Die Frau im 3. Reich : eine Analyse des vorherrschenden Frauenbildes in Bezug auf ihre Position und Aufgaben innerhalb der rassischen Arbeits- und Sozialgemeinschaft, unter wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Gesichtspunkten – sowie: Eine Gegenüberstellung dieses Bildes mit der Person Leni Riefenstahls

  • Am Ende dieser Arbeit ist zum Leitthema Die Frau im Dritten Reich eigentlich, betrachtet man die Vergleiche und Zusammenfassungen in den Kapiteln 4 und 6, nicht mehr allzu viel hinzuzufügen. In dem hier gesteckten Zeitrahmen, von dem Kriegsende 1918 über den Beginn und Verlauf der Weimarer Republik bis hin zum Übergang der Republik in das Dritte Reich und dem Ende des Letztgenannten, haben sich die Lebensbedingungen, sowie die Berufs- und Aufstiegschancen der Frauen auf deutschem Boden prinzipiell nicht oder nur minimal verändert. Einen Bruch oder gar Diskontinuitäten lassen sich dabei nicht ausmachen. Vielmehr gab es eine Kontinuität der Unterdrückung und Bevormundung der weiblichen deutschen Bevölkerungsmitglieder, und zwar durchgehend von der Republik bis in den Nationalsozialismus. Aufbauend auf der, in der Weimarer Phase geschaffenen, Gesetzeslage war es für die nationalsozialistisch-anti-semitisch-rassistische und anti-feministische Gefolgschaft Hitlers ein Leichtes, sich das Potential der weiblichen Arbeitskraft, gemäß Bedarfslage, nutzbar zu machen. Das geschlechterspezifische Denken (männliche Dominanz im Vergleich zu weiblicher Unterordnung) änderte sich unter diesen Rahmenbedingungen, wenn überhaupt, nur marginal (beziehungsweise kann hier eher von einer Fortschreibung und Verfestigung der daraus resultierenden Hierarchie zwischen den Geschlechtern bis in die frühen 60er Jahre gesprochen werden). Der Weg des Karrieristen, der die berufliche Leiter kontinuierlich und zielgerichtet empor klettert, war nach wie vor exklusiv den männlichen Arbeitnehmern vorbehalten. Die Frauen, meist Angestellte, konnten höchstens im Wohlfahrtswesen eine bescheidene Karriere machen oder ihren gesellschaftlichen Status durch die Ehe-schließung mit einem gesellschaftlich und sozial höher gestellten Partner „upgraden“ (sozialer Aufstieg in die nächsthöhere „Klasse“). Unter Bezugnahme dessen auf die Arbeiterinnen und Hausgehilfinnen kam dies überhaupt nicht in Frage, dass heißt, dass deren Situation in einer Stasis hängen geblieben war und daher praktisch keinerlei Veränderungen aufwies. Ein kleiner Ausbruchs- oder Wiederbelebungsversuch wurde hierbei durch die beginnende Gewerkschaftsbewegung in der Weimarer Republik ermöglicht, was jedoch nach der Machtübernahme Hitlers, speziell aber nach dem Erlass des Ermächtigungsgesetzes, wiederrum zum Erliegen kam. Die Frauenbewegungen (Bund Deutscher Mädel, Winterhilfswerk etc.) wurden danach staatlich „organisiert“ (zwangsverstaatlicht) und dem System nahtlos unter- beziehungsweise beigeordnet. Dies ging natürlich mit dem Verlust eines jedweden Selbstbestimmungsrechts einher. Das Bild der Frau oder die Sicht auf dieselben ver-engte sich unter den Nationalsozialisten insofern, dass sie versuchten, die Existenz-berechtigung der Frauen auf Familie, Mutterschaft und Fortpflanzung (selbstver-ständlich orientiert an dem rassischen Merkmalskatalog) zu reduzieren. Im Grunde also, so bewerte ich es, nicht mehr als ein pervertiertes Zentrierungsunterfangen des Regimes. Ein Ausnahmekapitel stellte vor diesem Hintergrund eine verschwindend geringe Minderheit von Frauen dar, als deren Exponat ich die Person Leni Riefenstahl ausgewählt habe. Der Vergleich mit den oben erwähnten Angestellten, Fabrik-arbeiterinnen und Hausgehilfinnen muss daher zwangsläufig (da Ausnahme) scheitern, was bedeutet, dass er – angesichts der Tatsache, dass weder bei den finanziellen noch bei den bildungsmäßigen Hintergründen der gleiche Maßstab zugrundelegbar ist, noch nicht mal im Entferntesten – nicht vollzogen werden kann. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem Personenkreis um Riefenstahl um einen winzigen Bruchteil der Gesamtmasse der weiblichen Bevölkerungsmitglieder, die sich praktisch in einem Zwischenstadium (oder Limbo) befanden. Veranschaulicht dargestellt, lässt sich dies so zusammenfassen: Männliche Rolle – Riefenstahl’scher Typus – Weibliche Rolle. Das Statement zur Lage der Frauen im frühen 20. Jahrhundert muss deshalb, wie folgt, lauten: Zur Weimarer Republik und dem nationalsozialistische Regiment, über die Jahre hinweg zusammen betrachtet, kann man, so meine ich, sagen, dass die Situation des weiblichen Geschlechts, sowohl im familiären Bereich als auch im Arbeitsleben, sich nicht gravierend geändert hat. Sie blieben, wie bereits weiter oben angeführt, was sie schon seit langer Zeit (Beginn der Industrialisierung) waren: biologische „Brutmaschinen“, die mikrokosmisch gesehen benötigt wurden für den Erhalt der Keimzelle Familie und makrokosmisch für das Fortbestehen des Volkskörpers, und darüber hinaus, in bestimmten wirtschaftlichen Extremsituationen (Krieg etc.) benutzte und missbrauchte, Lückenbüßer und Bedarfseinheiten für die Magnaten in der harten Arbeitswelt. Alles Handeln, war es nun politisch, wirtschaftlich, oder sozial motiviert, folgte dem Zwang des, über der gesamten Szenerie schwebenden, Bedürfnisses der Widerherstellung, beziehungsweise der Rückkehr zur alten, männlichen Ordnung der Welt und der auf ihr existierenden Gesellschaften. Weder Weimar noch das Reich konnten oder wollten sich dem entziehen.

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Metadaten
Author:Yvonne Eliane Meitz
URN:urn:nbn:de:hebis:30:3-242083
Referee:Werner PlumpeGND, Andreas FahrmeirGND
Document Type:magisterthesis
Language:German
Date of Publication (online):2012/01/18
Year of first Publication:2011
Publishing Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Granting Institution:Johann Wolfgang Goethe-Universität
Date of final exam:2011/07/19
Release Date:2012/01/18
Page Number:109
HeBIS-PPN:287559491
Institutes:Philosophie und Geschichtswissenschaften / Geschichtswissenschaften
Dewey Decimal Classification:9 Geschichte und Geografie / 94 Geschichte Europas / 943 Geschichte Mitteleuropas; Deutschlands
Sammlungen:Universitätspublikationen
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