behavior check list, Hamburg obsessive-compulsive inventory). According to results of other follow-up studies the sex distribution of the output sample was approximately 2:1, with the sample shifted the distribution still more in favor of the male patients (2,6: 1). Most former patients had both obsessions and compulsions. With the conception in our child and youth psychiatry 93% of the patients with a clear or strongly minted problem were estimated by the examiner. Contentwise outweighed with the obsessions in the age of children and adolescents suicidale thoughts, thoughts with sexual contents as well as such, which refer to infection and/or poisoning. With the compulsions emphasized themselves repetition, control, wash and order disorders in removing order. With the comorbid psychological disorders with admission were the centre of attention fear disturbances, depressions, contact disorders, aggressive behaviors as well as disturbances of motivation, attention and impulse control. Our patients were intellectually on the average talented. In the school range were to be determined however with over 40% achievement deficits. Family conditions appeared arranged. Most patients belonged at least to the lower central layer. In the comparison of the participants with the non-participants no significantly relevant difference could be determined. On closer inspection were however references for the fact that altogether possibly “the more difficult cases” refused the participation in the study. With followup still 58.6% of the after-examined children and adolescents suffered from easier to extreme obsessive-compulsive symptoms. More than 27% of the patients would fulfill the criteria to the Katamnesezeitpunkt still after ICD-10/DSM IV for an obligation illness and exhibited a chronic process form. With two patients the suspicion on a transition to a schizoide psychosis existed with available Fluctin resistance, a third patient suffered at the same time under the Asperger syndrome. A remission was to be determined with 10% of the former patients, with 45% was only present obsessive-compulsive symptoms in subclinical form. An episodic form was to be observed with 17% of the probands. Chronic forms, in addition, a remission, arose only with male patients. A special stability of a specific obsessive-compulsive symptom could not be proven. Due to the individual treatment of each patient with own therapy pattern, an aim of this investigation could of providing i.e. a uniform treatment sample not to be reached. In this investigation some factors could be found, which played a prognostic role for healing success and/or for the follow-up. Significant predictability regarding a negative healing success and/or a bad follow-up possessed a being present of comorbid symptoms, relations with OCD, a negative treatment success, the period up to the first-time treatment and mental disturbance up to the first day at school, tendentious the severity level of the obsessivecompulsive symptoms when the patients were introduced for the first time in particular the psychosocial adjustment/conditions. A tendentious better prognosis possessed altogether the female sex. During the re-examination with nearly 83% of the former patients a clinical disturbance was diagnosed. All, which would fulfill at this time the diagnostic criteria of OCD, exhibited at least a clinical disturbance, in addition, with those, which did not suffer with follow-up from an OCD, the frequency of the clinical disturbances was with 75%. With beginning of treatment with 93% of the patients a clinical disturbance was determined. At follow-up disturbances of motivation, attention and impulse control were accented, followed from fear disturbances, affective, in particular depressive disturbances as well as disturbances of interaction. Motor tics occurred only with male patients. A significant rise of the frequency was to be registered with items, which concerned the attention, and with motor tics. Probably due to the high load of the sample the separation of the parents' house turned out problematic. Only 17% of the former patients lived outside of any protecting in their own dwelling or in a group house. Only 20% indicated to have a firm relationship married was only a former female patient. In the school-vocational range against it rather low-grade impairments were to be determined with follow-up. In school-vocational training or in a regulated employer-employee relationship were 86%. An early school leaving because of OCD had five of the eight male patients, who suffered from OCD at follow-up. 10% of the former patients visited neither the school nor were they employed. Altogether, as expected the psychosocial adjustment precipitates with those, which would fulfill the diagnostic criteria of OCD at follow-up clearly more badly than with the former patients, who did not exhibit a current form of OCD.

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Metadaten
Author:Jochen Adam Grebner
URN:urn:nbn:de:hebis:30-63444
Referee:Fritz PoustkaGND, Barbara Schneider
Advisor:Fritz Poustka, Sven Bölte
Document Type:Doctoral Thesis
Language:German
Year of Completion:2007
Year of first Publication:2007
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2008/12/12
Release Date:2009/04/30
Page Number:184
Note:
Diese Dissertation steht außerhalb der Universitätsbibliothek leider (aus urheberrechtlichen Gründen) nicht im Volltext zur Verfügung. Die CD-ROM kann (auch über Fernleihe) bei der UB Frankfurt am Main ausgeliehen werden.
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Institutes:Medizin / Medizin
Dewey Decimal Classification:6 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften / 61 Medizin und Gesundheit / 610 Medizin und Gesundheit
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